# taz.de -- Neuer Weg im Wohnungsbau: Aldi auf der Spur der Grünen | |
> Der Lebensmittel-Discounter kündigt an, über 30 seiner Berliner Filialen | |
> rund 2.000 Wohnungen zu bauen. Die Idee gibt es schon länger. | |
Bild: Aldi will in Berlin über 30 seiner 130 Filialen rund 2000 Wohnungen bauen | |
Die Grünen-Fraktion hat es schon vor über drei Jahren vorgeschlagen, um | |
Flächen sparend an die nötigen neuen Wohnungen zu kommen, der Bund für | |
Umwelt und Naturschutz genauso: aus bloß eingeschossigen Supermärkten | |
mehrgeschossige Wohngebäude mit dem Einkaufsladen im Erdgeschoss machen. | |
Genau das hat jetzt die Discounter-Kette Aldi angekündigt: Sie will in den | |
nächsten fünf Jahren über 30 ihrer Berliner Filialen rund 2.000 Wohnungen | |
bauen. Ein erstes Projekt in Lichtenberg soll laut Aldi nächstes Jahr | |
fertig sein, ein zweites in Neukölln folgen, 15 weitere mit zusammen 600 | |
Wohnungen sollen schon in konkreter Planung sein. | |
Beim Grünen-Vorstoß 2014 war die Reaktion auf das theoretische | |
Neubau-Potenzial von weit über 10.000 Wohnungen durchaus skeptisch – was | |
sollte einen Supermarktbetreiber dazu bringen, sich den aufwändigen Umbau | |
anzutun? | |
Bei Aldi ist nun die Antwort: ein sowieso anstehender Umbau der insgesamt | |
130 Berliner Märkte des Unternehmens, der mit Abriss und Neubau einher | |
geht. Einfach aufzustocken gibt die auf einen eingeschossigen Bau | |
ausgelegte Statik der Märkte Aldi zufolge nicht her. | |
Was nicht heißt, dass nicht auch Aufstocken ohne Abriss möglich ist: 2016 | |
schon präsentierte ein Projektentwickler ein Modell, bei dem in Steglitz | |
ein Reichelt-Markt überbaut wurde. Abreißen und neu bauen wäre zwar | |
billiger, hieß es damals, aber mit einer Schließung des Supermarktes | |
während der Bauarbeiten verbunden gewesen. „Es ist absurd, dass wir uns in | |
Baulücken immer noch ein Geschoss Einzelhandel und drei Geschosse Luft | |
leisten“, urteilte schon damals der inzwischen ins Innenressort gewechselte | |
Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD), der nach eigener Darstellung | |
die zuständigen Bezirksstadträte zu solchen Projekten drängte. Stadtweit | |
300 Supermarktdachflächen galten als für einen Überbau geeignet, aktuell | |
ist von 330 die Rede. | |
Aldi verspricht sich auch mehr Umsatz durch den Wohnungsbau. „Natürlich | |
möchten wir an möglichst hoch frequentierten Lagen für unsere Kunden da | |
sein“, äußerte sich Aldis Chef-Immobilienverwalter Jörg Michalek, „die | |
Kombination von Märkten und Wohnungen ist deshalb eine konsequente und vor | |
allem zukunftsorientierte Lösung.“ Verbunden ist das Bauprojekt mit | |
größeren Ladenflächen bis zu 1.400 Quadratmeter statt bislang 800, was auch | |
eine größere Grundfläche für die künftigen Wohnungen ergibt. 30 Prozent der | |
Aldi-Wohnungen sollen Sozialwohnungen mit Mieten bis 6,50 Euro pro | |
Quadratmeter sein. Das entspricht Vorgaben des Landes bei Neubauprojekten. | |
Der Grünen-Abgeordnete Andreas Otto, der mit seiner Fraktionschefin Antje | |
Kapek 2014 eine Studie zu dieser Platz sparenden Bauvariante vorstellte, | |
sieht sich in seinem damaligen Werben bestätigt – „auch wenn die | |
politischen Mühlen zuweilen langsam mahlen“. Otto erwartet nun, dass es | |
eine solche Mischung wie bei Aldi nicht nur bei privaten Investoren gibt: | |
„Wir wollen Schulgebäude mit diversen Nutzungen: Ateliers, Bibliotheken, | |
Cafés oder Studentenwohnen im Dachgeschoss.“ | |
Auch von der CDU kam Lob, aber verbunden mit Kritik an der Landesregierung: | |
„Es ist aber bezeichnend, dass ein Lebensmitteldiscounter dem | |
rot-rot-grünen-Senat aus der Patsche helfen muss, weil dieser mit den | |
eigenen großen Bauvorhaben nicht vorankommt“, kommentierte der Spandauer | |
Bundestagsabgeordnete Kai Wegner. | |
1 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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