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# taz.de -- EuGH-Urteil gegen Ungarn: Kein Test für schwulen Asylbewerber
> Ein wegen seiner Homosexualität verfolgter Nigerianer wurde Psychotests
> unterzogen, die seine sexuelle Orientierung in Frage stellten.
Bild: Rorschach-Tests zur Feststellung von Homosexualität sind nicht zulässig
Luxemburg taz | Asylbehörden dürfen zur Feststellung, ob ein Antragssteller
tatsächlich homosexuell ist, keine psychologischen Tests einsetzen. Das hat
jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Der EuGH ließ offen,
ob solche Tests überhaupt zuverlässig sind, dies müssten die nationalen
Gerichte entscheiden. Solche Psychotests seien im Asylverfahren aber
generell unzulässig, weil sie unverhältnismäßig in das Recht auf Privatheit
eingreifen.
Der EuGH beruft sich dabei auf die von internationalen Menschenrechtlern
aufgestellten Yogyakarta-Prinzipien (benannt nach der indonesischen Stadt
Yogyakarta). Danach darf niemand aufgrund seiner sexuellen Orientierung
oder seiner sexuellen Identität gezwungen werden, sich psychologischen
Tests zu unterwerfen.
Wenn sich ein Asylbewerber auf die Verfolgung von Homosexuellen im
Herkunftsstaat beruft, komme es, so der EuGH, vor allem auf eine
glaubwürdige und schlüssige Schilderung der eigenen Situation sowie der
Situation im Heimatland an. Der Einsatz von Sachverständigen sei dabei
nicht ausgeschlossen, zum Beispiel um die Lage von Homosexuellen in einem
bestimmten Staat festzustellen. (Az.: C-473/16)
Ausgelöst wurde das EuGH-Urteil durch einen Fall aus Ungarn. Ein Nigerianer
hatte dort im April 2015 Asyl beantragt. Als Homosexueller fürchte er, in
Nigeria verfolgt zu werden. Die ungarische Asylbehörde hielt seine Aussage
zwar für schlüssig, lehnte den Asylantrag aber ab, weil ein psychologischer
Gutachter die behauptete Homosexualität nicht bestätigte.
## Tests sind generell unzulässig
Bei dem Gutachter musste der Nigerianer neben einem Gespräch auch
verschienede Persönlichkeitstests absolvieren. So musste er „eine Person im
Regen“ zeichnen. Beim Rorschach-Test musste er Tintenkleckse
interpretieren. Und beim Szondi-Test musste er Portraitbilder nach
Sympathie und Antipathie ordnen. Dabei gilt als Maßstab, welche Antworten
Homosexuelle typischerweise in solchen Tests geben. Wie aussagekräftig
diese Tests generell sind und ob mit ihrer Hilfe Homosexuelle identifiziert
werden können, ist umstritten.
Mit dem Urteil sind Testverfahren zur Feststellung von Homosexualität im
Asylverfahren nun generell ausgeschlossen. Der EuGH hatte schon 2014
phallometrische Tests verboten. Dabei mussten Asyl-Antragsteller, die sich
auf ihre Homosexualität beriefen, Pornos für heterosexuelle Männer ansehen.
Dabei wurde der Blutfluss in ihrem Penis gemessen. Wenn sie durch die
Bilder sexuell erregt wurden, galten sie als unglaubwürdig. Der EuGH
wertete solche Tests als Verstoß gegen die Menschenwürde.
Im deutschen Asylverfahren gibt es schon länger keine Psycho-Tests für
Homosexuelle mehr. Phallometrische Tests wurden nie durchgeführt.
„Weder Stigmatisierungen noch das Ausleuchten intimster Lebensbereiche sind
mit den Menschenrechten der Betroffenen vereinbar“, sagte Pro Asyl
Rechtsreferentin Marei Pelzer. „Es gibt keine psychologischen Tests oder
andere Verfahren, mit denen man feststellen kann, ob jemand homosexuell ist
oder nicht“, so René Mertens vom Lesben- und Schwulenverband (LSVD).
25 Jan 2018
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
EuGH
Homosexualität
Ungarn
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