# taz.de -- Sozialdemokraten in Norwegen: Arbeiterpartei in der #metoo-Krise | |
> Die Partei steckt schon seit der Wahl im vergangenen Herbst in der Krise. | |
> Jetzt muss ihr Vize wohl wegen Belästigungsvorwürfen gehen. | |
Bild: „Auf unbestimmte Zeit freigestellt“: Der Vize-Vorsitzende der Arbeite… | |
STOCKHOLM taz | Nach der Wahlniederlage im Herbst war er noch als möglicher | |
Nachfolger des angeschlagenen Parteichefs genannt worden. Nun sieht es eher | |
nach einem Ende der politischen Karriere des Vizevorsitzenden der | |
norwegischen Sozialdemokraten aus: Am Montagabend wurde Trond Giske „auf | |
unbestimmte Zeit freigestellt“. Die Arbeiterpartei habe in den letzten | |
Tagen neue Informationen über „unpassendes sexuelles Verhalten“ des | |
51-Jährigen erhalten, begründete Parteichef Jonas Gahr Støre diesen Schritt | |
am Dienstag in einem Interview. „Ich nehme diese Informationen ernst und | |
glaube ihnen.“ | |
Damit vollzog der Vorsitzende binnen zwei Wochen eine 180-Grad-Wende. Mitte | |
Dezember hatten mehrere Zeitungen von Frauen berichtet, die sich bei der | |
Parteiführung über Giskes „unpassende und unerwünschte Annäherungen | |
sexueller Art“ beklagt hatten. Die Vorwürfe hatte Gahr Støre damals noch | |
zurückgewiesen: So etwas könne er sich nicht vorstellen. Zu Giske habe er | |
volles Vertrauen. | |
Es bedurfte erst eines öffentlichen Aufrufs mehrerer führender weiblicher | |
Parteimitglieder, die entsprechende Anschuldigungen bestätigten. Sie | |
berichteten über eine in der Partei seit Jahren weit verbreiteten | |
„Unkultur“, bei der Frauen immer wieder beklagten, sich gegen unerwünschte | |
Annäherungsversuche wesentlich älterer Genossen wehren zu müssen. Nun | |
meldete Giske sich krank und gestand „unpassendes und nicht akzeptables | |
Benehmen“ ein, für das er sich „in aller Form entschuldige“ – und Gahr | |
Støre versprach eine umfassende Prüfung. | |
Was dann zwischen Weihnachten und Neujahr passierte, beschrieb die linke | |
Tageszeitung Klassekampen als „seit Jahren schwerste Krise der | |
Sozialdemokraten“. Das liberale Dagbladet sprach von der | |
„auseinanderbrechenden Führung“ einer Partei, „die einmal für eine | |
Frauenrevolution stand und die Frauen jetzt verraten hat, um Männer zu | |
beschützen“. | |
## Seit Jahren von den Vorwürfen gewusst | |
Hadia Tajik, selbst stellvertretende Parteivorsitzende, warf der | |
Parteispitze vor, seit Jahren von Vorwürfen gegen Giske gewusst, darauf | |
aber „nicht adäquat reagiert“ zu haben: „Diese Informationen sind für m… | |
empörend, als Mensch, stellvertretende Vorsitzende und Juristin.“ Die | |
Osloer Kommunalpolitikerin Line Oma konstatierte selbstkritisch: „Wir haben | |
den Elefanten im Raum nicht thematisiert.“ | |
Im Sommer waren Norwegens Sozialdemokraten noch als große europäische | |
Ausnahme gehandelt worden: keine Partei in der Krise, sondern im | |
Aufschwung, und kurz davor, wieder Regierungspartei zu werden. Nach der | |
unerwarteten Wahlniederlage im September, für die viele in der Partei den | |
Rechtskurs von Gahr Støre verantwortlich machten, steht der | |
Parteivorsitzende nun für sein Verhalten im Fall Trond Giske erneut in | |
heftigster Kritik. | |
Die Zweifel an seinen Führungsfähigkeiten seien damit noch gewachsen, | |
kommentiert Dagbladet: Er trage schwere Verantwortung für das klägliche | |
Bild, das Norwegens größte Oppositionspartei derzeit biete. | |
2 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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