# taz.de -- Afrikanische Schweinepest in Deutschland: Wild Wild Schwein | |
> Die Population in Deutschland wächst. Aus Angst vor der Afrikanischen | |
> Schweinepest greift man in Mecklenburg- Vorpommern nun zu rabiaten | |
> Methoden. | |
Bild: Vom Abschuss bedroht: Wildschwein | |
Es wackelt im Maisfeld. Seit Jahren pflanzen sich Wildschweine munter auf | |
dem gedeckten Tisch der Landwirtschaft fort. Jetzt bedroht das Schwarzwild | |
durch die drohende Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest die | |
deutsche Fleischindustrie. Viele Landesregierungen wollen die Jagd deswegen | |
finanziell fördern – und somit das Ausbreitungsrisiko reduzieren. | |
„Der Abschuss ist ethisch stark verwerflich“, sagt Peter Höffken, | |
Fachreferent für Wildtiere von der Tierrechtsorganisation Peta. Es sei | |
falsch, Jäger*innen mit Landesgeldern zu bezahlen. „Hier sterben | |
Wildschweine, damit die Massentierhaltung weiterlaufen kann“, verurteilt er | |
die Abschüsse, die nur den Interessen von konventionellen Bauern dienen | |
würden. Dabei sei die Landwirtschaft doch auch für die starke Vermehrung | |
der Tiere verantwortlich. | |
„Wildschweine leben in Deutschland wie im Paradies“, bestätigt Franz | |
Conraths. Kartoffeln oder Mais von den Äckern seien ein perfektes | |
Nahrungsangebot für sie, erklärt der Vizepräsident des | |
Bundesforschungsinstituts für Tiergesundheit (FLI). Früher sei die | |
Fortpflanzung der Tiere stark saisonal geprägt gewesen. Mittlerweile könne | |
eine Sau aufgrund des riesigen Futterangebots schon im Alter von drei | |
Monaten trächtig werden. | |
Viele Experten fürchten, dass die hohen Bestände eine Ausbreitung der | |
Afrikanischen Schweinepest beschleunigen könnten. Für den Menschen ist die | |
Infektionskrankheit ungefährlich, bei Wild- und Hausschweinen endet sie | |
meist innerhalb weniger Tage tödlich. In den vergangenen Wochen traten | |
vermehrt Fälle in Osteuropa auf. Zuletzt wurden Anfang Oktober in der Nähe | |
von Warschau 80 Hausschweine infiziert. Für Ställe mit Massentierhaltung | |
kann das Virus hochgefährlich sein. Mecklenburg-Vorpommerns | |
Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) rechnet mit möglichen „Schäden | |
von insgesamt fast einer Milliarde Euro“, falls die Schweineindustrie in | |
seinem Bundesland zum Erliegen käme. | |
## Sonderprämie von 25 Euro pro erlegtem Schwein | |
Deshalb beschloss die Landesregierung in Schwerin für diese Jagdsaison eine | |
Sonderprämie von 25 Euro pro erlegtem Schwein. Dafür steht ein Budget von 2 | |
Millionen Euro zur Verfügung. In Niedersachsen wurde die Schonzeit für | |
Schwarzwild aufgehoben. Hannover rechnet mit Kosten in Höhe von 3,5 | |
Millionen Euro, auch für Schulungen von Jäger*innen. Zwischen Harz und | |
Nordsee werden 8 Millionen Schweine gehalten. | |
Das Landwirtschaftsministerium in Schleswig Holstein prüft sogar mögliche | |
Änderungen im Jagdgesetz. „Wir halten es für richtig, die Verwendung | |
künstlicher Lichtquellen für die Schwarzwildbejagung zu ermöglichen“, sagt | |
der zuständige Minister Robert Habeck (Grüne). Zudem könnten Schneisen in | |
Maisfeldern helfen, die Jagd zu intensivieren. Von Abschussprämien hält er | |
wenig: Wenn Bachen Nachwuchs hätten, sei das schwierig. | |
„Überall herrscht Panik“, sagt Peta-Referent Höffken. „Ohne | |
Massentierhaltung würde die Seuche gar nicht als Katastrophe wahrgenommen | |
werden“, denkt der Tierschützer. Wildtierpopulationen würden Seuchen wie | |
die Afrikanische Schweinepest normalerweise gut überstehen. Ohne die | |
Massentierhaltung müsse der Mensch gar nicht eingreifen. | |
Agrarminister Habeck widerspricht: „Es gibt in unserer Kulturlandschaft | |
kein natürliches Gleichgewicht.“ Ohne Jagd müssten bei einem Ausbruch der | |
Pest verendende Wild- und Hausschweine getötet werden, oft auch ganze | |
Bestände. Tierschutz stünde hier gegen Tierschutz. Für Peter Höffken ist | |
die Lösung dagegen klar: Abschaffung der Tierhaltung und vegetarische | |
Ernährung. | |
21 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Lukas Dörrie | |
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