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# taz.de -- UN-Blauhelmmission auf den Golanhöhen: Die heftigste Phase des Kri…
> Das österreichische Magazin „Falter“ will Fehlverhalten von UN-Soldaten
> in Syrien aufgedeckt haben. Dabei stand das schon 2012 im UN-Bericht.
Bild: Eine der wohl undankbarsten Missionen der UNO ist auf den Golanhöhen
Es ist eine bizarre Videocollage, die das österreichische Magazin Falter
veröffentlicht hat. Die Bilder, garniert mit Aufnahmen des
Falter-Chefredakteurs Florian Klenk, sollen vom österreichischen
UN-Kontingent auf den israelisch besetzten syrischen Golanhöhen stammen und
am 29. September 2012 aufgenommen worden sein.
Zu sehen ist, wie Männer in der Wüste einen Hinterhalt aufbauen; sie werden
im Video als „syrische Schmuggler“ beschrieben. Andere Sequenzen zeigen
einen weißen Wagen mit „syrischen Geheimpolizisten“. In mehreren Sequenzen
aus unterschiedlichen Perspektiven fährt er durch die Wüste, bis seine
Insassen herausfallen. Klenks Darstellung zufolge – zu sehen ist das nicht
– werden sie aus dem Hinterhalt erschossen.
„Österreichische UN-Soldaten winkten syrische Polizisten in einen
Hinterhalt von Schmugglern und filmten deren Ermordung“ fasst der Falter
den Videofilm zusammen, den er von einem „unbekannten Whistleblower“
erhalten haben und selbst editiert haben will. „Hätten die Österreicher
diesen neunfachen Mord, dieses Massaker am Golan verhindern müssen?“ fragt
Klenk. „Oder haben sie zuschauen müssen, aufgrund eines höheren Befehls der
UNO?“
Österreichs Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) gab nach
Bekanntwerden des Videos die Einsetzung einer Untersuchungskommission
bekannt. „Als erster Schritt werden alle Meldungen, Befehle, Gesetze und
Vorschriften, die für die Klärung relevant sein könnten, gesammelt,
gesichtet und ausgewertet“, wird Ministeriumssprecher Michael Bauer in der
Zeitung Die Presse zitiert. „Die UN werden von uns zur Mitarbeit
eingeladen.“
Das Video wirft einen Fokus auf eine der derzeit wohl undankbarsten
Blauhelmmissionen der UNO weltweit. Seit 1974 überwacht die United Nations
Disengagement Observer Force (UNDOF) mit rund 1.000 Militärangehörigen die
Waffenstillstandslinie und eine 235 Quadratkilometer große Pufferzone
zwischen dem israelisch besetzten Teil der Golanhöhen und dem restlichen
syrischen Staatsgebiet. Die UN-Blauhelme haben ein reines Beobachtermandat
Österreich war bis zum Abzug seines Kontingents 2013 der älteste und oft
der größte UNDOF-Truppensteller.
## „Wer übrig bleibt, schießt uns ab“
Die Mission ist durch den Bürgerkrieg in Syrien faktisch lahmgelegt. Der
Zeitraum um den [1][von Falter veröffentlichten Vorfall] war der einer
scharfen Eskalation im Krieg. Unabhängige Quellen meldeten im September
2012 jeden Tag eine dreistellige Zahl ziviler Opfer durch die Bombardierung
von Rebellengebieten in Syrien durch die Regierung, vor allem um Damaskus
und in Aleppo. Am 27. September erklärte Syriens Militärführung den
Rebellen in SMS-Botschaften: „Game Over“. Die Rebellen der Freien Syrischen
Armee (FSA) riefen am Tag darauf die „Entscheidungsschlacht“ in Aleppo aus.
Es war die bisher heftigste Phase des Krieges.
An den Golanhöhen ging das nicht spurlos vorüber. Der halbjährliche Bericht
des UN-Generalsekretärs zu UNDOF vom 30. November 2012 meldete mehrere
Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen in der UN-überwachten
demilitarisierten Zone in den Vormonaten; am 25. und 26. September enterten
demnach 1.760 syrische Soldaten das Gebiet. Mehrfach bedrohten syrische
Soldaten mit vorgehaltener Waffe UN-Blauhelme, am 25. September sogar den
frisch berufenen indischen UNDOF-Kommandeur.
Das ist der Hintergrund der im Falter-Video vier Tage später zu hörenden
Befürchtung eines österreichischen Soldaten, bezogen auf die syrischen
Soldaten: „Wenn da einer übrigbleibt, kommt er und schießt uns ab.“ [2][D…
UN-Bericht enthält auch den Vorfall], den Falter aufgedeckt zu haben meint.
„Am 29. September sah UNDOF wie neun Angehörige der syrischen
Sicherheitskräfte von dreizehn bewaffneten Angehörigen der Opposition in
einem Hinterhalt in der entmilitarisierten Zone getötet worden, in der Nähe
der UN-Position Hermon-Süd“, so der Bericht.
UNDOF musste seinen Rückzug aus den Golanhöhen im Jahr 2013 einleiten.
Österreich zog sein Kontingent im Juni ab, als Rebellen den Grenzposten
Kuneitra eroberten. Wie schwer den UN-Soldaten der Umgang mit der Lage
fiel, zeigte sich, als im August 2014 Rebellen 45 UN-Soldaten aus Fidschi
als Geiseln nahmen, 35 UN-Soldaten aus den Philippinen sich hingegen
freikämpften, obwohl ihr Befehl lautete, sich zu ergeben.
UNDOF-Kommandeur General Singha kritisierte damals das „unprofessionelle
Verhalten“ der philippinischen Soldaten, die aber in der Heimat als Helden
gefeiert wurden. Erst danach wurden die UNDOF-Einsatzregeln dergestalt
geregelt, dass die Blauhelme zurückschießen dürfen, falls sie angegriffen
werden. 2016 zog sich UNDOF komplett hinter die israeliche Seite der
Waffenstillstandslinie („Alpha“) zurück. Eine teilweise Rückkehr der
UN-Truppe in alle Bereiche der entmilitarisierten Zone bis hin zur
syrischen Linie („Bravo“) wurde zwar 2017 eingeleitet, ist aber bis heute
nur teilweise erfolgt.
29 Apr 2018
## LINKS
[1] https://www.falter.at/archiv/wp/massaker-am-golan
[2] http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=S%2F2012%2F897
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
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