Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rauchen in Österreich: Mit der Kippe im Lokal oder nicht?
> Der Antrag für ein Volksbegehren namens DontSmoke bekommt innerhalb
> weniger Tage über 300.000 Unterschriften.
Bild: Rauchen vor einem Restaurant in Wien
Wien taz | Wenn Hermann K. beim Rauchen einen Hustenanfall bekommt, muss er
an seinen Vater denken, der vor 19 Jahren im 70. Lebensjahr an Lungenkrebs
starb. Der Journalist ist seit einigen Monaten 65 und seit Jahresende in
Rente.
Dass es ihm gelungen ist, den täglichen Konsum von einer auf eine halbe
Schachtel zu reduzieren, motiviert ihn, weiter am Abschied von Teer und
Nikotin zu arbeiten. Die jüngste Untersuchung, bei der eine beginnende
chronische Lungenerkrankung diagnostiziert wurde, sieht er als Warnschuss.
Deswegen will er auch das [1][Volksbegehren DontSmoke] unterschreiben.
[2][Bisher läuft erst die Antragsphase.] 8.401 Stimmberechtigte – ein
Tausendstel der Gesamtbevölkerung – müssen diesen von der Ärztekammer und
der Krebshilfe eingebrachten Antrag unterschreiben, damit das Plebiszit
angesetzt werden kann.
Innerhalb einer Woche haben bereits über 330.000 Menschen unterzeichnet,
obwohl sie zum Teil lange Wartezeiten auf sich nehmen mussten. Das System
brach unter dem Ansturm immer wieder zusammen.
## Gute Luft
Die vor zwei Monaten angetretene Regierung will das geltende System
perpetuieren: Lokale dürfen das Rauchen erlauben, wenn eine räumlich
abgegrenzte Nichtraucherzone gute Luft garantiert.
Viele Gastwirte und passionierte Raucher finden das gut. Aber nicht nur
Nichtraucher wünschen sich Lokale ohne Qualm. Selbst der Kette rauchende
Bundespräsident Alexander Van der Bellen tritt für Rauchfreiheit in Lokalen
ein. Die Debatte wird entsprechend heftig geführt.
In Arztpraxen liegen Informationsblätter, die zur Unterzeichnung des
Volksbegehrens aufrufen. Der starke Raucher und Vizekanzler Heinz-Christian
Strache beruft sich auf die Freiheit. „Wahlfreiheit für alle!“, heißt es
auf einem Werbebild der FPÖ. Neben einer Tasse Mokka steht da ein
Aschenbecher mit einer Kippe. Kein voller, stinkender Ascher, wie er der
Realität entspricht.
Die rechte FPÖ sieht sich als Bollwerk gegen die um sich greifende
Political Correctness und staatliche Eingriffe in die Lebensgewohnheiten
der Menschen. Für manche ist die Tasse Kaffee, begleitet von der Zigarette,
der Inbegriff von Gemütlichkeit.
## Petition im Netz
So auch für den Gastwirt Heinz Pollischansky, der Mitte Dezember eine
Onlinepetition ins Netz stellte. Darin dankte er FPÖ-Chef Strache und
Bundeskanzler Sebastian Kurz für die Abschaffung des absoluten Rauchverbots
in Lokalen, das am 1. Mai 2018 in Kraft treten sollte.
Unterstützt wird Pollischanskys Petition vom Fachverband Gastronomie der
Wirtschaftskammer Österreich, dem Bundesgremium der Tabaktrafikanten der
Wirtschaftskammer und dem Verband der Cigarren- und Pfeifenfachhändler
Österreich. In zwei Monaten ist dieser Aufruf „Danke für die Wahlfreiheit“
aber nur von 16.523 Menschen online unterschrieben worden – 16.186 davon
aus Österreich.
Die Plattform hat sich aber zu einem Forum entwickelt, wo Raucher und
militante Nichtraucher anonym teils höchst aggressiv aufeinander losgehen.
„Plötzlich wird das Volk extrem gegen die Raucher aufgehetzt“, klagt da
einer: „Das (sic!) Rauchen nicht gesund ist, weiß jeder hier. Ich nenne
einen kleinen Bruchteil der gefährlicheren Dinge die seitens Politik u.
Lobby der jeweiligen Betreiber totgeschwiegen werden: Hiroshima,
Tschernobyl, Fukushima, Atombombentests, Kernkraftwerke und deren Lecks.“
Und er endet: „WLAN u. Mobilfunk machen uns auch nicht gesünder. Rauchen
ist das kleinere Übel.“
Ein anderer fordert auch ein Alkoholverbot: „Durch Alkohol sterben
mindestens so viele Menschen wie durch Rauchen. Als abstinenter
alkoholkranker Mensch ist es für mich eine Herausforderung in ein
Restaurant zu gehen und rundherum wird Alkohol konsumiert!“
## Kaffee hinter der Grenze
Ein Dritter ist überzeugt, dass Qualm in Gaststätten den Fremdenverkehr
fördert: „Kenne viele Deutsche, die extra zum Kaffee über die Grenze
fahren, damit sie Gastronomie so genießen können, wie es sein soll.“ Bayern
beweist das Gegenteil. Das Rauchverbot habe selbst auf der Wiesn den Umsatz
gesteigert, schreibt der Wiener Kurier.
So denkt auch Hermann K., der zwar auch seinen Wein gern zu einer Zigarette
trinkt. Doch hat er kein Problem damit, vor die Tür zu gehen.
24 Feb 2018
## LINKS
[1] https://www.dontsmoke.at/
[2] /Direkte-Demokratie-in-Oesterreich/!5483069
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Österreich
Rauchen
Alexander Van der Bellen
Volksbegehren
FPÖ
Kolumne Stadtgespräch
Österreich
Österreich
Schäfer
Rauchen
Österreich
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rauchverbot in Österreich: Kneipen ohne Kippen
Ab 1. November gilt in Österreichs Gastronomie absolutes Rauchverbot.
Halten sich die Gäste nicht daran, zahlt der Wirt bis zu 10.000 Euro.
Rauchverbot in Österreich: In Lokalen wird weiter gequalmt
Mit den Stimmen der schwarz-blauen Regierungsparteien wird das Rauchverbot
in Gaststätten gekippt. In der Kritik steht die 180-Grad-Wende der ÖVP.
Petition der Woche: Mit Extra-Schaf?
Schafhalter in Deutschland erhalten Förderung nur für die beweidete Fläche.
Eine Petition will die Unterstützung an der Zahl der Muttertiere
orientieren.
Direkte Demokratie in Österreich: Erster Erfolg für Nichtraucher
Ein Antrag für ein Anti-Rauch-Begehren erhält über 100.000 Unterschriften –
zum Ärger der FPÖ. Die will das Rauchverbot in Lokalen aufheben.
Protest gegen Regierung in Österreich: Zehntausende gegen Schwarz-Blau
Tausende Menschen haben am Samstag in Wien gegen die neue Regierung
demonstriert. Im Dezember hatte die Rechtskoalition die Geschäfte
übernommen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.