# taz.de -- Gegen Räumungen: Demo in Kreuzberg und Neukölln | |
> Nach den Besetzungen und Räumungen an Pfingsten protestierten am Freitag | |
> 500 Demonstrantinnen und Demonstranten gegen die Berliner Linie. | |
Bild: Auch die Bornsdorfer Straße in Neukölln wurde an Pfingsten besetzt und … | |
„Besetzungen sind kein Verbrechen“, hallte es am Freitagabend durch die | |
Straßen Berlins. In Solidarität mit der Gruppe #besetzen, die am | |
Pfingstwochenende zehn leerstehende Objekte in Berlin und Potsdam besetzt | |
hatte, war nun zu einer Demonstration durch Kreuzberg und Neukölln | |
aufgerufen worden. Anlass dafür waren vor allem die Forderungen nach | |
Straffreiheit für alle Besetzer*innen, die Entkriminalisierung von | |
Besetzungen und die Abschaffung der Berliner Linie, die vorschreibt, | |
Besetzungen in Berlin innerhalb von 24 Stunden zu räumen. | |
Am Freitag um 18 Uhr versammelten sich etwa 500 | |
Demonstrationsteilnehmer*innen am Lausitzer Platz in Kreuzberg, um von dort | |
aus bis zum Karl-Marx-Platz in Neukölln zu ziehen. Die Route führte die | |
Demonstration zunächst vorbei an der Reichenberger Straße 114, die am | |
vergangenen Sonntag besetzt und geräumt worden war. Weiter ging es mit | |
verschiedenen Redebeiträgen und Musik am geplanten Google-Campus im alten | |
Umspannwerk Kreuzberg und den im letzten Juni geräumten Kiezladen Friedel | |
54 vorbei und verband damit zentrale Orte des aktuellen Mietenprotestes in | |
Berlin. | |
In der Nähe der Neuköllner Zentrale der Stadt und Land Wohnbauten GmbH | |
hielten die Demonstrierenden eine Zwischenkundgebung ab. Das Gebäude in der | |
Bornsdorfer Straße 37b, in dem die Besetzer*innen am Pfingstsonntag 40 | |
leerstehende Wohnungen in Beschlag genmommen hatten und das der Stadt und | |
Land als kommunalen Wohnungsbauunternehmen gehört, war am späten | |
Sonntagabend trotz voriger Verhandlungen zwischen Besetzer*innen, | |
anwesenden Politiker*innen und Stadt-und-Land-Chef Ingo Malter von einer | |
Polizeieinheit geräumt worden. | |
In der Konsequenz erhielten 56 Personen Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs, | |
einige auch wegen Widerstandes. In einer Pressemitteilung äußert sich | |
#besetzen-Pressesprecherin Kim Schmitz zum Ende der Verhandlungen: „Vom | |
Geschäftsführer von Stadt und Land wurden uns 30 Minuten Rücksprachezeit | |
zugesichert. Diese war weder abgelaufen, noch waren die Besetzer*innen – | |
wie kolportiert – nicht zu erreichen, sondern vielmehr dabei, sich das | |
rückgetragene Angebot […] anzuhören“. | |
Nun fordern die Besetzer*innen und Mitdemonstrierende die sofortige | |
Rücknahme der Strafanzeigen durch Stadt und Land. Deren Geschäftsführer | |
Malter hatte jedoch bereits in der letzten Woche bekanntgegeben, dass dies | |
nicht geschehen würde. Gleichzeitig fordern die Aktivist*innen ein Ende der | |
Berliner Linie, die sie „eine politische Vereinbarung aus grauen Vorzeiten“ | |
nennen. „Wir können nicht akzeptieren, dass sich alle Verantwortlichen | |
hinter dieser Leitlinie verstecken, als sei sie ein unwiderrufliches | |
Gesetz, sondern wir fordern konkret die Verabschiedung von dieser Praxis“, | |
heißt es in einer Pressemitteilung. Besetzungen müssten generell | |
entkriminalisiert werden. Die Debatte um Legitimation von | |
Leerstandsbesetzungen hatte auch den Berliner rot-rot-grünen Senat in der | |
letzten Woche beschäftigt. | |
Nachdem der Zug von Demonstrierenden noch die ehemalig besetzten Objekte in | |
der Karl-Marx- Straße 145 und der Bornsdorfer Straße 37b passiert hatte, | |
wurde die Demonstration um ca. 20:30 Uhr am Karl-Marx-Platz für beendet | |
erklärt. Lisa Sommer, #besetzen-Aktivistin und Sprecherin zieht Bilanz: | |
„Die Demonstration hat uns sehr empowert, es waren heute Abend viele | |
hundert Leute mit uns hier. Auch die Anwohner*innen haben uns ihre | |
Solidarität bekundet. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass wir weitermachen. | |
Die Polizei war zwar sehr präsent, Probleme gab es jedoch bis auf einige | |
Taschenkontrollen nicht“. Auch ein Sprecher der Polizei bestätigte | |
gegenüber taz am Samstag, die Demonstration sei „störungsfrei“ verlaufen. | |
Laut den Besetzer*innen endet ihre Aktion mit der Demonstration jedoch | |
nicht: „Es gibt immer noch Leerstand, immer noch zu wenig Wohnraum für Alle | |
und zu wenig unkommerzielle und selbstverwaltete Räume. So lange das so | |
ist, […] müssen Investoren und Regierende mit uns rechnen.“ | |
27 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Susanne Brust | |
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