# taz.de -- Angriffe in Mosambik: Afrikas neuester Dschihad | |
> Im Norden Mosambiks grassiert ein Aufstand radikaler Islamisten mit | |
> Verbindungen bis nach Somalia. Die Region ist rohstoffreich und | |
> bitterarm. | |
Bild: Große Kluft zwischen Arm und Reich: Blick auf Mosambiks Hauptstadt Maputo | |
BERLIN taz | Zehn Tote, darunter mehrere Kinder sowie der Dorfchef, und | |
allen wurden die Köpfe abgeschlagen: Dies ist nach offiziellen Angaben die | |
Bilanz des bisher blutigsten Angriffs bewaffneter Islamisten in Mosambik. | |
Der Angriff im Morgengrauen am vergangenen Sonntag galt dem Dorf Monjane im | |
äußersten Norden des Landes. | |
Mosambik wird gemeinhin nicht mit Dschihadisten in Verbindung gebracht, | |
sondern eher mit der jahrzehntelangen Konfrontation zwischen der | |
regierenden ehemals sozialistischen Befreiungsbewegung Frelimo | |
(Mosambikanische Befreiungsfront) und der ehemaligen Anti-Frelimo-Guerilla | |
Renamo (Mosambikanischer Nationaler Widerstand). | |
Erst Anfang Mai starb der historische Renamo-Führer Afonso Dhlakama, kurz | |
nach einer Einigung mit der Regierung auf eine Verfassungsreform, die unter | |
anderem vorsieht, dass Provinzgouverneure von der jeweils regierenden | |
Partei und nicht mehr von der Zentralregierung bestimmt werden – ein | |
wichtiger Schritt zur Dezentralisierung des riesigen Landes. | |
Besonders wichtig ist die Dezentralisierung für den bitterarmen Norden | |
1.600 Kilometer von der Hauptstadt Maputo entfernt, wo jetzt der Islamismus | |
Fuß fasst. Am 5. Oktober 2017 besetzte erstmals eine radikale Gruppe namens | |
„Shabab“ (Jugend) zwei Tage lang die Stadt Mocímboa in der Provinz Cabo | |
Delgado und verwickelte die Polizei in heftige Kämpfe mit 17 Toten. | |
Seitdem sind nach amtlichen Angaben über 300 mutmaßliche Aufständische | |
verhaftet und zahlreiche Moscheen geschlossen worden. | |
Mosambiks Norden ist mehrheitlich muslimisch. Vor der Kolonisierung gehörte | |
er zum arabischen Händlerreich Sansibar, das Ostafrika über den Indischen | |
Ozean mit Oman auf der Arabischen Halbinsel verband. Sansibar gehört heute | |
zu Tansania, aber die gesellschaftlichen Verbindungen entlang der Küste des | |
Indischen Ozeans sind eng geblieben. | |
So reicht auch der Einfluss radikaler kenianischer und somalischer | |
Prediger, die aus Sudan oder Saudi-Arabien einen in Ostafrika früher nicht | |
heimischen radikalen Islamismus mitgebracht haben, bis nach Tansania, die | |
Komoren und eben auch Mosambik. Nach lokalen Berichten sind radikale | |
Islamisten seit 2014 im Norden Mosambiks aktiv. | |
## Ausgebildet in Somalia und Kenia | |
Einer Studie zufolge bilden in Somalia und Kenia ausgebildete Mosambikaner | |
den Kern der neuen Shabab-Miliz, die sich nach ihrem somalischen | |
Shabaab-Vorbild benannt hat, aber eigenständig ist. Sie soll von einem aus | |
Somalia zurückgekehrten lokalen Prediger sowie einem eingereisten Gambier | |
geführt werden. | |
In Mocímboa betrieben die Shabab zwei Moscheen – von dort aus traten sie | |
vergangenes Jahr in den bewaffneten Aufstand. | |
Es gibt viele Gründe für Unzufriedenheit im Norden Mosambiks. Vor der Küste | |
der Provinz Cabo Delgado liegen fantastische Erdgasreserven, mit denen | |
Mosambik ab 2022 zum drittgrößten Gasproduzenten der Welt aufsteigen will – | |
aber den Aufbau der nötigen Infrastruktur leisten hauptsächlich | |
ausländische Arbeiter, die lokale Bevölkerung geht leer aus. | |
Gleiches gilt für die 2009 entdeckten Rubinvorkommen, nach manchen | |
Schätzungen die größten der Welt – sie werden von Frelimo-Größen in | |
Kooperation mit dem britischen Unternehmen Gemfields ausgebeutet. In London | |
ist eine Klage gegen Gemfields wegen Vertreibung der ortsansässigen | |
Bevölkerung anhängig. | |
Die radikale Moschee von Mo-címbao ist heute dem Erdboden gleichgemacht, | |
133 Häftlinge warten auf ihren Prozess. Aber offensichtlich ist der | |
islamistische Untergrund noch nicht bezwungen. | |
Den amtlichen Angaben zufolge erlitt Monjane jetzt blutige Rache dafür, | |
dass der Dorfchef der Polizei die Verstecke von Islamisten verriet. | |
30 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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