# taz.de -- Attentäter von Hamburg-Barmbek: Der Mann, der „Terrorist“ sein… | |
> Der Messerstecher bekennt sich vor dem Hamburgischen Oberlandesgericht | |
> schuldig. Der Polizei sagte er, Gott habe ihn zu seiner Tat inspiriert. | |
Bild: Eher diffuse Verbindung zum IS: Ahmad A. im Gerichtssaal | |
HAMBURG taz | Der Messer-Attentäter von Barmbek hat sich „in allen | |
Anklagepunkten ausdrücklich schuldig bekannt“. Wie bei der Verhandlung am | |
Freitag vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht deutlich wurde, will er von | |
Gott zu seiner Tat inspiriert worden sein. Der Palästinenser hatte sich vor | |
der Tat sieben Jahre lang in verschiedenen europäischen Ländern aufgehalten | |
und dort überall vergeblich Asyl beantragt. Außerdem bemühte er sich nach | |
eigenen Angaben vergebens, in den Gaza-Streifen auszureisen. | |
Der 26-jährige Ahmad A. hat am 28. Juli um 15 Uhr in einem Supermarkt in | |
der Fuhlsbüttler Straße ein Kochmesser aus dem Regal genommen und damit | |
einen Mann erstochen sowie mehrere Menschen zum Teil schwer verletzt. | |
Passanten überwältigten den 26-Jährigen schließlich, indem sie mit Stühlen | |
auf ihn einschlugen. | |
Die Bundesanwaltschaft wirft Ahmad A. Mord und versuchten Mord vor: Er habe | |
aus niederen Motiven arglose Menschen angegriffen. Damit habe er versucht, | |
das Unrecht zu vergelten, das aus seiner Sicht die Muslime weltweit | |
erführen. | |
Vor Gericht ließ A. seinen Anwalt eine Erklärung verlesen, in der von einer | |
„sehr großen inneren Anspannung“ am Tag der Tat die Rede ist und auch | |
davon, dass die Tat einen „religiösen Hintergrund“ gehabt habe. Näheres zu | |
seiner vermutlichen Motivation schilderten zwei Polizeibeamte. Bei der | |
ersten kurzen Vernehmung am späten Abend des Tattages habe A. darauf | |
bestanden, dass auf dem Vernehmungsbogen vermerkt wurde: „Ich bin | |
Terrorist.“ | |
Bei seiner späteren Aussage äußerte Ahmad A. nach der Erinnerung des | |
vernehmenden Beamten, dass er gerne mehr Menschen – und zwar weiße Christen | |
– getötet hätte. „Man hat gemerkt, dass er sehr stolz war, dass er das | |
gemacht hat“, sagte der Beamte. Zudem habe A. während der Vernehmung von | |
sich aus plötzlich einen Treueschwur auf den Führer der sunnitischen Miliz | |
„Islamischer Staat“ (IS), Abu Bakr al-Bagdadi, geleistet. | |
## Der IS hat sich nicht zu der Tat bekannt | |
Der Angeklagte A. hatte zwar eine selbst gebastelte IS-Fahne in seinem | |
Wohnheimzimmer, der IS bekannte sich aber nicht zu seiner Tat im | |
Supermarkt. Anhaltspunkte für weitere Tatbeteiligte oder die Einbindung A.s | |
in eine terroristische Vereinigung hätten sich auch nicht ergeben, teilte | |
die Bundesanwaltschaft mit. | |
Wie A. der Polizei sagte, hat er in der Nacht vor der Tat sehr lange | |
gebetet. Am Morgen fuhr er zu der Sprachschule, in der er einen Deutschkurs | |
besuchte; danach zur Ausländerbehörde, wo er nach Papieren für seine | |
Ausreise fragte; dann in eine Moschee zum Freitagsgebet und schließlich zu | |
dem Supermarkt in Barmbek. Auf dem Weg zur Moschee oder dort selbst will er | |
laut der Vernehmung eine „Gabe Gottes“ empfangen haben, nämlich den Auftrag | |
zu dem Attentat. | |
Religiös durchlebte A. „intensive und weniger intensive Phasen“, wie er vor | |
Gericht sagte. Manchmal sei er auch nur seiner Lust hinterher gelaufen. | |
Darüber, ob er sich über islamistische Organisationen informierte hat, | |
mochte er nicht sprechen, auch nicht über seinen Alkohol- oder | |
Drogenkonsum. | |
Ahmad A. ist in Saudi-Arabien geboren. Als er neun Jahre alt war, zog seine | |
Familie in den Gaza-Streifen. Nach dem Abitur studierte er ein Semester | |
Zahnmedizin in Ägypten. Die Studiengebühren dort seien aber sehr hoch. | |
Also habe er sich entschlossen, nach Europa zu reisen, auch weil er vom | |
westlichen Leben fasziniert gewesen sei und ein besseres Leben gesucht | |
habe. Nach der Ablehnung seiner Asylanträge habe er auch den Eindruck | |
gehabt, „das ich nicht willkommen bin in diesen Ländern“. | |
13 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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