# taz.de -- Kommentar Beziehungen zur Türkei: Teetrinken mit Gabriel | |
> Die Türkei steuert immer weiter Richtung Autokratie. Kritik wird auch | |
> dann nötig bleiben, wenn deutsche Staatsbürger wieder frei sind. | |
Bild: Wo man sich gegenseitig nutzt, bleibt Kritik schnell auf der Strecke | |
Die Bilder [1][vom Wochenende in Goslar] suggerieren, zwischen Deutschland | |
und der Türkei gehe es wieder aufwärts. Da wird bei Gabriels zu Hause mit | |
dem türkischen Kollegen Çavuşoğlu Tee getrunken und anschließend mit | |
fahnenschwingender Begleitung türkischer Erdoğan-Fans durch die Stadt | |
spaziert. Man redet zwar noch über Differenzen, aber die Bilder zeigen | |
etwas anderes: Schwamm drüber, man kann sich ja nicht ewig anfeinden. | |
Sosehr das Bemühen, [2][die Beziehungen] grundsätzlich wieder zu | |
verbessern, begrüßt werden muss, sollte man sich doch daran erinnern, dass | |
der Konflikt ja nicht aus der persönlichen Abneigung zweier Außenminister | |
entstanden ist. Im Gegenteil: Er hat ganz klare politische Gründe. | |
Präsident Recep Tayyip Erdoğan steuert die Türkei seit Jahren in eine | |
Autokratie, die sich um demokratische Teilhabe, [3][Meinungsfreiheit] und | |
rechtsstaatliche Verfahren immer weniger schert. Insbesondere im | |
[4][Nachgang zum Putschversuch] im Juli 2016 ist in der Türkei kein | |
Oppositioneller mehr sicher, im herrschenden Ausnahmezustand machen Polizei | |
und Justiz, was Erdoğan will, und das Parlament ist nur mehr Fassade. | |
Daran hat sich rein gar nichts geändert, auch wenn die türkische Justiz | |
einige deutsche Staatsbürger aus der U-Haft entlassen hat, und selbst wenn | |
der seit nun fast einem Jahr inhaftierte Deniz Yücel auch aus dem Gefängnis | |
käme, säßen immer noch rund weitere 150 Journalisten in Haft. | |
Deutschland und die EU können und sollen nicht die Innenpolitik der Türkei | |
bestimmen. Doch solange im Land der Ausnahmezustand herrscht, soll man auch | |
nicht so tun, als könne man zur Normalität zurückkehren. Selbst wenn alle | |
deutschen und deutsch-türkischen Staatsbürger entlassen werden, was | |
hoffentlich bald passiert, bleiben die Differenzen über einen | |
funktionierenden Rechtsstaat, demokratische Regeln und freie | |
Meinungsäußerung. | |
Es ist gut, miteinander zu reden, es ist gut, dies möglichst sachlich und | |
auch „auf Augenhöhe“ zu tun, und es schadet auch nichts, gemeinsame | |
Ansichten wie in der Jerusalemfrage festzuhalten, aber man muss dabei | |
bleiben, den Kurs der türkischen Politik zu kritisieren, wo es notwendig | |
ist. Tauschgeschäfte, Rüstungslieferungen und Hermesbürgschaften verbieten | |
sich nach wie vor von selbst. | |
7 Jan 2018 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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