| # taz.de -- Erobique legt in Berlin auf: Willkommenssause für 2018 | |
| > Der vielseitigste Entertainer der Republik, Erobique aus Hamburg, macht | |
| > an Neujahr im Festsaal Kreuzberg Musik – zum dritten Mal in Folge. | |
| Bild: Die „lebende Diskokugel“ Erobique alias Carsten Meyer | |
| Immer dieser Stress mit Silvester. Die Bedeutungsaufladung, die potenzielle | |
| Enttäuschung. Und überhaupt, warum sollte man dieses nun endende Jahr 2017 | |
| mit Saus und Braus verabschieden? Lieber verpasst man ihm einen knackigen | |
| Arschtritt, geht beizeiten schlafen [1][und ist am folgenden Abend fit für | |
| eine Willkommenssause fürs neue Jahr]. Carsten „Erobique“ Meyer sieht das | |
| ähnlich. | |
| Bereits zum dritten Mal wird der Hamburger Musiker und Entertainer zu | |
| Neujahr das Berliner Publikum bespaßen. Sorgen, dass die Menschen an dem | |
| Abend zu totgespielt für seine muntere Disco sein werden, muss er sich | |
| nicht machen, die Veranstaltung war im Nu ausverkauft. „Ich habe vor ein | |
| paar Jahren damit angefangen“, erklärt er, „weil ich das Silvester-Getue | |
| leid war und dachte, ich kann nicht der Einzige sein, der so tickt. Es | |
| kamen auch eher erwachsene Menschen, die genossen haben, dass man an | |
| Neujahr gepflegt ausgehen kann. Da ich das seit 20 Jahren mache, wissen die | |
| Leute, was sie erwartet. Sie kommen mit einer großen Offenheit.“ | |
| Erwarten darf man eine Party, bei der er zum Sampler auf seinen Keyboards | |
| spielt, dazu singt und mit wilden Improvisationen dem Genre Disco huldigt. | |
| Auch auf Publikumsseite darf nicht nur getanzt, sondern durchaus | |
| raumgreifend mitgesungen werden. Naturgemäß liegt bei Erobiques | |
| Disco-Faible ein Schwerpunkt auf den siebziger Jahren, doch auch anderes | |
| ist willkommen. | |
| Früher, so erklärt Meyer, habe er sich mehr Gedanken um die Dramaturgie | |
| eines solchen Abends gemacht. Mittlerweile sei er der Überzeugung, dass es | |
| am besten funktioniere, wenn er die Musik spielt, auf die er Lust hat, und | |
| seine Freude überspringt. | |
| „Ich glaube, dass in dem Business zu viel Bohei um Konzepte und Derartiges | |
| gemacht wird. Bei mir gibt es keinen intellektuellen Überbau, eher die | |
| Befreiung davon. Ich weiß, dass man auch zu einer Jukebox in einer | |
| Hamburger Kiezkneipe tanzen kann. Es ist relativ simpel: Die Leute wollen | |
| ausgehen, eine gute Zeit haben und tanzen.“ Meyer lässt das mit dem | |
| Loslassen, der Entgrenzung, was Menschen ja scheinbar immer schwerer fällt, | |
| ganz leicht erscheinen. | |
| Der gebürtige Münsteraner blickt auf eine illustre Laufbahn zurück. Beim | |
| Hamburger Trio International Pony, dem wir zwei grandiose Alben verdanken, | |
| spielte er Keyboard und arrangierte, ebenso bei der Band Einbahnstraße. | |
| Zudem kompiliert er mit Regisseur Arne Feldhusen die Musik für die | |
| Comedy-Serie „Die Tatortreiniger“. „Jede Folge hat ihre eigene musikalisc… | |
| Identität. Es macht großen Spaß, das auszusuchen.“ Auch den Soundtrack zur | |
| Sven-Regener-Verfilmung „Magical Mystery Tour“ hat Meyer produziert. | |
| Zudem betreibt er ein Label, A Sexy. „Das habe ich allerdings nur | |
| gegründet, damit ich meine seltsamen Siebziger-Jahre-Experimente | |
| veröffentlichen kann. Doch vielleicht erscheint da bald auch andere Musik.“ | |
| Auch wenn er den Ball flach hält und seinem Spaß an der Musik gar nicht mit | |
| Meta-Diskursen aufladen will, liefert er mit seinem | |
| Im-Hier-und-Jetzt-Feiern trotzdem ein analoges Gegenmodell zur | |
| effekthascherischen Instagramisierung des Popbetriebs. | |
| In seiner Wahlheimat Hamburg, so erzählt er, habe er ein großes, | |
| gemütliches Studio, das er zu einem Ort der Begegnung macht. „Gerade in den | |
| letzten Wochen sind viele Leute vorbeigekommen, um mit mir oder zusammen | |
| mit anderen Musik zu machen. Das muss dann auch nicht immer gleich | |
| veröffentlicht werden. Es ist mir eine Riesenfreude, eine Art | |
| Musikschulzimmer zu haben, in dem alle ein und aus gehen. Ich mache einfach | |
| sehr gerne Musik mit anderen, aus so einem Anti-Isolations-Ding heraus.“ | |
| Auch Sophia Kennedy, die dieses Jahr ihr ideenstrotzendes, ganz und gar | |
| angstfrei erscheinendes Debütalbum herausgebracht hat, war unlängst wieder | |
| da. 2013 hatten die beiden mit „Angel Lagoon“ Kennedys erste | |
| Veröffentlichung zusammen aufgenommen. | |
| An Neujahr wird Erobique allein auf der Bühne stehen – anders als etwa bei | |
| seinem Auftritt beim Popkultur-Festival im Sommer, als er das Experiment | |
| wagte, ihm unbekannte Menschen zum Mitmusizieren auf die Bühne zu holen. | |
| Was übrigens ziemlich gut funktioniert hat und sein Publikum einem | |
| Wechselbad der Gefühle aussetzte. Erwartungen brechen macht ihm nämlich | |
| fast noch mehr Spaß, als die „lebende Diskokugel“ zu geben, als die er mal | |
| bezeichnet wurde. Das eklektische Rahmenprogramm an den Plattentellern wird | |
| Douglas Campbell – Erobique bezeichnet ihn gerne als Mentor – beisteuern. | |
| Erobique versteht sich einfach drauf, Dinge um sich herum zum Sprudeln zu | |
| bringen. Von so jemand lässt man sich doch gern ins neue Jahr schaukeln. | |
| 31 Dec 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.youtube.com/watch?v=OHnvegdPWvg | |
| ## AUTOREN | |
| Stephanie Grimm | |
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