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# taz.de -- Sprengstoff-Attacke in Zinnowitz: Döner for none
> Handelt es sich beim Angriff auf einen Imbiss in Zinnowitz um eine
> rassistisch motivierte Tat? Nein, es war Restaurantkritik, sagt die
> Polizei.
Bild: Snack mit Würze: Schmeckt er nicht, kann der Döner schon mal einen Ansc…
Vom Anschlag zur Böller-Attacke sind es manchmal nur ein paar sprachliche
Feinheiten und ein bisschen Wohlwollen entfernt. Das zeigt jüngst ein Fall
aus Zinnowitz in Usedom, wo ein 37-jähriger Mann betrunken einen
„Polenböller“ auf das Ladenfenster eines Döner-Imbisses warf.
Bei der Explosion zersprang das Fenster, ein paar der Splitter landeten
auch im Hintern des betrunkenen Täters, der daraufhin mit dem Rad ins zwölf
Kilometer entfernte Krankenhaus fuhr. Immerhin: Verletzt hat er sich nur
selbst und nur leicht, der Schaden beträgt 1.500 Euro.
Und die örtliche Polizei? Verkündet die Tat auf dem [1][Twitter-Account]
fröhlich als aufgeklärt. Denn dem „Suff-Radler“, wie die BILD den Täter
liebevoll nennt, sei kein rassistisches Motiv zuweisbar. Die Ermittlungen
ergaben nicht etwa Parallelen zu rechtsextremen Angriffen auf migrantisch
markierte Lokale, wie man sie seit Jahrzehten größtenteils unbeteiligt in
Deutschland beobachtet, sondern eine sehr simple und für die Polizei
anscheinend sehr glaubwürdige Begründung: Er sei mit dem Service
unzufrieden gewesen. Das Essen habe ihm nicht geschmeckt. Ach so!
Ein bisschen wie der Attentäter vom Münchner Olympia-Einkaufszentrum: Sein
Amoklauf war laut CSU keine Konsequenz seiner [2][rechtsextremen
Ideologie], wie er sie in einem Manifest niedergeschrieben hatte, sondern
schlichtweg ein [3][Racheakt] für das einst erlittene Mobbing.
Oder wie in Rudolstadt, wo die Polizei [4][antisemitische Graffitis] zu
banalen Schmierereien von Fußballfans entpolitisiert. Wer da keinen „klaren
Fußballbezug“ erkennt, übersehe das Offensichtliche. Als hätte es eine
Tradition der Verharmlosung von rechter Gewalt nie gegeben. Auch die
NSU-Morde wurden jahrelang zu innergemeinschaftlichen Bandenkriegen
relativiert.
## Wie wär's mit einem Beschwerdebrief?
Das öffnet auf jeden Fall ganz neue Lesarten für Taten, die wir sonst nur
in einem politischen Kontext betrachten. Schon mal darüber nachgedacht,
dass die Autos in München neulich nicht aus Protest gegen Gentrifizierung
[5][angezündet] wurden, sondern, weil sie schlecht geparkt waren?
Vielleicht wurde die Hamburger REWE-Filiale während der Proteste gegen den
G20 ja auch nur [6][geplündert], weil die Leute vom schlechten Sortiment
frustriert waren.
Um in der Zukunft sicherzustellen, dass man ihm kein rassistisches Tatmotiv
zuschreibt, könnte sich der Usedomer Attentäter, äh, Restaurantkritiker ja
ein Vorbild an seinen Mitbürgern wie die Rapper [7][Bushido] oder
[8][Haftbefehl] nehmen und Beschwerdebriefe schreiben. Dann geht es auch
nicht so nach hinten los.
6 Feb 2018
## LINKS
[1] https://twitter.com/PolizeiVG/status/960500582179098624/photo/1?ref_src=tws…
[2] http://www.sueddeutsche.de/muenchen/amoklaeufer-vom-oez-ich-bin-kein-kanake…
[3] http://www.sueddeutsche.de/muenchen/kommentar-der-oez-moerder-war-rechtsrad…
[4] http://rudolstadt.otz.de/web/rudolstadt/startseite/detail/-/specific/Offens…
[5] /Brennende-Bagger-in-Muenchen/!5479562/
[6] /!5428058/
[7] https://noisey.vice.com/de/article/ezqdze/unfassbare-zustande-bushido-besch…
[8] https://noisey.vice.com/de/article/59wngb/richtige-abzocke-haftbefehl-besch…
## AUTOREN
Hengameh Yaghoobifarah
## TAGS
Usedom
Anschlag
Alltagsrassismus
Papst Franziskus
Bayern
Schwerpunkt Rassismus
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