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# taz.de -- Korrespondentin kritisiert Lohnlücke: Zahlentricks bei der BBC
> Der Sender will mit Statistiken den Vorwurf entkräften, er bezahle Frauen
> schlechter. Die Anwältin von Carrie Gracie lässt das nicht gelten.
Bild: Carrie Gracie will nicht China-Korrespondentin sein, solange die BBC sie …
London taz | Die Anwältin der BBC-Korrespondentin Carrie Gracie, Jennifer
Millins, wirft dem britischen Sender vor, er entziehe sich mit
Zahlenspielereien dem Vorwurf der Ungleichbehandlung. „Die Aussagen der BBC
sind völlig irreführend“, sagte Millins der taz.
Der britische Sender verteidigt sich gegen Vorwürfe seiner
China-Redakteurin Gracie wegen ungleicher Bezahlung von Frauen und Männern.
Gracie hatte [1][am Sonntag] ihre Stelle in Peking gekündigt, weil sie ein
Drittel weniger verdiene als ihre männlichen Kollegen. Ihrem Arbeitgeber
warf sie [2][in einem offenen Brief] vor, nichts gegen die Gender Pay Gap
unter seinen Angestellten zu unternehmen.
Die BBC führte dagegen den Ungleichheitsquotienten der Gender Pay Gap (GPG)
an. Dieser liege in Großbritannien nach offiziellen Statistiken insgesamt
bei 18.1 Prozent, bei der BBC „nur“ bei 9 Prozent. Die Situation beim
Sender sei also besser als bei vielen anderen Betrieben.
Der GPG-Quotient gibt an, wie viel Männer im Durchschnitt mehr verdienen
als Frauen. Seit April vergangenen Jahres sind britische Unternehmen
gesetzlich verpflichtet, Geschlechterverhältnisse bei den Gehältern
offenzulegen.
## Zahl mit zu wenig Aussagekraft
Gracie-Anwältin Millins verwirft den Verweis auf den GPG-Quotienten
gegenüber der taz als viel zu grob, um damit individuelle Diskriminierung
ausschließen zu können. Als Vergleich nennt sie die Luftfahrtgesellschaft
Easyjet, bei der der Ungleichheitsquotient bei 45 Prozent liegt. „Das sieht
auf den ersten Blick schrecklich aus, es bezieht sich jedoch auf die
Tatsache, dass die meisten Piloten bei Easyjet männlich sind und die
meisten Angestellten im Servicebereich Frauen“, so Millins. „Die Bezahlung
ist bei Easyjet für jeden Posten aber die gleiche, egal ob Mann oder Frau.“
Solche Zahlen schlössen gerade diejenigen Frauen aus, die am meisten
betroffen seien, sagt die Anwältin Millins. Jene Frauen also, die trotz
Glasdecke höhere Posten erreichten und meist auch on air arbeiteten. Der
offizielle GPG-Quotient dokumentiert ungleiche Bezahlung insgesamt, nicht
aber den Unterschied bei Gehältern in vergleichbaren Positionen. Genau
darum aber geht es der Korrespondentin Gracie.
## Kolleg*innen solidarisieren sich
Millins erklärte weiter, dass Carrie Gracies Schritt als Ausdruck ihrer
Frustration darüber zu verstehen sei, dass der interne
Beschwerdemechanismus bisher nicht zur gesetzlich vorgeschriebene
Gleichberechtigung geführt habe. Gracie hatte ein Angebot der BBC über eine
Gehaltserhöhung ausgeschlagen. Sie will nun in die Londoner Redaktion
wechseln und hofft dort auf Gleichbezahlung.
Nach Gracies Rücktritt am vergangenen Sonntag hatten viele Kolleg*innen in
den sozialen Medien unter dem Hashtag [3][#IstandwithCarrie] („Ich bin auf
Carries Seite“) solidarisiert. Einige, wie die BBC-Journalistin Naga
Munchetty, twitterten eine Erklärung des Bündnisses „BBC Women“, dem 130
Journalistinnen angehören. Das Statement fordert, dass das Problem der
Ungleichbehandlung im Fall von Gracie und dem gesamten Unternehmen gelöst
wird. Die Rede ist von bis zu 200 Beschwerden von Frauen in verschiedensten
Bereichen der BBC, sowie von 120 Fällen, die der britische
Journalistenverband NUJ betreue.
Schon im Oktober 2017 war bekannt geworden, dass mindestens zehn
hochrangige BBC-Mitarbeiterinnen rechtliche Klagen wegen Unterschieden in
der Bezahlung bei Frauen und Männern eingereicht hätten.
Auch männliche Kollegen twitterten, darunter Evan Davies, ein bekannter
Moderator der BBC-Fersehnachrichtensendung „Newsnight“. Trotz der breiten
Unterstützung in den sozialen Medien wollte keiner der
BBC-Mitarbeiter*innen auf direkte Anfrage weitere Angaben zum Thema machen.
Schon am Dienstag hat sich allerdings die britische Kommission für
Gleichberechtigung und Menschenrechte eingeschaltet. Man habe sich mit der
Bitte an die BBC gewendet, weiteren Ausführungen zu dem spezifischen Fall
und der generellen Situation im Sender zu machen.
Der Labour-Abgeordnete Chris Bryant forderte indes, dass John Humphries,
ein alteingesessener Moderator der BBC-Nachrichtensendung „Today“ und in
dieser Woche pikanterweise Komoderator mit Gracie, sein jährliches
Einkommen halbieren solle. Humphries verdient über 600.000 Pfund im Jahr
(677.000 Euro). Carrie Gracies hatte die BBC 180.000 Pfund angeboten.
12 Jan 2018
## LINKS
[1] /!5472575/
[2] https://carriegracie.com/news.html
[3] https://twitter.com/search?q=%23IstandwithCarrie&src=typd
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn
## TAGS
BBC
Gender Pay Gap
Gleichberechtigung
Korrespondenten
Löhne
Gender Pay Gap
Diskriminierung
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