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# taz.de -- Angriff auf Koranschule in Afghanistan: Viele Tote bei Zeremonie
> Bei einem Luftangriff afghanischer Regierungstruppen kommen Zivilisten
> ums Leben. Militärs sagen, es sei ein Treffen von Taliban gewesen.
Bild: Ein afghanisches Kind wird in ein Krankenhaus geschoben
Bis zu 150 Menschen sind am Montagmittag bei einem Angriff der afghanischen
Luftstreitkräfte in der Provinz Kundus im Landesnorden ums Leben gekommen
oder verletzt worden. Darunter sollen sich Talibankämpfer, aber vor allem
viele Zivilisten befinden. Der Vorfall ereignete sich in der
Haschemia-Madrassa, einer Koranschule im Dorf Laghmani, das im
Taliban-kontrollierten Teil des Distrikts Dascht-e Artschi liegt.
Dort fand gerade das Turbanbinden statt, die Abschlusszeremonie für die
Koranschüler. Agenturen berichten von mindestens zwei Massenbegräbnissen
mit insgesamt 40 Toten; nach islamischem Ritus müssen Tote binnen 24
Stunden begraben werden. Insgesamt 30 Verletzte sollen nach Kundus gebracht
worden sein, hieß es aus dem größten Krankenhaus dort.
Die Regierung in Kabul besteht darauf, ein „Ausbildungszentrum der Taliban“
sei „bombardiert“ worden. Hochrangige Aufständische hätten dort einen
erneuten Angriff auf die Provinzhauptstadt Kundus geplant. 2015 war die
Stadt für zwei Wochen an die Taliban gefallen, deren größter militärischer
Sieg seit dem Sturz ihres Regimes 2001. In den zwei folgenden Jahren stand
sie erneut mehrmals dicht vor dem Fall, während die meisten ländlichen
Gebiete – darunter in Dascht-e Artschi – seit Jahren unter
Taliban-Kontrolle stehen.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums teilte mit, unter den Toten
seien ein Abgesandter der Talibanführung aus Pakistan, acht weitere
namhafte Kommandeure, die zum Teil namentlich genannt wurden, Angehörige
der „Roten Einheit“ – einer Art Spezialtruppe der Taliban – sowie sieben
Kämpfer aus Tadschikistan und zwei aus Pakistan gewesen. Er stritt ab, dass
überhaupt Zivilisten anwesend gewesen seien.
Das entspricht offensichtlich nicht den Tatsachen. Einem Stammesältesten
namens Hadschi Mohammed Naim zufolge hatten zwei Militärhubschrauber
insgesamt acht Raketen in die Menschenmenge geschossen. Quellen in Dascht-e
Artschi bestätigten dies der taz am Dienstag. Viele der Opfer seien Schüler
und deren Angehörige sowie Lehrer, aber auch einige Talibankommandeure
gewesen, die allerdings zur Zeremonie und nicht zu einem Strategietreffen
gekommen seien.
## Alle Journalisten eingeladen
Selbst das Büro des Provinzgouverneurs von Kundus bestätigte inzwischen,
dass fünf Zivilisten getötet und 55 verletzt wurden. Beobachter in Kabul
sagten der taz, dass hochrangige Taliban solche Treffen zumeist meiden,
seit nicht nur die afghanischen, sondern auch die US-Truppen die Zahl ihrer
Luftangriffe verstärkt haben.
UNAMA, die Afghanistan-Mission der Vereinten Nationen, hat bereits ein
Untersuchungsteam vor Ort. Die Taliban haben auch „alle Journalisten“
eingeladen, in das Gebiet zu kommen und die Menschen zu befragen. Laut UNO
hatten die afghanischen Luftstreitkräfte (AAF) schon 2017 ihre Angriffe
gegenüber dem Vorjahr verdoppelt, mit der bisher höchsten registrierten
Zahl von ihr verursachter Zivilopfer.
Die AAF gilt im Westen als Erfolgsgeschichte bei den sonst mangelhaften
Regierungstruppen. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen
würdigte sie jüngst im Bundestag. Bundeswehrsoldaten sind an ihrer
Ausbildung beteiligt. Laut Webseite des Bundeswehrverbands sollen sie den
AAF-Piloten helfen, „Ziele besser zu treffen“.
3 Apr 2018
## AUTOREN
Thomas Ruttig
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