# taz.de -- Die Wahrheit: Der Schöne und die geile Dame | |
> Eine königliche Vermählung steht dem kleinen Inselreich im Nordmeer | |
> demnächst bevor. Schon heute schaut die Wahrheit auf die Hochzeit des | |
> Jahres. | |
Bild: Prinz Harald und die mit dem Makel: Meghan Markle | |
Der gar junge Prinz musterte sich in dem Spiegel, der an der Palastwand | |
hing. Seine roten Haare! Er runzelte die Stirn. Eigentlich wusste er, dass | |
er sehr gut aussah und männlich war – trotz der roten Haare. Oder | |
vielleicht gerade deshalb, sagte er sich, seufzend. Diese roten Haare, die | |
für so viele im Lande als Beweis dafür dienten, dass er, obwohl | |
hochoffiziell ein Prinz des Vereinigten Königreichs, keinen Tropfen | |
königliches Blut in seinen Adern hatte. Und dass er genau deswegen nicht so | |
dämlich aussah wie sein angeblicher Vater! | |
Das war das, was das Volk sagte. O, über die Jahre hatte er so viel Spott | |
ausgehalten! Der Prinz erinnerte sich zu gut an all die Gerüchte, die am | |
Hofe verbreitet wurden … wie die Dienstmädchen geflüstert hatten, als sie | |
dachten, er höre nicht hin! Sein biologischer Vater sollte eigentlich der | |
Reitlehrer sein, mit dem seine Mutter seinen Vater betrogen hätte. | |
Der Prinz seufzte noch einmal. Letztlich glaubte er jene Gerüchte nicht. Er | |
wusste, dass er durch und durch ein Royal war, spürte, wie das Windsor-Blut | |
durch seinen Körper floss. Sein ganzes Leben lang hat er sich aufgeopfert | |
für sein Volk. | |
## Der Prinz, das Opfer | |
„Mein ganzes Leben lang habe ich mich nur für mein Volk aufgeopfert!“, | |
seufzte er. Nichts hatte der 33-jährige, extrem hübsche, enorm männliche, | |
brutal rothaarige Prinz getan außer sich aufzuopfern für das Volk. Er | |
kannte nichts außer Aufopferung und Pflichtbewusstsein. 33 Jahre lang: | |
keine Freizeit, keine Freiheit, kein Frieden. Nun, es stimmte zwar, dass es | |
ihm manchmal schwer fiel, die Tage, an denen er arbeitete und sich für das | |
Volk aufopferte, von den Tagen, an den er Urlaub machte oder auf Partys | |
ging zu unterscheiden, aber das war damit zu erklären, dass er nur Partys | |
und Urlaub machte, weil Partys und Urlaub für ihn eine Aufopferung waren. | |
Ihm schwindelte ein wenig bei solch anstrengenden Gedanken. Er seufzte. Und | |
dachte an seine tote Mama. | |
Seine tote Mama! Seine Mama, die tot war. Der gut aussehende Prinz dachte | |
seufzend und Stirn runzelnd an seine Mama und wurde nachdenklich. Die | |
Königin der Herzen, die Rose Englands, die Prinzessin des Volkes! Seine | |
Mutter war die hübscheste, großzügigste, liebevollste und vor allem | |
sozialistischste Prinzessin, die je gelebt hatte. Wie sie die Schwachen | |
geliebt hat! Wie sie die Kranken geliebt hat! Sie hatte Krebskranke und | |
Aids-Kranke und manchmal Menschen mit Masern oder Windpocken, wenn keine | |
Krebs- oder Aids-Kranken zu finden waren, mit einer Berührung geheilt! Sie | |
hatte die Armen im Lande so geliebt und beschützt! Sie war die Beschützerin | |
der weniger Begüterten! Auch wenn sie zu 100 Prozent akzeptieren musste, | |
dass es eben Arme und vor allem Reiche wie sie und ihre Söhne geben musste. | |
Der hübsche Prinz atmete tief aus. „Wie ich mich für mein Land aufopfere!�… | |
rief er in den Spiegel. Jetzt, nach Jahren unwichtiger Bettgeschichten mit | |
reichen, dummen Blondinen, hatte er endlich seine Traumfrau gefunden. Er | |
war bereit, sie zu heiraten, denn sie war die perfekte Frau – hübsch, | |
exotisch, sinnlich, süß! Die amerikanische Schauspielerin Meghan, seine | |
feine, und doch so geile Dame. | |
## O! Blutvermischung | |
Zum ersten Mal in der Geschichte des Königshauses sollte das blaue Blut mit | |
einer dunkleren, ja schwarzen Farbe gemischt werden – aber wie sein Opa | |
sagte: Seine zukünftige Braut mag zwar schwarz sein, aber glücklicherweise | |
war die Haut so blass, dass 44 Prozent der britischen Rassisten den Klops | |
runterschlucken könnten. | |
„Was brauche ich, um meine Traumfrau zu heiraten?“, murmelte er vor sich | |
hin. „Einen Ring“, flüsterte er nachdenklich, „am besten einen, der frü… | |
meiner sozialistischen Mutter gehört hat … und eine Kutsche … und eine | |
Kirche …“ Alles für Meghan, seine große Liebe. Die einzige Frau, die sein… | |
Mutter das Wasser hätte reichen können. Deshalb wollte er sich endgültig | |
für das Volk aufopfern: Er würde den Steuerzahlern erlauben, seine | |
Hochzeitskosten zu übernehmen! | |
Der Prinz drehte sich vor dem Spiegel hin und her, schaute aus dem | |
Palastfenster, durch die Palastgärten, auf die Straße, wo das loyale Volk | |
sein tägliches Leben mit Arbeit und anderen nicht derart aufopfernden | |
Aktivitäten füllte. „Ihr dürft mir die Hochzeit finanzieren“, rief er. | |
## Die Unterschichtsaugen des Butlers | |
Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken. Sein Lieblingsbutler | |
betrat das Zimmer. Der Butler schaute den gut aussehenden, rothaarigen, | |
aber Gott sei Dank nicht mit durchsichtigen Wimpern ausgestatteten Prinzen | |
an. Der Prinz strahlte alle Eigenschaften aus, die einem modernen, sexy | |
rothaarigen Prinz eigen sein sollten, und der Butler fühlte sich plötzlich | |
sehr stolz, für diese Familie arbeiten zu dürfen. | |
„Your Royal Highness!“, sagte der Butler. „Die Queen fragt, ob Sie sich | |
noch mehr für Ihr Volk aufopfern wollen.“ – „Was kann ich tun?“, fragt… | |
Prinz. „Was ist, wenn die Steuerzahler die Kosten der Hochzeitsreise | |
übernehmen?“ – „Ich glaube, ich akzeptiere das, ja“, seufzte der Prinz. | |
In den Unterschichtsaugen des Butlers leuchteten Respekt und Bewunderung. | |
Hatte jemals in der Geschichte der britischen Nation jemand so viel | |
geopfert für das Land? Und wie würden die dankbaren Briten dies dem | |
hübschen Prinzen jemals zurückzahlen können? Vielleicht schenkten sie ihm | |
einen Ski-Urlaub im Januar, dachte sich der Butler. Bei so viel Aufopferung | |
war alles möglich. | |
Eine Fortsetzung unseres kleinen Groschenromans folgt nicht … | |
23 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Jacinta Nandi | |
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