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# taz.de -- Merkel auf Antrittsbesuch bei Macron: Deutsch-französische Entzaub…
> Die Bundeskanzlerin sonnt sich gern im Glanz des französischen
> Präsidenten. Doch die Aufbruchstimmung des vergangenen Jahres ist
> verflogen.
Bild: Macron würde gern einen EU-Finanzminister durchsetzen, doch Merkel hat E…
Brüssel taz | „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Kanzlerin Angela Merkel
bemühte Hermann Hesse, als sie Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron im
Mai 2017 zum ersten Mal in Berlin empfing. Die Erleichterung darüber, dass
Macron die Wahl gewonnen hatte und nicht die Front National-Führerin Marine
Le Pen, war ihr anzumerken. Aufbruchstimmung lag in der Luft.
Fast ein Jahr und eine Bundestagswahl später ist der Zauber verfolgen.
Merkel IV. sonnt sich zwar immer noch im Glanz des französischen
Sonnenkönigs, und die Zusammenarbeit mit Frankreich hat sie sogar im neuen
Koalitionsvertrag festgeschrieben; doch von der Aufbruchstimmung des
vergangenen Jahres ist nichts mehr zu spüren.
Denn mittlerweile sitzen mehr AfD-Abgeordnete im Deutschen Bundestag als Le
Pen-Anhänger in der französischen Nationalversammlung. In Italien sind die
EU-Gegner sogar in der Mehrheit. Und dann sind da noch die Niederländer und
andere Nordeuropäer, die sich gegen deutsch-französische Ideen für „mehr
Europa“ stemmen.
Die Entzauberung kam so schnell und radikal, dass einem Angst und bange
werden kann. Die EU hat nicht mehr den Wind in den Segeln, wie
Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im vergangenen Herbst frohlockte;
ihr bläst ein Sturm ins Gesicht. Auch außenpolitisch braut sich etwas
zusammen, in West und Ost.
## Die Zusammenarbeit mit Frankreich ist wichtiger denn je
Deutschland und Frankreich werden nun mehr gebraucht denn je. Denn Italien
fällt aus, Großbritannien wird die EU in einem Jahr verlassen, Polen und
Ungarn fordern Brüssel heraus. Deshalb ist es wichtig, dass Macron und
Merkel zusammenkommen und neue Impulse geben. Ein Anfang wurde am Freitag
in Paris gemacht, endlich.
Doch auch diesem Treffen wohnte kein Zauber mehr inne. Es stand im Zeichen
des drohenden Handelskriegs mit den USA und der Krise um Russland.
Und was wird aus der „Neugründung der EU“, die Macron gefordert hat? Was
aus dem „Aufbruch für Europa“, den Merkel im Koalitionsvertrag ankündigt?
Erst mal nichts. Denn Macron hat es versäumt, seine hochfliegenden
Visionen in praktische Projekte umzusetzen. Nur bei der Rüstung wird es
konkret, leider.
Und Merkel hat es versäumt, sich auf das Rendezvous mit Macron
vorzubereiten. Wegen der Koalitionsverhandlungen habe man leider keine Zeit
gehabt, heißt es in Berlin. Doch das ist nur ein Vorwand. In Wahrheit hat
Merkel alles getan, um Macron auszubremsen. Vor allem bei der Reform der
Währungsunion steht sie auf der Bremse.
## Euro-Finanzminister? Im Koalitionsvertrag nicht enthalten
Ein Euro-Finanzminister ist im Koalitionsvertrag ebenso wenig enthalten wie
ein eigenständiger Haushalt für die Eurozone. Stattdessen fordert die neue
Groko einen europäischen Währungsfonds – von dem Macron nicht viel hält. Er
fürchtet, dass sich der „EWF“ über die EU-Kommission erheben und ein neues
Sparregime etablieren würde.
Dass in der deutschen Europapolitik immer noch ganz viel Wolfgang Schäuble
und ganz wenig Macron steckt, ist kein Zufall – es ist Absicht. Peter
Altmaier, Merkels rechte Hand, hat sich immer wieder auf Schäuble berufen,
als er zur Eurogruppe nach Brüssel kam. Er schlug Pflöcke ein, die auch die
neue Regierung binden.
Deshalb ist es verlogen, nun so zu tun, als habe man sich nicht auf die
anstehenden Reformen vorbereiten können. Es hat schlicht am Willen gefehlt,
auf Macron zuzugehen. Ob sich dies mit der neuen Regierung ändert, bleibt
abzuwarten. Die ersten Signale weisen in eine andere Richtung.
Sie lassen vermuten, dass Merkel auf die Bremser aus Nordeuropa zugehen
möchte, die sich gegen Macrons Pläne stemmen. So könnte sie sich als
Mittlerin präsentieren. Es ist ihre liebste Position, aber auch eine
gefährliche. Denn wenn Merkel den Präsidenten nun hängen lässt und der
„Aufbruch für Europa“ im Sande verläuft, könnten bald auch in Frankreich
die EU-Gegner triumphieren.
16 Mar 2018
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Schwerpunkt Emmanuel Macron
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