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# taz.de -- HSV weiter im Abstiegsmodus: Wankelmütig und labil
> Eine Halbzeit lang spielt der Hamburger SV unter dem neuen Trainer
> Christian Titz tatsächlich wieder Fußball. Und verliert dann doch mit
> 1:2.
Bild: Einfach wegwischen lässt sich das Problem des HSV längst nicht mehr
HAMBURG taz | Wenn der Hamburger Sport-Verein am Ende der Saison erstmals
aus der Bundesliga absteigt, wird er sich eine Sache gewiss nicht vorwerfen
lassen müssen – nämlich, nicht alle relevanten Verantwortungsträger
ausgetauscht zu haben. Das hat der HSV tatsächlich getan. Er hat einen
neuen Aufsichtsrat, einen neuen Vereinspräsidenten, den
Vorstandsvorsitzenden und den Sportchef entlassen, zwei Trainer gefeuert
und nun auch noch einen Großteil der Stammspieler auf die Bank oder auf die
Tribüne geschickt.
Erfolgreicher Fußball spielen die Hanseaten trotzdem nicht. Auch Christian
Titz, der bisherige Coach der Regionalliga-Mannschaft, konnte die Profis
bei seinem Debüt auf der Trainerbank nicht zu ihrem ersten Sieg seit Ende
November 2017 führen.
Dabei hat auch der 46-Jährige nichts unversucht gelassen, um endlich eine
positive Wende im Abstiegskampf einzuleiten. Öffentlichkeitswirksam
beorderte er mehrere Talente aus den Nachwuchsmannschaften ins Training,
erklärte den Spielern seine Vorstellung von Fußball auf Flipcharts und
kündigte an, konsequent durchzugreifen.
Seine Idee beschreibt er so: „Wir wollen mehr Ballbesitz erlangen und nach
vorne mehr bewegen, in den Räumen Fußball spielen, um letztendlich
Torchancen zu generieren.“
Was sich vielleicht ein wenig präziser und mutiger anhört als bei seinen
Vorgängern Markus Gisdol und Bernd Hollerbach, ist in Wahrheit der Wunsch
eines jeden Trainers. Wer will nicht, dass seine Mannschaft offensiv und
dominant auftritt? Die Frage ist eher: Kann sie es?
## Spielaufbau statt Gebolze
Titz’ Mannschaft hat gezeigt, dass sie es kann. In Ansätzen. Und nur eine
Halbzeit lang. Aber was die Zuschauer in der ersten Hälfte gegen Hertha BSC
geboten bekamen, war ihrem Gefühl nach das Beste seit Langem. Kurze, flache
Pässe, Spielaufbau über den Torwart und die Innenverteidiger statt Gebolze
und Mauertaktik.
Ein schnell ausgeführter Angriff brachte den HSV Mitte der ersten Halbzeit
in Führung, während Hertha mehrfach an Hamburgs neuer Nummer eins, Julian
Pollersbeck, scheiterte. Es sah alles nach Sieg aus, es wäre der erst
fünfte gewesen in dieser Spielzeit. Doch nach der Halbzeitpause war kaum
noch was vom erfrischend mutigen Auftritt der Rothosen zu sehen.
Der HSV schien Angst vor seiner eigenen Courage zu haben, wirkte plötzlich
behäbig und verunsichert. Lag es daran, dass er erstmals seit langer Zeit
wieder etwas zu verlieren hatte? Ein ungewohntes Gefühl für ein Team, das
in dieser Saison erst 19 Tore geschossen hat.
## Druck und Angst
Was Druck und Angst mit Fußballspielern machen können, hat der Spielverlauf
gezeigt: Hertha brauchte gerade einmal sieben Minuten, um die Partie
komplett zu drehen. Eine derart wankelmütige und labile Mannschaft wird es
schwer haben, überhaupt noch mal ein Spiel in der Bundesliga zu gewinnen.
Wenn selbst mehr Fußball nicht hilft, ist dieser HSV auch nicht mehr zu
retten. Alle anderen Ansätze sind längst gescheitert.
Was erschwerend hinzukommt: Titz’ radikale Änderungen stoßen innerhalb der
Mannschaft auf Widerstand. Vor allem beim auf die Ersatzbank degradierten
Verteidiger Kyriakos Papadopoulos: „Letzte Saison haben Spieler wie
Diekmeier, Mavraj und auch ich mit für die Rettung gesorgt. Heute hat man
gesehen, dass die Erfahrung gefehlt hat, unser 1:0 über die Runden zu
bringen.“
Die Aufstellung des Trainers hielt der Grieche nicht für die beste Lösung.
Ein Affront, den sich Titz nicht gefallen lassen darf, gleichzeitig aber
vermeiden muss, den ohnehin schon großen Spalt innerhalb des Kaders noch
größer zu machen. Während der Länderspielpause bekommt Titz ein wenig Zeit,
über notwendige Konsequenzen nachzudenken. Zumindest ist er um die
Erkenntnis reicher, auf wen er in Zukunft verzichten kann.
Rechnerisch mag der Klassenerhalt für den HSV zwar noch möglich sein.
Wahrscheinlich ist er angesichts des großen Rückstands auf den
Relegationsplatz aber nicht. Noch nie in der Geschichte der Bundesliga ist
es einem Klub mit nur 18 Punkten aus 27 Spielen gelungen, in der Liga zu
bleiben. Es fehlt die Fantasie, warum es diesem HSV gelingen sollte.
19 Mar 2018
## AUTOREN
Daniel Jovanov
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