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# taz.de -- Die Kanzlerin bei Donald Trump: Erst Liebe, dann Merkel
> Anders als Emmanuel Macron erwartet Angela Merkel ein eher kühler Besuch
> in Washington. Auch politisch darf sie nicht viel erwarten.
Bild: Mit deutscher Zurückhaltung wird Merkel bei Trump nicht punkten können
Berlin taz | Verglichen mit dem [1][pompösen Besuch] des französischen
Präsidenten in Washington, absolviert Merkel ein Sparprogramm. Emmanuel
Macron blieb drei Tage in den USA, für ihn wurde ein Staatsbankett
ausgerichtet, er durfte vor beiden Kammern des Kongresses sprechen, was als
große Ehre gilt. Macron und Donald Trump tätschelten sich bei ihren
Auftritten wie ein verliebtes Pärchen. Küsschen, Umarmung, vermeintliche
Schuppen von der Schulter streicheln inklusive. Mehr Glamour geht nicht.
Und Merkel? Absolviert einen glanzlosen Arbeitsbesuch. Trump begrüßt sie am
Freitag um 11.35 Uhr Ortszeit im Weißen Haus. Dann ziehen sich beide zu
einem zwanzigminütigen Vier-Augen-Gespräch zurück. Um 12 Uhr findet ein
Arbeitsessen statt – an dem auch Vizepräsident Mike Pence und wichtige
deutsche Delegierte teilnehmen. Um 14.05 verabschiedet Trump Merkel schon
wieder. Eine zweieinhalbstündige Stippvisite, kürzer geht es kaum.
Sagt das etwas über den Zustand [2][der deutsch-amerikanischen
Beziehungen]? In der Bundesregierung müht man sich diesen Eindruck
auszuräumen. Das eine sei ein lang vorbereiteter Staatsbesuch, das andere
ein nach Merkels Wiederwahl verabredetes und keineswegs „x-beliebiges“
Arbeitstreffen, heißt es in Regierungskreisen. Merkel freue sich als
überzeugte Transatlantikerin auf die Begegnung mit Trump.
„Ich verstehe, dass die schnelle Abfolge der Besuche Vergleiche reizvoll
macht“, sagte Niels Annen, Staatsminister im Auswärtigen Amt, am Donnerstag
der taz. Aber das sei zu kurz gegriffen: „Die Strategien Deutschlands und
Frankreichs sind abgestimmt und ergänzen sich.“ Man habe die gleichen Ziele
und wolle etwa [3][das Nuklearabkommen mit dem Iran] erhalten. Annens
Fazit: „Wenn der eine emotionaler, die andere etwas nüchterner darauf
dringt, schadet das nicht.“
## Trump macht Politik wie ein Firmenchef
Doch alle Verweise auf protokollarische Feinheiten können nicht darüber
hinwegtäuschen, dass Macron sich in den USA als starker Mann der EU
präsentierte. Als europäischer Leader, der sich bester Beziehungen zu
Washington erfreut – Trump versicherte seinem Männerfreund danach per
Pressemitteilung seine „tiefe Zuneigung“. Trumps Beziehung zu Merkel ist
kühler, aus persönlichen und sachlichen Gründen. Da wären zunächst die
unterschiedlichen Temperamente. Auf die unprätentiöse Deutsche wirken
Trumps eruptive Machogesten wie von einem anderen Stern. Umgekehrt ist es
wohl genauso. Beide Staatschefs hätten keinen guten Draht zueinander, heißt
es auf deutscher Seite.
Hinzu kommen handfeste Differenzen in der Sache. Trump ärgert sich seit
Langem über die deutschen Exportüberschüsse. Autobauer wie Mercedes, BMW
oder VW verkaufen viele ihrer Autos in den USA – lassen aber auch dort
produzieren. Trump, das legen öffentliche Wutausbrüche nahe, glaubt, dass
sich die Deutschen wirtschaftlich an den Amerikanern bereichern.
Außerdem nerven den US-Präsidenten die niedrigen Militärausgaben der
Deutschen. Mehrfach hatte er darauf gedrängt, dass alle Staaten sich an das
in der Nato verabredete Ziel, 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für
Verteidigung auszugeben, halten müssten. Deutschland steigert im Moment
zwar seine Ausgaben fürs Militär, liegt aber weit unter der Marke.
Trump neigt zu schlichten Kosten-Nutzen-Rechnungen und betreibt Politik wie
ein Firmenchef. Aus seiner Sicht ist Merkels Deutschland ein zahnloser
Partner, der auf seine Kosten Kasse macht.
## Was Macron nicht schaffte, will Merkel versuchen
Die wichtigsten Themen für Merkels USA-Trip sind die Wirtschafts- und
Handelspolitik und das Nuklearabkommen mit dem Iran. Ihre Chancen,
Fortschritte zu erzielen, sind allerdings denkbar gering. So ließ die
Bundesregierung am Donnerstag durchsickern, dass sie bei einem Thema an
eine Niederlage glaubt. Sie rechnet nicht mehr damit, dass Trump Ausnahmen
für die EU bei Strafzöllen auf Stahl und Aluminium verlängert. Eigentlich
hatten die Deutschen auf Entgegenkommen gehofft.
Auch beim Nuklearabkommen, dem zweiten Großthema, sieht es schlecht aus.
Trump liebäugelt mit einem Ausstieg aus dem Abkommen mit dem Iran, das
auch Deutschland unterzeichnet hat. Das Abkommen soll den Iran – für eine
befristete Zeit – vom Bau einer Atombombe abhalten. Trump hatte den
Ausstieg schon in seinem Wahlkampf immer wieder angekündigt.
Macron brachte in Washington einen Vorschlag ins Spiel, der als Brücke
taugen könnte. Unabhängig von Trumps Entscheidung sei es wichtig, ein
umfassenderes Abkommen in Angriff zu nehmen. Für einen solchen „vielleicht
viel größeren Deal“ hatte Trump am Dienstag vage Offenheit bekundet.
Allerdings blieb unklar, was die Präsidenten damit meinten. Und die Idee
erntete prompt heftigen Widerspruch, etwa aus Russland und dem Iran. Am
Mittwoch, zum Abschluss seines Besuchs, machte Macron deutlich, dass er die
Zukunft des alten Abkommens unter Trump pessimistisch sieht. „Die rationale
Analyse aller seiner Aussagen lässt mich nicht glauben, dass er alles dafür
tun wird, es beizubehalten.“
Was Macron nicht schaffte, wird nun Merkel erneut versuchen. Ihr Ziel sei
es, dass das Abkommen halte und nicht einseitig aufgekündigt werde, hieß es
in Regierungskreisen. Das Abkommen habe seinen Zweck, nämlich die Arbeit
des Iran an einer möglichen Atomwaffenfähigkeit zu unterbinden.
## Tod des Atomabkommens so gut wie sicher
Gleichzeitig bemühte man sich, Macrons Idee einer Erweiterung wohlwollend
zu interpretieren. Seit Januar würden amerikanische und europäische
Unterhändler beraten, wie man weitere Zusicherungen vom Iran bekommen
könne. Dabei geht es zum Beispiel um das Raketenprogramm des Irans, das
auch Raketen mit großer Reichweite enthalte – und von Israel oder
EU-Staaten als Bedrohung empfunden werde.
Ein deutscher Außenpolitiker, der sich auskennt, bleibt skeptisch. Bei
Trump, sagt er, gebe es eine Konstante: „Er tut das, was in seinen
Wählermilieus gut ankommt.“ Wenn das stimmt, wäre der Tod des Atomabkommens
so gut wie sicher.
26 Apr 2018
## LINKS
[1] /Frankreichs-Praesident-vor-US-Kongress/!5501531
[2] /Deutsche-Autolobby/!5496518
[3] /Sicherheitskonferenz-in-Muenchen/!5482818
## AUTOREN
Ulrich Schulte
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