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# taz.de -- Die Wahrheit: Wacken im Wandel
> Auch in diesem Jahr findet wieder das bereits 1148 erstmals erwähnte
> Metallfest „W:O:A“ statt. Die Gemeinde trägt mittelalterlich Schwarz.
Bild: Mit der Pommesgabel über eine Menge Metaller surfen: Dat is Wacken, wa!
Jedes Jahr am ersten Augustwochenende wird im Kreis Steinburg die nach Kiel
und Lübeck mit 100.000 Einwohnern drittgrößte Stadt Schleswig-Holsteins aus
dem Boden gestampft: Das „W:O:A“, das Wacken Open Air. Bei dieser
Ansiedlung handelt es sich um eine temporäre Erscheinung. Die Gemeinde –
Fans, Mitwirkende, Helfer – trägt ausnahmslos mittelalterliches Schwarz.
Wacken wurde bereits im Jahre 1148 erstmals urkundlich erwähnt, mutmaßlich
wegen eines Konzerts von Ozzy Osbourne.
Ein musikalischer Höhepunkt der sogenannten Running Order dürfte diesmal
das Abschiedskonzert von Slayer sein. Der Band wird im Anschluss vom
schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther feierlich der
kollektive Rentenbescheid überreicht. Einzelne Bandmitglieder wirken schon
vor dem letzten Konzert recht aufgelöst.
Für die Altmetaller von Ufo und Uriah Heep hat man barrierefreie
Bühnenzugänge gebaut. Der Auftritt von Sabaton aus Schweden gilt als
weiteres sabberndes Highlight. Übrigens, um damit gleich die Gretchenfrage
zu beantworten, reisen alle skandinavischen Bands mit dem Zug an. Insgesamt
kommen zehn Sattelzüge mit Tontechnik zum Einsatz – Züge wohlgemerkt und
keine Lkws. Wacken reagiert somit auf die Erfordernisse unserer Zeit, was
die Zahl der Anmeldungen für E-Harleys untermauert.
## Entcraftet auf dem Campingplatz
Auch um gefährdete Arten bemüht man sich: Die Hauptbühne ist am
Samstagabend einem Powerwolf vorbehalten, mit einheimischen Schafzüchtern
hat man sich im Vorfeld geeinigt, das Verhältnis zur Landbevölkerung ist
traditionell gut.
Nachhaltigkeit ist das Stichwort: Biologisch abbaubares Craft-Bier rauscht
durch die Pipelines, damit die althergebrachten Bierflatulenzen nicht die
Ozonschicht beschädigen, trotzdem liegen am nächsten Morgen wie gewohnt
alle entcraftet auf dem Campingplatz.
Stichwort Klimaschutz: Heino wurde in diesem Jahr nicht eingeladen, was der
Reinhaltung der Luft dienen soll. Für ein besseres Klima sorgt auch das
Fehlen der Böhsen Onkelz. Erstmals gibt es Workshops für Mitwirkende:
„Intervallfasten (Vier Tage ohne Intervalle)“ oder „Wie man
Rechtschreibfehler beim Autogrammgeben vermeidet.“ Die Stilrichtung Death
Metal ist für viele gestorben, jetzt macht Sustainable Metal die Runde.
Sogar gegen die Lautstärke werden Mittel angeboten: Freiwillige der Gruppe
Oropax Christi verteilen Ohrstöpsel aus Bienenwachs.
## Engagierte Mithilfe der IG Heavy Metal
Oberste Priorität hat selbstverständlich die Entsorgung der verschiedenen
Schwermetalle: Hier helfen kleine Eimerchen, die man unter die Bühne
platziert. Ohne die engagierte Mithilfe der IG Heavy Metal wäre das
allerdings nicht zu stemmen. Viele Besucher nehmen ihr Schwermetall
inzwischen selbst wieder mit nach Hause und bekommen dafür im nächsten Jahr
einen Rabatt. Die Musik selbst wird ja schon von Anbeginn an recycelt.
Größter Gegner für das Open-Air-Spektakel ist in jedem Jahr das Wetter, und
damit ist nicht etwa Regen gemeint, denn der ermöglicht den Besuchern die
beliebten Schlammschlachten, untermalt von Schlamm Poetry. Eher die Sonne
macht den wackeren Wackenern zu schaffen, denn nicht alle Metaller haben
von Haus aus einen Schatten. Hier rächt sich die Nähe zur Stadt Hitzehoe.
Nicht zu unterschätzen ist allerdings der Propellereffekt wallender Mähnen.
Das Headbanging sorgt für eine regelmäßige Luftzirkulation, frei nach dem
Motto: „Zeit, die Perücken einzupacken – auf nach Wacken!“
Für alle, die im Jahr 2019 nicht dabei sein können: Das „W:O:A 2019“ gibt
es ab dem 15. August als Tweet, als App, als Hörbuch auf CD, als DVD, als
Video, als Podcast, als MP3, als Fax, als Blog, als WhatsApp, als MMS und
– das wird vor allem manche weiblichen Fans interessieren – als Hausbesuch.
Aber nur mit „Pommesgabel“ und dem unvermeidlichen Dauerschrei aller
Metaller seit dem Mittelalter: „Waaaaaaaaacken!!!!!“
30 Jul 2019
## AUTOREN
Thomas C. Breuer
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