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# taz.de -- Die Wahrheit: Scooterman auf einer Party
> Manchmal muss man für sein Recht zu feiern kämpfen: vor allem wenn
> überall Hindernisse wie Funklöcher und Exfreundinnen lauern.
Als Scooterman in der Nacht von Samstag zu Sonntag zum letzten Mal auf die
Uhr schaute, behauptete die, dass es Viertel nach zwei wäre. Und es gab für
den Scooterman keinen Grund, das zu bezweifeln. Hinter ihm lag nämlich eine
Party, wie sie wegen seiner multiplen Sklerose in seinem Leben selten
geworden waren. Jedenfalls in den letzten Jahren. Seitdem er einen
Handrollstuhl brauchte, um vom Bett zum Waschbecken zu kommen.
Die Party war in Schöneberg und somit nur wenige Kilometer von der Wohnung
des Scootermans im Berliner Stadtteil Charlottenburg entfernt. Allerdings
ging schon auf dem Weg dahin so viel schief, dass man irgendwann nur noch
die Wahl hatte, sich vor die nächste U-Bahn zu schmeißen oder laut zu
lachen.
Eigentlich war alles super geplant: Christian, Freund des Scootermans seit
vielen Jahren, sollte ihn abholen und ins vorbestellte Taxi werfen. Auf der
Party wollte Klaus, nicht nur Freund, sondern ausgebildeter Kranken- und
Altenpfleger des Scooter-mans, gleich nach seinem Schichtende um zehn Uhr
auftauchen, um Scooterman zu übernehmen. Ihn spätestens gegen ein Uhr ins
Taxi und dann nach Hause ins Bett bringen.
## U-Bahn statt Uber
Allerdings: Die Telefone waren mal wieder rund um die Spree defekt. Das
Taxi erschien nicht, weil weder das Unternehmen den Scooterman noch der
Scooterman das Unternehmen erreichen konnte. Freund Christian fackelte
nicht lange und schob den Scooterman zur U-Bahn-Station, wo er jedoch eine
Bahn wählte, die in die falsche Richtung fuhr. Also mussten sie die U-Bahn
und die Richtung wechseln. Was zur Folge hatte, dass sie für die paar
Kilometer anderthalb Stunden brauchten.
Dort angekommen, rollte der Scooterman fast in seine Exfreundin. Da die
beiden seit mehr als zwei Jahren kein Paar mehr waren, konnten sie sich
zivilisiert wie zwei erwachsene Menschen verhalten. Dass der Scooterman
seiner Ex Hasenohren machte, sobald sie ihm den Rücken zudrehte, bekam
ohnehin kaum jemand mit.
## Gähn! Krach! Bumm!
Gegen ein Uhr begann Scooterman durchaus demonstrativ zu gähnen. Nur, wo
war eigentlich Klaus? Sicher beschäftigt mit Damen becircen. Da die Party
ohnehin seit einer halben Stunde gehörig Gäste verlor, waren schnell
genügend Männer für den Rücktransport gefunden. Dabei konnten sich die
stärksten fünf allerdings nicht einigen, wie der Scooterman am besten die
Treppe hinunterzutragen wäre. Immerhin waren keine Fleischwunden zu
beklagen. Obwohl die fünf Träger eine Kurve im Treppenhaus drastisch falsch
einschätzten. Aber die eine Beule, das konnte Scooterman schon abends im
Bett spüren, würde deutlich weniger groß werden, als er zunächst befürchtet
hatte. Scooterman war sich nicht zu fein gewesen, die Kollision mit seinem
Hinterkopf abzufangen.
„Hoffentlich schnarche ich nicht so laut“, war der letzte Gedanke des
Scootermans, als er einschlief. Und laut zu schnarchen begann.
18 Jan 2018
## AUTOREN
Knud Kohr
## TAGS
Scooterman
Party
Berlin-Schöneberg
Multiple Sklerose
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Scooterman
Rollstuhl
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