# taz.de -- Krankenkassen-Reserven: Kritik an geplanter Beitragssenkung | |
> Gesundheitsminister Spahn will die Milliarden-Rücklagen zur Entlastung | |
> der Kassenmitglieder und Rentner nutzen. Grüne und Linke haben andere | |
> Ideen. | |
Bild: Die Politik ringt um den Durchblick bei den Krankenkassenfinanzen | |
BERLIN taz | Der Referentenentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) | |
zur Beitragsentlastung der Versicherten in der Gesetzlichen | |
Krankenversicherung stößt weiter auf Kritik. Die Linke im Bundestag warnte | |
am Montag vor einem Abbau von Milliarden-Rücklagen der gesetzlichen | |
Krankenversicherung. Laut seinem Vorstoß wolle Spahn vorhandenes Geld | |
lieber auszahlen, statt es für bessere Kassenleistungen einzusetzen, rügte | |
der Linke-Fachpolitiker Achim Kessler. | |
Laut dem Entwurf soll künftig, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, der | |
Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung wieder hälftig von Arbeitgebern und | |
Beschäftigten getragen werden. Kassenmitglieder und Rentner sollen dadurch | |
um 6,9 Milliarden Euro entlastet werden, im Gegenzug werden Arbeitgeber und | |
Rentenversicherung um diesen Betrag belastet. Derzeit liegt der | |
Zusatzbeitrag durchschnittlich bei 1,0 Prozent. Der allgemeine Beitragssatz | |
zur Krankenkasse in Höhe von 14,6 Prozent bleibt durch das Vorhaben | |
unverändert. | |
Zudem soll der Mindestbeitrag für Kleinselbstständige zur freiwilligen | |
gesetzlichen Krankenversicherung sinken. Kleinselbstständige, die weniger | |
als 1.142 Euro monatlich verdienen, sollen nur noch 171 Euro als | |
Mindestbeitrag an die gesetzliche Krankenkasse zahlen. Bisher ist der | |
Mindestbeitrag doppelt so hoch. Sowohl die Parität beim Zusatzbeitrag als | |
auch die Absenkung des Mindestbeitrags entsprechen den von SPD und Grünen | |
erhobenen Forderungen. | |
Kritisiert wird aber von SPD, Linken und Grünen Spahns Vorstoß, Kassen mit | |
hohen Finanzreserven zu deren Abbau zu verpflichten. Das Geld solle für | |
„die Absenkung der Zusatzbeiträge“ genutzt werden, heißt es im | |
Referentenentwurf. Aus dem Abschmelzen der Finanzpolster ergibt sich nach | |
Berechnungen im Entwurf ein Entlastungsvolumen von jährlich 0,6 Milliarden | |
Euro. „Mit dieser Summe könnte man 11.000 Stellen zusätzlich in der | |
Krankenpflege finanzieren“, rügte die gesundheitspolitische Sprecherin der | |
Grünen-Fraktion im Bundestag, Maria Klein-Schmeink. | |
Klein-Schmeink verwies darauf, dass die Krankenkassen künftig sowohl für | |
eine bessere Personalbemessung im Krankenhaus als auch für die medizinische | |
Behandlungspflege in den Altenheimen mehr Mittel bräuchten. Spahns | |
Entlastungspläne waren auch schon vom Koalitionspartner SPD kritisiert | |
worden. SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach sagte, das Geld werden dringend | |
für die Finanzierung der Pflege gebraucht. | |
Die medizinische Behandlungspflege in Heimen wird derzeit von der | |
Pflegeversicherung und aus den Eigenanteilen der BewohnerInnen finanziert. | |
Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, erklärte, | |
Spahn solle seine „Hausaufgaben machen, statt sich als Beitragssenker | |
feiern zu lassen“. Die Kosten für die Behandlungspflege in den Heimen | |
müssten von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. | |
23 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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