# taz.de -- Härtere Strafen für Tierschutzaktivisten: Stall-Eindringlinge sto… | |
> Die Große Koalition will Tierschützer, die in Ställe eindringen, härter | |
> bestrafen. Aktivisten kritisieren das – sie sammeln wichtige | |
> Undercover-Bilder. | |
Bild: „Durch das Eindringen in Ställe werden Missstände dokumentiert“ | |
Berlin taz | Der Platz reicht vorne und hinten nicht: Schnauze und Hintern | |
des Schweins stoßen jedes Mal an die Käfigstangen, sobald es versucht, sich | |
zu strecken. Zu sehen sind solche Szenen auf Videos, die Tierschützer | |
heimlich in Ställen aufnehmen und anschließend ins Netz stellen. | |
Die Große Koalition will solche Aktionen in Zukunft härter bestrafen. „Wir | |
wollen Einbrüche in Tierställe als Straftatbestand effektiv ahnden“, heißt | |
es in einem Textentwurf aus der Arbeitsgruppe Landwirtschaft. | |
Tierschützer, die in Ställe eindringen, werden in der Regel wegen | |
Hausfriedensbruch angezeigt – zumindest solange sie nichts kaputtmachen | |
oder stehlen. Die Richter können dann abwägen, ob die öffentlich gemachten | |
Missstände das heimliche Eindringen in die Anlagen rechtfertigen. Das | |
Landgericht Magdeburg etwa hat im vergangenen Jahr drei Tierschützer | |
freigesprochen, nachdem sie Videos aus einer Schweinezuchtanlage in | |
Sachsen-Anhalt veröffentlichten. Der Hausfriedensbruch sei gerechtfertigt, | |
weil die Aktivisten Verstöße gegen die | |
Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung aufdeckten, begründete das Gericht. | |
Nicht nur der sächsische Bauernverband hält das für einen „Skandal“. Auch | |
die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann, die nun bei den | |
Koalitionsgesprächen über Landwirtschaft verhandelt hat, war empört. Sie | |
sei es leid, dass „Einbrüche in Ställen als legitim betrachtet werden“, | |
sagte sie letztes Jahr. | |
## Aktivisten fordern effektivere Kontrollen | |
Nun scheint es die Forderung nach härteren Strafen also in den | |
Koalitionsvertrag zu schaffen – zur Freude des Bauernverbands. Die | |
Formulierung gehe in die „richtige Richtung“, sagte Geschäftsführer | |
Bernhard Krüsken. Entscheidend sei jetzt aber die „konkrete Umsetzung und | |
konsequente Ahndung“. Polizei und Justiz müssten Einbrüchen in Tierställen | |
effektiver nachgehen. „Da gibt es gegenwärtig ein Vollzugs- und | |
Handlungsdefizit“, so Krüsken. Aus dem Papier geht allerdings nicht hervor, | |
auf welche Weise Stall-Eindringlinge in Zukunft härter verfolgt werden | |
sollen. Offenbar sind sich darüber auch die Verhandler nicht im Klaren. Was | |
der Satz konkret bedeute, sei unklar, erfuhr die taz aus | |
Verhandlungskreisen. Es brauche eine eingehende juristische Prüfung, bis | |
wirklich etwas passiert, so die Einschätzung. | |
Der Tierschutzverein Provieh lehnt solche Pläne ab. „Durch das Eindringen | |
in Ställe werden Missstände dokumentiert, die sonst nicht ans Licht | |
gekommen wären“, sagte Stefanie Pöpken, Provieh-Referentin für Rinder und | |
Geflügel. Sie fordert: „Bevor man die Aktivisten bestraft, sollte man dafür | |
sorgen, dass die Kontrollen effektiver werden.“ | |
Die Tierschutzorganisation Peta geht derweil nicht davon aus, dass | |
Tierschützer sich in absehbarer Zukunft allzu große Sorgen machen müssen. | |
„Das Eindringen in Tierställe kann nur als Hausfriedensbruch geahndet | |
werden“, sagte Edmund Haferbeck, Leiter der Rechtsabteilung, der taz. Daran | |
wird sich seiner Einschätzung nach auch in Zukunft nichts ändern. Der Satz | |
sei heiße Luft und diene nur dazu, die Landwirtschaft zufriedenzustellen. | |
„Die gesellschaftliche Debatte über Tierwohl und artgerechte Haltung ist | |
ausschließlich aufgrund der Undercover-Bilder von Tierschutzaktivisten | |
angestoßen worden“, sagte Haferbeck. Die Aktivisten, die heimlich in Ställe | |
eindringen, seien den Bauern und Landwirten deshalb schon lange ein Dorn im | |
Auge. | |
6 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Moritz Elliesen | |
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