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# taz.de -- Vor der Parlamentswahl in Malaysia: Ein Clown gegen den Rest
> Am Mittwoch wird in Malaysia gewählt. Premier Najib Razak ist
> diskreditiert. Die Wut auf ihn sorgt für ungewöhnliche Allianzen.
Bild: Der Künstler Fahmi Reza und sein „Clown“-Aufkleber, der auf den korr…
Kuala Lumpur taz | Für den Künstler Fahmi Reza ist der malaysische
Premierminister Najib Razak ein Clown. Milliarden Dollar sind aus dem
Staatsfonds 1MDB verschwunden, doch 700 Millionen davon tauchten auf Najibs
Privatkonto auf. In fünf Ländern ermittelt die Justiz, in Malaysia aber
stellte der Generalstaatsanwalt dem Premier- und Finanzminister Najib einen
Persilschein aus.
„Ich war fassungslos“, erzählt Fahmi beim Kaffee am Hauptbahnhof von Kuala
Lumpur. „Das ist ein Zirkus und eine Rechtfertigung der Korruption.“ Fahmi
malte Najib auf einem Foto ein Clownsgesicht und stellte es online. Darauf
wurde er verhaftet, angeklagt und zu einem Monat Gefängnis und umgerechnet
6.400 Euro Geldstrafe verurteilt. „Mein Clown wurde erst durch die
Überreaktion der Regierung so richtig populär“, schmunzelt der 41 Jahre
alte Malaie mit den langen Haaren und der Baskenmütze.
Zum Aktionspreis ist jetzt vor der Parlamentswahl am Mittwoch auch das
lustige Spiel „Kleptopoly“ einer Antikorruptionsorganisation zu haben. Das
Spiel ist jedoch wie die T-Shirts, Schulhefte und Aufkleber mit Fahmis
Clown nur im Internet zu haben. Kein Laden würde sich trauen, die
Politsatire ins Sortiment zu nehmen
Im multiethnischen Malaysia genießen die muslimischen Malaien politische
und wirtschaftliche Privilegien gegenüber den chinesisch- und
indischstämmigen Minderheiten. Zwar regiert die Umno als Partei der Malaien
zusammen mit kleinen ethnischen Parteien in einer Regierungskoalition. Aber
alle wichtigen Posten in Regierung, Verwaltung, Justiz, Polizei und Armee
sind mit Umno-Leuten besetzt.
## Die Regierungspartei setzt auf die Spaltung der Gesellschaft
Mit der Spaltung der Gesellschaft in Muslime und Nichtmuslime hofft die
Umno ihre konservative malaiisch-muslimische Wählerbasis bei der Stange zu
halten. „In meiner Jugend waren Essenseinladungen bei chinesischen oder
indischen Freunden normal“, erzählt Fahmi. „Doch heute halten manche
malaiische Eltern ihre Kinder davon ab, bei ihren nichtmalaiischen Freunden
zu essen.“
Die multiethnische Oppositionskoalition Pakatan Harapan (Allianz der
Hoffnung) geht jetzt mit dem inzwischen 92-jährigen Ex-Umno-Chef und
Ex-Premier Mahathir Mohamad ins Rennen – gemeinsam mit seinem ehemaligen
Vizepremier, dem 70-jährigen Anwar Ibrahim und dessen
Volksgerechtigkeitspartei.
Anwar wurde 1998 wegen Differenzen von Mahathir als Vizepremier gefeuert
und wegen angeblicher Homosexualität ins Gefängnis gesteckt. Bei seiner
Verhaftung verpasste der damalige Polizeichef Anwar ein blaues Auge. Das
wurde zum Symbol für die Arroganz der Macht – und ist jetzt das Logo des
gemeinsamen Wahlkampfes.
Heute eint Mahathir und seinen Ex-Protegé der gemeinsame Feind Najib, den
Mahathir wegen des 1MDB-Skandals nur noch den „Dieb“ nennt. Im Falle eines
Wahlsiegs soll der greise Mahathir als Übergangspremier solange regieren,
bis der zum zweiten Mal in einem politischen Prozess wegen angeblicher
Homosexualität zu einer Gefängnisstrafe verurteilte Anwar vom König
begnadigt wird und Premier werden kann.
In seinen zwanzig Jahren als Regierungschef hatte Mahathir autoritär und
mit harter Hand die Dominanz der Malaien verteidigt. Heute gilt er als
ethnienübergreifender demokratischer Hoffnungsträger. „Man kann Mahathir
durchaus kritisch sehen“, sagt der chinesischstämmige Daniel Choong. „Aber
er hat Malaysia entwickelt und wir waren stolz, Malaysier zu sein.“ Dann
fügt der 54-jährige IT-Experte aus Kuala Lumpur traurig hinzu: „Heute
schämen wir uns wegen Najib.“
Der 1MDB-Skandal hat Malaysia großen finanziellen Schaden zugefügt, für den
das Volk laut Opposition mit der neuen Mehrwertsteuer und mit steigenden
Preisen zahlen muss. Zwar gibt es auch Investitions- und Finanzhilfen in
Milliardenhöhe aus China. Doch sehen viele darin einen Ausverkauf an die
Volksrepublik.
8 May 2018
## AUTOREN
Michael Lenz
## TAGS
Malaysia
Najib Razak
Homosexualität
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