# taz.de -- Zehn Gründe für die Deutsche Bank: Deutsche, wir brauchen dich | |
> In den Frankfurter Zwillingstürmen gibt es endlich einen neuen Chef: | |
> Christian Sewing. Der muss jetzt das Finanzinstitut retten. | |
Bild: Die Türme der Deutschen Bank in Frankfurt, liebevoll „Soll & Haben“ … | |
Die Deutsche hat wieder einen Deutschen. Der bisherige Vizechef Christian | |
Sewing wird neuer Vorstandschef bei Deutschlands größtem Geldinstitut. | |
Viele unken schon, die alten Chefs von Josef Ackermann über Jürgen | |
Fitschen, Anshu Jain bis hin zu John Cryan hätten die Zukunft der Deutschen | |
Bank vergurkt. Stimmt aber gar nicht. Hier sind zehn Gründe, warum der | |
Branchenprimus immer noch topwichtig ist. | |
## Aus Nationalstolz | |
Deutschland hat keine Atomwaffen, dafür hat es die Deutsche Bank. Sie ist | |
hierzulande das einzige Institut von Weltrang, das so groß ist, dass eine | |
plötzliche Pleite das gesamte globale Finanzsystem ins Wanken bringen | |
könnte. Nur deshalb kann sich die Bank darauf verlassen, im Notfall mit | |
Steuergeldern gerettet zu werden. Sie ist damit eine „finanzielle | |
Massenvernichtungswaffe“, so bezeichnete Wall-Street-„Legende“ Warren | |
Buffett 2003 Finanzderivate. Das Label „systemrelevant“ hat die Deutsche | |
Bank vom Finanzstabilitätsrat der G20-Staaten erhalten. Auf die „Liste | |
global systemrelevanter Banken“ schaffen es weltweit nur 30 Institute. Für | |
Deutschland ein Grund, stolz zu sein: Wir sind Massenvernichtungswaffe. | |
Schmerzhaft: Die Franzosen sind besser, die haben sogar drei | |
systemrelevante Banken. | |
## Als Lieblingsfeind | |
Gibt es eine schlimmere Firma aus Kartoffelland als die Deutsche Bank? | |
Steht hierzulande irgendein Konzern für noch mehr Gier, Geiz, Mafiosität | |
plus Nadelstreifen? Unvergessen: Hilmar Kopper, Chef von 1989–1997 und | |
Erfinder von „Peanuts“, dem Unwort des Jahres von 1994. Dabei geht es um | |
offene Handwerkerrechnungen beim Crash des Immobilienimperiums von Jürgen | |
Schneider, 50 Millionen D-Mark, die die Bank zahlen musste. Oder: Josef | |
Ackermann, Boss von 2002 bis 2012. Das war der mit 25-Prozent-Rendite und | |
Grinsegesicht samt Victory-Zeichen. Dann sind da noch 8.700 Prozesse – am | |
Montag startete in London mal wieder ein Verfahren wegen Manipulationen | |
beim Referenzzinssatz Euribor. | |
Aber: Der Neue Christian Sewing fing gar nicht schlecht an. Direkt am | |
Montag forderte der Bielefelder in einer Brandmail eine neue | |
„Jägermentalität“ von seinen Leuten – klingt doch wie Alexander Gauland, | |
der nach der Wahl krakeelte, er wolle „Kanzlerin Merkel jagen“. Auch | |
Sewings Ankündigung, er werde „harte Entscheidungen treffen und umsetzen“ | |
riecht nach Kahlschlag bei den knapp 100.000 Stellen, vor allem bei der | |
Tochter Postbank – und birgt somit neues Krawallpotential für die kommenden | |
Jahre. | |
## Zum Brandschatzen | |
Filialen der Deutschen Bank schützen unsere Innenstädte. Ein Aspekt, der | |
nach dem G20-Gipfel von Hamburg – manche erinnern sich an die Bilder | |
brennender Barrikaden im Schanzenviertel – völlig in den Hintergrund | |
geriet. Die Gewalt der autonomen Szene ist selbstredend aufs Schärfste zu | |
verurteilen, dennoch ziehen die Geldhäuser der Bank Chaoten an wie Honig | |
die Bienen. Dort lassen sie sich leicht einkesseln und fangen. | |
## Wegen der Filialen | |
Alle sagen ja jetzt: Schön, dass nicht ein Investmentfuzzi von Goldman, | |
sondern der Bielefelder Chef wird – angeblich steht Sewing für klassisches | |
Banking europäischer Herkunft, nicht für das böse, böse angelsächsisch | |
geprägte Investmentgeschäft. Stimmt – und stimmt nicht: Einerseits hat | |
Sewing in seinem Vierteljahrhundert Deutschbank auch als Risikomanager und | |
Revisor in London gearbeitet – und dort die Investmentbanker kontrolliert, | |
die später wegen Gesetzesverstößen vor den Kadi kamen. Und außerdem hat der | |
47-Jährige in seiner Zeit als Vizechef fast 200 Filialen geschlossen, | |
Tausende Jobs gestrichen. Andererseits hat er ja noch 20 Millionen Kunden | |
mit einem stinknormalen Girokonto. Die ein oder andere Filiale wird also | |
bleiben. Und jetzt im Ernst: Wann waren Sie das letzte Mal bei Ihrer Bank? | |
## Wegen der Deutschland AG | |
Klingt oldschool, hat Germany aber nach dem Krieg great again gemacht: die | |
„Deutschland AG“, kumpelnde Vorstände mit Zigarre, öligen Haaren aus | |
Wanne-Eickel oder Itzehoe. Sie waren gegenseitig verschwippschwappt und | |
schanzten sich Aufträge und Jobs zu. Superbeispiel: Hermann Josef Abs, | |
Deutsche-Bank-Chef von 1957 bis 1967, der für die Bundesregierung die | |
Auslandsschulden aushandelte (Anshu Jain hätte das nie, nie tun dürfen), | |
Ministerangebote von Kanzler Adenauer ausschlug – und | |
Aufsichtsratsvorsitzender von zeitweise bis zu 30 Konzernen war. | |
## Weil die anderen größer sind | |
Nach der Finanzkrise 2008 war es mal kurz im Gespräch: dass der beste | |
Schutz gegen Großbanken, die Staaten erpressen können, einfach kleinere | |
Banken wären. Die einzigen, die sich daran gehalten haben, sind die | |
Deutschbänker – wenn auch unfreiwillig. Während etwa die Industrial and | |
Commercial Bank of China ihre Bilanzsummer seit der Krise auf 3,5 Billionen | |
Dollar fast verdreifachte, oder JPMorgan Chase aus den USA sich auf 3,3 | |
Billionen Dollar fast verdoppelte, schrumpften die Frankfurter als einzige | |
Megabank auf sympathische 1,6 Billionen Dollar. | |
## Für die Energiewende | |
Die Deutsche Bank hat zwar laut der Organisation Ican 6,6 Milliarden Dollar | |
[1][in Rüstungskonzerne] investiert. Außerdem hat sie von 2015 bis 2017 | |
[2][laut des Rainforest Action Networks] immer noch mehr als zehn | |
Milliarden Dollar in Öl, Gas und Kohleförderung gesteckt – obwohl sie | |
versprochen hat, keine neuen Kohleprojekte mehr zu finanzieren. Aber hey, | |
kleiner Lichtblick: 3,9 Milliarden stecke die Bank [3][nach eigenen | |
Angaben] 2016 in erneuerbare Energien. | |
## Zum selber zocken | |
Bitte „kein Griff ins fallende Messer“ (Börsenweisheit), aber: Die | |
Deutsche-Bank-Aktie steht historisch günstig, seit Mitte Dezember hat das | |
Unternehmen ein Drittel seines Börsenwerts eingebüßt. Der Tiefstand ist | |
wohl erreicht: buy now! | |
## Wegen der Aussicht | |
Was würde nur aus Soll & Haben, wie sie in Frankfurt die Zwillingstürme der | |
Deutschen Bank liebevoll nennen, sollte die Bank sich nicht erholen, gar | |
pleite gehen oder zerschlagen werden? Abriss? Technoclub? Zehn Prozent | |
Rendite auf das eingesetzte Kapital ihrer Besitzer will die Bank künftig | |
scheffeln, 2017 waren es minus 1,4 Prozent. Wenn das nicht bald besser | |
wird, wird die Deutsche Bank wohl gefleddert wie in „The Walking Dead“. | |
Dann zieht in die Türme ein Chinese ein und die lassen einen da nicht mehr | |
hoch. Eine Schande. Diese Weite! | |
## Wegen der D-Mark | |
Der größte Aktionär kommt heute aus China, der zweitgrößte aus den USA: | |
Zwar gab es am Anfang der Nullerjahre noch schöne Gewinne, aber Euro und | |
Globalisierung haben der Bank nicht richtig gut getan. Die größte Zeit war | |
doch die, als Alfred Herrhausen (Boss von 1985 bis 1989) richtig aufdrehte: | |
Herrhausen kaufte sich in Italien und Spanien ein und stieg sogar mit dem | |
britischen Institut Morgan Greenfell beim Investmentbanking ein. Doch dann | |
kamen die Wende und Helmut Kohl. Der hat die harte Deutschmark sowie alten | |
Glanz und Glorie schlichtweg verjuxt. | |
9 Apr 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.dontbankonthebomb.com/wp-content/uploads/2018/03/2018_Report.pdf | |
[2] https://www.ran.org/bankingonclimatechange2018#data-panel | |
[3] https://www.db.com/cr/de/konkret-nachhaltige-grossprojekte.htm | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
Kai Schöneberg | |
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