# taz.de -- Diskriminierung von Müttern im Tennis: Strafe fürs Kinderkriegen | |
> Da sie nach der Geburt ihres Kindes in den Niederungen der Setzliste | |
> starten musste, scheidet Serena Williams in Key Biscane schon in Runde 1 | |
> aus. | |
Bild: Serena Williams startet unter erschwerten Bedingungen | |
Gerade hatte sich Serena Williams mit einem sarkastischen Lächeln, das | |
ihren allerletzten Fehlschlag begleitete, vom Centre Court in Key Biscayne | |
verabschiedet, da fuhr in der Nähe des Pressezentrums auch schon eine | |
dunkle Limousine vor. Die beherrschende Tennisspielerin der jüngeren Zeit, | |
soeben 2:6 und 3:6 in ihrem Erstrundenmatch gegen die japanische | |
Himmelsstürmerin Naomi Osaka ausgeschieden, stieg verschwitzt und vergrätzt | |
ins Auto. Sie hatte es eilig, den Ort der Niederlage zu verlassen. Und sie | |
hatte keinen Gesprächsbedarf mehr, keine Lust, sich dem obligatorischen | |
Frage-und-Antwort-Spiel in der Pressekonferenz zu stellen. | |
Lange nachdem der Wagen mit den dunklen Scheiben das Terrain vor den Toren | |
Miamis verlassen hatte, gute 90 Minuten nach dem Williams-Aus, ließ die | |
Spielerinnen-Organisation WTA ein staatstragendes Statement der 36-jährigen | |
Amerikanerin verbreiten: „Jedes Turnier ist eine Möglichkeit für mich“, | |
hieß es da geschraubt, „besser zu verstehen, woran ich arbeiten muss, um | |
wieder Bestleistungen zu bringen.“ Dann dankte Williams ihren Fans, „die | |
mich auf dieser unglaublichen Reise so treu begleiten“. | |
Zu der Mission gehörte allerdings auch ein aktueller Umstand, der Williams | |
sauer aufgestoßen war und der dafür verantwortlich zeichnete, dass sie | |
ausgerechnet bei der letzten Turnierauflage auf dem Eiland vor den Toren | |
Miamis den schnöden Abgang durch die Hintertür wählte. Denn Williams’ | |
Niederlage warf erneut ein Schlaglicht auf den fragwürdigen Umgang des | |
Profitennis mit Spielerinnen, die nach ihrer Mutterschaftspause in den | |
Tourbetrieb zurückkehren. | |
Zwar kann auch eine Protagonistin wie die jüngere der beiden | |
Williams-Schwestern, mit nicht weniger als 23 Grand-Slam-Titeln dekoriert, | |
eine Schutzregelung in Anspruch nehmen, mit der sie nach der | |
Schwangerschaft an acht selbst gewählten Turnieren teilnehmen kann. | |
Allerdings garantiert ihr dieses sogenannte „Protected Ranking“ keine | |
Stellung als gesetzte Spielerin, was auch für die Turniere gilt, bei denen | |
sie oder andere Rückkehrerinnen mit einer Wild Card starten. Fakt ist: | |
Gegenwärtig macht das Damentennis mit dieser Schutzregelung keinen | |
Unterschied, ob eine Spielerin sich mit einer langwierigen Verletzung | |
herumschlägt oder ob sie Mutter geworden ist. | |
## Unsensibler Umgang mit Tennis-Müttern | |
Schon beim ersten Auftritt der prominenten Comebackerin in Indian Wells war | |
der unsensible Umgang mit Tennis-Müttern in den Blickpunkt geraten. Dort | |
hatte Williams bereits in der dritten Runde gegen ihre Schwester Venus | |
antreten müssen, so früh wie seit 20 Jahren nicht mehr in der gemeinsamen | |
Tennis-Karriere. Als Williams dann ausgerechnet bei ihrem Heimturnier in | |
Miami als Erstrundenkontrahentin die Siegerin von Indian Wells, die | |
aufstrebende Osaka, zugelost bekam, gewann die Debatte erst richtig an | |
Schärfe. „Im Moment behandeln wir Mutterschaft als Strafe“, gab | |
Miami-Turnierdirektor James Blake zur Protokoll, in düsterer Vorahnung, | |
dass Superstar Williams die Auftaktrunde nicht überstehen könnte. Es werde | |
Zeit für die WTA, so Blake, ihren Regelkatalog „in dieser Frage zu ändern�… | |
Selbst einer wie Darren Cahill, der Coach der Weltranglistenersten Simona | |
Halep (Rumänien), machte sich für eine rasche Reform stark: „Mütter | |
brauchen einen besonderen Schutz.“ Er plädierte dafür, sie zwingend in den | |
Setzlisten zu berücksichtigen, „wenn sie vor ihrer Schwangerschaft auch | |
schon einen entsprechenden Top-Platz hatten“. Außerdem regte Cahill an, | |
diese bessere Schutzregelung auf insgesamt zwei Jahre auszudehnen. Halep | |
selbst wurde mit der Forderung zitiert, Williams hätte so ins Tennis | |
zurückkehren sollen, wie sie gegangen sei: „Als Nummer eins.“ | |
Allerdings waren Vorstöße, die Regeln für Tennisprofis nach langer | |
Spielpause zu ändern, bislang auch am Widerstand der Spielerinnen selbst | |
gescheitert; in diesen Reformplänen waren zudem Verletzungen mit | |
Schwangerschaftspausen gleichgesetzt worden. „Es gab in der Vergangenheit | |
Kritik an Vorschlägen, dass man Spielerinnen gleich einen Platz in der | |
Setzliste gibt, wenn sie zurückkehren“, sagte Viktoria Azarenka, die selbst | |
Mutter ist und dem Spielerrat der WTA angehört, „immerhin muss dann eine | |
Spielerin weichen, die hart dafür gearbeitet hat, um nach oben zu kommen.“ | |
23 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Jörg Allmeroth | |
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