# taz.de -- Opposition in Tadschikistan: Mal eben weggesperrt | |
> Der unabhängige Journalist Khayrullo Mirsaidow sitzt in | |
> Untersuchungshaft. Er wird der Unterschlagung und Falschaussage | |
> bezichtigt. | |
Bild: Feind der Medienfreiheit: Präsident Emomali Rahmon | |
Berlin taz | In Tadschikistan ist eine weitere regierungskritische Stimme | |
zum Schweigen gebracht worden. Khayrullo Mirsaidow, Journalist und Leiter | |
des örtlichen Satirevereins KVN, wurde in der vergangenen Woche in seiner | |
Heimatstadt Khujand in der nördlichen Region Sughd festgenommen. | |
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 39jährigen Unterschlagung, Aufstachelung | |
zu ethnischem und religiösen Hass sowie Falschaussagen gegenüber der | |
Polizei vor. Ein Gericht gab einer Forderung der Staatsanwaltschaft statt, | |
wonach Mirsaidow zunächst zwei Monate in Untersuchungshaft bleiben soll. Im | |
Falle einer Verurteilung drohen ihm 21 Jahre Gefängnis. | |
Im November hatte Mirsaidow den autoritären Präsidenten Emomali Rahmon, den | |
Generalstaatsanwalt Jusuf Rahmon sowie den Chef der Verwaltung der Region | |
Sughd Abdurakhmon Kodiri in einem offenen Brief aufgefordert, | |
Korruptionsvorwürfen nachzugehen. | |
So soll der Verantwortliche für Jugend und Sport in der Gebietsverwaltung | |
Sughd 1000 Dollar Schmiergeld aus Mitteln eingefordert haben, die dem | |
Verein KVN zustehen. Von dem Geld sollten unter anderem Mikrophone für | |
Vorstellungen gekauft werden. | |
## Zugang zu einem Anwalt | |
Mirsaidow sei das letzte Opfer des repressiven Vorgehens der Regierung | |
gegen Oppositionelle, sagte Steve Swerdlow, der bei der | |
US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch für Zentralasien zuständig | |
ist. Die tadschikische Regierung müsse sicherstellen, dass die Rechte von | |
Mirsaidow in der Haft gewahrt blieben, er nicht gefoltert werde, Zugang zu | |
einem Anwalt habe und alsbald frei komme. | |
Auch die US-Nichtregierungsorganisation Komitee zum Schutz von Journalisten | |
(CPJ) forderte die Freilassung von Mirsaidow. „An einem Ort, wo freie | |
Medien und kritische Stimmen fast nicht mehr existieren, sollten | |
Journalisten wie Mirsaidow für ihre wichtige Arbeit Anerkennung bekommen | |
und nicht aufgrund von gefälschten Anschuldigungen weg gesperrt werden“, | |
sagte der stellvertretende Geschäftsführer von CPJ Robert Mahoney. | |
Mirsaidow, der unter anderem für die Deutsche Welle und als Medientrainer | |
arbeitete, steht seit 2000 für unabhängigen und kritischen Journalismus in | |
der zentralasiatischen Republik Tadschikistan. Zu seinen bevorzugten Themen | |
gehören Menschenrechte, ökologische Fragen sowie die Situation ethnischer | |
Minderheiten. Sein Satireverein KVN gewann mehrfach Wettbewerbe in den | |
Staaten der früheren Sowjetunion. | |
Mirsaidows Schicksal ist kein Einzelfall. Kritische Journalisten stehen bei | |
der Staatsmacht ganz weit oben auf der Schwarzen Liste. Allein in den | |
vergangenen zwölf Monaten haben 20 Journalisten aus Angst vor Verfolgung | |
wegen ihrer beruflichen Tätigkeit Tadschikistan verlassen. | |
Zudem gelten für Medienmacher seit dem vergangenen April strengere Regeln | |
für eine Berichterstattung über den Präsidenten. Dieser muss bezeichnet | |
werden als „Stifter von Frieden und nationaler Einheit, Führer der Nation, | |
Präsident der Republik Tadschikistan Seine Exzellenz Emomali Rahmon.“ | |
14 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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