# taz.de -- Kino und die große Oper: Nur die Leute sind dünner | |
> Eine Filmreihe und ein Symposium würdigen den Komponisten Erich Wolfgang | |
> Korngold, der sich als stilbildend in die Filmgeschichte einschrieb. | |
Bild: Im „The Constant Nymph“ (1943) findet ein Komponist durch die Liebe e… | |
„It’s like grand opera – only the people are thinner“, zitiert das Prog… | |
des Zeughaus-Kinos die amerikanische Filmkritikerin Cecelia Ager. Dass Kino | |
„große Oper“ war, daran hatte er im Hollywood der dreißiger und vierziger | |
Jahre maßgeblichen Anteil: der österreichische Komponist Erich Wolfgang | |
Korngold, dem das [1][Zeughaus-Kino] in den kommenden Tagen eine kleine | |
Werkreihe widmet, flankiert von einem Symposium zum Thema „[2][Oper und | |
Film]“ an der Deutschen Oper Berlin. Am 18. März wird ausserdem Korngolds | |
Oper „[3][Das Wunder der Heliane]“ dort Premiere feiern. | |
Korngold, 1897 im mährischen Brünn geboren, war ein Sohn des | |
einflussreichen Musikkritikers Julius Korngold, der das Talent seines | |
Zweitgeborenen früh erkannt und dessen Karriere nach Kräften gefördert | |
hatte. Als Erich Wolfgang zwölf Jahre alt war, wurde seine Ballettmusik | |
„Der Schneemann“ in der Wiener Hofburg von Alexander von Zemlinsky (der | |
auch jahrelanger Kompositionslehrer des Jungen war) uraufgeführt. | |
Spätestens damit galt das Kind als Wunderkind. | |
Sehr viele namhafte Komponisten haben Filmmusik geschrieben, aber nur | |
wenige sind so mit ihren Arbeiten für das Kino identifiziert worden wie | |
Korngold, der sich als stilbildend in die Filmgeschichte einschrieb. | |
Geplant hatte er das sicherlich nicht in dieser Weise. Hollywood aber hat | |
letztlich nicht nur die Karriere des Komponisten schicksalhaft bestimmt, | |
sondern vor allem auch vielen anderen Mitgliedern der – jüdischen – Familie | |
Korngold das Leben gerettet. | |
Als Adolf Hitler 1938 sein Geburtsland Österreich an Deutschland anschloss, | |
weilte Erich Wolfgang Korngold, der schon seit einigen Jahren regelmäßig | |
für Warner Bros. tätig war, glücklicherweise gerade in Los Angeles. Seine | |
guten Kontakte ermöglichten es ihm, seine erweiterte Familie in die USA | |
nachzuholen. | |
In Europa bereits als renommierter Komponist etabliert, der unbeugsam | |
seinen spätromantischen Stil gegen die neuen Töne der Moderne verteidigte, | |
war Korngold erstmals 1934 von Max Reinhardt für ein Projekt nach Hollywood | |
geholt worden: Shakespeares „Sommernachtstraum“ sollte unter Verwendung von | |
Felix Mendelssohns Bühnenmusik auf die Leinwand gebracht werden, und | |
Reinhardt traute allein Korngold zu, die berühmte Vorlage angemessen | |
kongenial zu bearbeiten. Dieser Film wird in der Zeughaus-Retrospektive | |
nicht zu sehen sein, ebenso wenig die beiden Filme, für deren Musik der | |
Komponist einen Oscar gewann („Ein rastloses Leben“, 1936, und „Robin Hoo… | |
König der Vagabunden“, 1938). | |
Aus den etwa zwanzig Filmen, die Korngold zwischen 1934 und 1946 vertonte, | |
wird eine Auswahl von sechs Werken gezeigt, die unterschiedliche Genres | |
umfasst, dabei allerdings einen gewissen – vermutlich zeittypischen – | |
Überhang an Melodramen aufweist. Was die künstlerische Verzahnung von Film | |
und Musik angeht, ist der Film „Deception“ von 1946 (mit Bette Davis und | |
Paul Henreid) besonders interessant, eine im Musikermilieu angesiedelte | |
Dreiecksgeschichte. | |
Der Soundtrack enthält unter anderem ein eigens für den Film entstandenes | |
einsätziges Cellokonzert, das Korngold als op. 37 auch in sein | |
Werkverzeichnis aufnahm. – Erst seit wenigen Jahren wieder für die | |
öffentliche Vorführung freigegeben, gehört auch der Film „The Constant | |
Nymph“ (1943) zu den Filmen mit musikalischer Thematik, die Korngold | |
vertonte. | |
Ein Komponist steht hier im Zentrum der Handlung, der erst durch die Liebe | |
einer todkranken jungen Frau zu wahrer Inspiration findet. – Im | |
Kleinstadtmelodram „Kings Row“ von 1942 ist der junge Ronald Reagan in der | |
Rolle zu sehen, die seinen großen Durchbruch als Schauspieler bedeutete. 39 | |
Jahre später, im Jahr 1981, ließ der alte Ronald Reagan aus Anlass seiner | |
Amtseinführung als Präsident der Vereinigten Staaten die Eröffnungsfanfare | |
spielen, die Korngold für den Film komponiert hatte. | |
Als einziger der sechs gezeigten Filme weist der „Between Two Worlds“ von | |
1944 einen Bezug zum zeitgeschichtlichen Kontext auf: Das Kriegsgeschehen | |
in Europa steht hier im Hintergrund der ins Allegorische spielenden | |
Handlung. Komplettiert wird die Filmreihe von zwei veritablen Werken: „The | |
Private Lives of Elizabeth and Essex“ (1939) gewährt Einblick ins | |
Liebesleben von Elisabeth I. von England, und „Devotion“ (1943/46) spürt, | |
ganz in der Tradition des romantischen Geniekults stehend, den | |
Leidenschaften der Schwestern Brontë nach. | |
Dazu heißt es im Programmheft: „Dabei gelang es Korngold, spannungsvolle | |
Personenmotive zu entwickeln, die die künstlerische wie auch charakterliche | |
Differenz zwischen Emily und Charlotte musikalisch hervorheben.“ Die | |
Einführung von Leitmotiven (von Richard Wagner für die „große Oper“ | |
erfunden) in die Filmmusik gehört zu den nachhaltigen Verdiensten | |
Korngolds. Unter anderem übernahm John Williams das Verfahren für seinen | |
preisgekrönten „Star Wars“-Soundtrack. | |
Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg | |
immer Donnerstags in der Printausgabe der taz | |
8 Mar 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihen/erich-wolfgang-korngold.html | |
[2] https://www.deutscheoperberlin.de/de_DE/calendar/symposion-oper-und-film.14… | |
[3] https://www.deutscheoperberlin.de/de_DE/calendar/das-wunder-der-heliane.145… | |
## AUTOREN | |
Katharina Granzin | |
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