# taz.de -- Anschlag auf Stromkabel in Berlin: Wenn der Vulkan ausbricht | |
> Eine linke „Vulkangruppe“ übernimmt die Verantwortung für die Sabotage | |
> und den achtstündigen Stromausfall. Das Muster ist bekannt. | |
Bild: Polizeiblaulicht vor der Mörschbrücke | |
BERLIN taz | Es dauerte fast siebeneinhalb Stunden, bis auch die letzten | |
der betroffenen 6.500 Haushalte und etwa 400 Gewerbekunden im | |
Charlottenburger Norden am Montagabend um 20.12 Uhr wieder am Netz waren. | |
Ein Anschlag auf Stromkabel an der Mörschbrücke hatte ab der Mittagszeit | |
für einen Blackout im ganzen Viertel gesorgt. In dem Gebiet rund um den | |
Mierendorffplatz, vollständig von Spree, Westhafenkanal und | |
Charlottenburger Kanal umschlossen, ging nichts mehr. | |
„Wir unterbrechen mit unserem Sabotageakt den ganz normalen Gang | |
vielfältiger Arbeitsabläufe in der Hauptstadt – das war gesetztes Ziel“, … | |
steht es in einem Bekennerschreiben, das im Netz veröffentlicht wurde und | |
von einer „Vulkangruppe NetzHerrschaft zerreißen“ unterzeichnet ist. | |
Abgesehen hatten es die Saboteure demnach auf Kabel, die vom „Militär und | |
seinen Dienstleistern, der Flugbereitschaft der Bundesregierung, der | |
Bundespolizei, der Bundesregierung“ oder auch „dem Flughafen Tegel“ genut… | |
werden. Auf taz-Anfrage sagte der Sprecher der Stromnetz Berlin GmbH | |
jedoch, es seien „keine militärischen oder sicherheitstechnisch sensiblen | |
Unternehmen betroffenen“ gewesen. Auch der Flughafen Tegel meldete | |
Normalbetrieb. | |
Dennoch spricht die Berliner Polizei von einem „gravierenden Eingriff“. | |
Auch beim Strombetreiber kann man sich nicht an einen derartigen Angriff | |
erinnern. Dass nach siebeneinhalb Stunden die Stromversorgung wieder | |
hergestellt war, sei ein „glimpflicher Verlauf“. | |
Durch das Feuer wurden zwei Kabelstränge unter der Brücke zerstört, | |
insgesamt acht 10.000-Volt-Kabel. Sie gehören zu den nur zwei Prozent der | |
Kabel, die in Berlin oberirdisch verlaufen. Die Täter haben sich also mit | |
der Materie befasst. Und sie müssen sich sicher gefühlt haben. Dass sie am | |
helllichten Tag zuschlugen, bezeichnete ein Sprecher der Berliner Polizei | |
als eine „Besonderheit“. | |
## Wiederkehrende Muster | |
Weniger eigen ist das Bekennerschreiben. Seit 2010 kommt es in Berlin immer | |
wieder zu Anschlägen auf Infrastruktur, etwa Bahnanlagen, [1][zuletzt vor | |
dem Hamburger G20-Gipfel] im Juni – schon häufiger wählten die | |
vermeintlichen Täter in ihrer Selbstbezeichnung [2][Vulkan-Allegorien]. | |
Auch der Duktus, die verächtliche Kritik an der Moderne und den Metropolen, | |
an Überwachung und Steuerung – ganz wie in der autonomen Kampfschrift „Der | |
Kommende Aufstand“ – wiederholt sich. | |
Ein aktueller Zusatz ist der Verweis auf den Krieg im kurdischen Afrin, der | |
von der türkischen Armee auch mit deutschen Waffen geführt wird. | |
Aufgrund der „deutlichen Anhaltspunkte für eine linkspolitische Straftat“ | |
hat unterdessen der polizeiliche Staatsschutz die Ermittlungen übernommen. | |
Während die Bekenner betonten, eine Gefährdung von Menschen | |
„ausgeschlossen“ zu haben, warf ihnen der Regierende Bürgermeister Michael | |
Müller (SPD) vor, Leben zu gefährden. Linke Kritiker, etwa auf Indymedia, | |
verweisen eher darauf, dass die Aktion vor allem die arme Bevölkerung im | |
Kiez getroffen habe. | |
27 Mar 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Bundesweite-Anschlaege-auf-Bahnkabel/!5422726 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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