| # taz.de -- Magazin „Neon“ wird eingestellt: Alles nur Schicksal? | |
| > Die Auflage schrumpfte schon lange, die LeserInnen fehlen, die „Neon“ | |
| > lohnte sich nicht mehr. Online soll es aber weitergehen. | |
| Bild: Da steht sie noch im Zeitschriftenregal: die „Neon“ | |
| Die gute Nachricht versieht Neon-Chefredakteurin Ruth Fendt mit einem | |
| Ausrufezeichen: „Neon lebt!“, [1][schreibt sie bei stern.de]. Trotzdem | |
| steht „Abschiedsbrief“ über ihrem Text. Denn die schlechte Nachricht ist: | |
| Die gedruckte Neon stirbt. Am 18. Juni erscheint das letzte Heft, dann wird | |
| es Neon nur noch online geben. „Ihr seid zu wenige geworden“, schreibt | |
| Fendt als Begründung für das Aus des Heftes und meint damit: Es fehlen die | |
| LeserInnen. | |
| Die Auflage sinkt kontinuierlich, die Anzeigeneinnahmen auch. Neon lohnt | |
| sich einfach nicht mehr. Zuletzt verkauften sich noch knapp 60.000 | |
| Exemplare monatlich. Für 2018 rechnete Gruner + Jahr damit, dass das | |
| Magazin zum ersten Mal ins finanzielle Minus rutschen würde. | |
| Dabei war die 2003 gegründete Neon lange Zeit eine Erfolgsgeschichte. Wie | |
| kein anderes junges Magazin schaffte sie es, einen Zeitgeist zu bedienen. | |
| In ihrer erfolgreichsten Zeit, 2011, verkaufte Gruner 240.000 Exemplare | |
| monatlich – und das obwohl, oder wahrscheinlich gerade weil, jedes Heft auf | |
| dem gleichen Prinzip beruhte. Immer ging es ums Gefühl, um die großen | |
| Entscheidungen, immer um das Ich: Woher weiß ich, dass meine Beziehung am | |
| Ende ist? Was ist wichtiger – Geld oder Liebe? | |
| Von der Titelseite schaute gerne eine Mittzwanzigerin lächelnd oder – je | |
| nach Frage – zweifelnd, im Heft selbst suchte eine Autorin oder ein Autor | |
| im Zwiegespräch mit sich selbst eine Antwort und/oder es gab kleine | |
| Protokolle von ebenfalls betroffenenen Ichs oder Wirs. | |
| ## Lag nicht nur am Zeitgeist | |
| Anfang der Nullerjahre war diese Art des Journalismus noch etwas Eigenes. | |
| Neon war das perfekte Heft für eine Generation der Mitte 20- bis Mitte | |
| 30-Jährigen der Nullerjahre: aufgewachsen ohne Internet, aber reingewachsen | |
| in die digitale Welt, ein bisschen suchend, ein bisschen vor sich hin | |
| studierend, viel unterwegs, emotional ungebunden und unentschlossen. Nur | |
| ist dieser Zeitgeist eben vorbei. In den Untersuchungen zu den | |
| Lebensvorstellungen junger Leute heute kommt immer wieder raus, wie | |
| sicherheitsorientiert diese Menschen sind. Sie wollen Karriere, ein gutes | |
| Einkommen, Familie, und das alles nicht zu spät. | |
| Für die Neon-MitarbeiterInnen könnte all das jetzt etwas schwieriger | |
| werden. Die Redaktion wird aufgelöst. Was das für die knapp 20 | |
| RedakteurInnen bedeutet, ist unklar. „Wir hoffen, dass wir niemandem | |
| betriebsbedingt kündigen müssen“, sagt Frank Thomsen, Sprecher von Gruner + | |
| Jahr. | |
| Dass der Niedergang der Neon allerdings nur am Zeitgeist liegt, also ein | |
| Schicksal ist, dem Verlag und Redaktion unentrinnbar ausgesetzt waren, | |
| wollen nicht alle so stehen lassen: „Die Einstellung von Neon ist das | |
| Ergebnis von jahrelangem verlegerischen Missmanagement“, [2][twitterte der | |
| ehemalige Stern-Chefredakteur Dominik Wichmann]. Mehrere ehemalige | |
| Neon-MitarbeiterInnen retweeteten oder favorisierten den Tweet. | |
| Worin das Missmanagement lag? Das führt Wichmann nicht genauer aus. | |
| ## Große Digitaloffensive | |
| Was aber recht offensichtlich ist: Neon, das Magazin mit stets großer | |
| LeserInnen-Blatt-Bindung, hat es nicht geschafft, diese Bindung ins | |
| Social-Media-Zeitalter zu transportieren. | |
| Das soll nun aber kommen. Zumindest ein bisschen. Schon vor rund zwei | |
| Monaten hat der Verlag eine große Digitaloffensive für Neon angekündigt. | |
| „Zum erfolgreichsten Portal für Millennials“ soll Neon demnach werden. | |
| Dafür wurde die Digitalredaktion des Stern erweitert und mit Lea Kosch eine | |
| neue Ressortleiterin engagiert. Ob auch Magazin-RedakteurInnen übernommen | |
| werden? Unklar. Der Markt für digitale junge Angebote ist allerdings schon | |
| jetzt ziemlich voll. Der Spiegel betreibt Bento, Zeit Online macht ze.tt, | |
| die Süddeutsche jetzt.de. | |
| Was gedruckte Magazine betrifft, gehe es in Zukunft vor allem darum, stets | |
| neue Hefte zu entwickeln, zu testen und einzustellen, wenn sie sich nicht | |
| verkauften, sagt Thomsen: „Wir können heute nicht mehr davon ausgehen, dass | |
| ein Magazin, das wir einmal gestartet haben, für immer erfolgreich sein | |
| wird.“ Mit JWD hat Gruner gerade [3][ein neues Magazin auf den Markt | |
| gebracht], was zumindest einen Teil der Neon-LeserInnen abholen dürfte. Es | |
| ist das Magazin des Fernsehmoderators Joko Winterscheid, gedacht für den | |
| Mann ab 25. | |
| 19 Apr 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.stern.de/neon/neon-erscheint-ab-sommer-nur-noch-digital-7946156… | |
| [2] https://twitter.com/dominikwichmann/status/986532554487582720 | |
| [3] /!5493342/ | |
| ## AUTOREN | |
| Anne Fromm | |
| Jürn Kruse | |
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