# taz.de -- Demonstrationen am Breitscheidplatz: Mit der AfD gegen Islamismus | |
> Am Dienstagabend fanden am Breitscheidplatz auch mehrere politische | |
> Kundgebungen statt – mit teils äußerst kruden Inhalten. | |
Bild: Viele Menschen erinnerten am Dienstag an die Opfer des Terroranschlags am… | |
Für zahlreiche AfDler war es eine praktische Sache: Sie konnten am | |
Dienstagabend zum Jahrestag des Attentats vom Breitscheidplatz an einer | |
Kundgebung gegen Islamismus teilnehmen, ohne selbst eine zu organisieren. | |
Ein neues Bündnis mit dem Namen „Berlin gegen Islamismus“ hatte zu einer | |
Veranstaltung direkt neben dem Platz geladen. | |
Sie sollte laut Organisatoren zwar explizit keine „Störaktion“ gegen die | |
offiziellen Gedenkfeierlichkeiten sein, äußerte an dem politischen Umgang | |
mit dem Attentat jedoch deutliche Kritik: „Die notwendige Debatte über die | |
ideologischen Motive des Täters wird weiterhin mit einem Tabu belegt“, hieß | |
es im Aufruf; mit dem offiziellen Mahnmal werde „die islamistische | |
Ideologie des Täters zum Verschwinden gebracht“. | |
Nun ist das kein Vorwurf, der einen gleich zum AfDler macht. Anschlussfähig | |
für die AfD aber ist er allemal, und das war auch am Dienstagabend zu | |
sehen: Mehrere Abgeordnete der Partei hatten sich in die vorderen Reihen | |
der wenigen Hundert Leute großen Kundgebung gemischt, darunter | |
Landesschatzmeister Frank-Christian Hansel, Martin Trefzer aus | |
Treptow-Köpenick und der Pankower Herbert Mohr. Auch der im Sommer aus der | |
Abgeordnetenhausfraktion ausgeschlossene Rechtsaußen Andreas Wild zählte zu | |
den Gästen, dazu zahlreiche weniger bekannte AfDlerInnen aus verschiedenen | |
Kreisverbänden. | |
Die Kundgebung wurde laut Veranstaltern von einer „Gruppe Berliner Bürger | |
und Bürgerinnen aus vielfältigen Milieus“ organisiert. Als Redner trat | |
unter anderem Justus Wertmüller auf, Redakteur der vielen als antideutsch | |
geltenden Zeitschrift Bahamas, die aber seit 2009 nicht mehr so genannt | |
werden will. Alice Schwarzer sandte ein Grußwort, Judith Sevinç Basad von | |
der Initiative Liberaler Feminismus wetterte in ihrer Rede gegen | |
queerfeministische und postkoloniale Ansätze, zwischen Islam und Islamismus | |
wurde kaum differenziert – alles in allem wäre es wohl auch ohne AfDler | |
eine krude Veranstaltung gewesen. | |
## Keine Distanzierung von den AfDlern | |
Solange keine Störung von ihnen ausgeht, ist es gar nicht so leicht, | |
politisch unliebsame Teilnehmer von einer Kundgebung auszuschließen. Selbst | |
wenn die Veranstalter also ernsthaft versucht hätten, die AfDler von der | |
Kundgebung zu verbannen, wäre das vermutlich nicht einfach gewesen. | |
Normalerweise reagieren Veranstalter auf solche Fälle aber dann zumindest, | |
indem sich die RednerInnen inhaltlich von den ungebetenen Gästen | |
distanzieren – auch das passierte hier nicht.* | |
Lediglich eine allgemein gehaltene Aufforderung, auf Parteifahnen zu | |
verzichten, wurde am Anfang verlesen. Selbst mehrere Mitglieder der | |
rechtsextremen Identitären Bewegung, die der Kundgebung zu Beginn | |
beiwohnten, wurden nicht wahrnehmbar zum Gehen aufgefordert. Für eine | |
Stellungnahme waren die Veranstalter am Mittwoch nicht zu erreichen. | |
100 Meter weiter demonstrierte zeitgleich die NPD. Hier hatten sich weniger | |
Menschen versammelt, immerhin aber noch rund 50 Neonazis – mehr, als dieses | |
Spektrum zuletzt auf die Straße bekommen hatte. Der NPD-Bundesvorsitzende | |
Frank Franz war ebenso anwesend wie der ehemalige Berliner Landeschef | |
Sebastian Schmidtke, der als Organisator auftrat, der umtriebige | |
Rechtsextremist Stephan Böhlke und zahlreiche Kameradschaftsmitglieder. | |
Die Neonazis hatten einen Sarg auf der Straße aufgebaut, der besonders zu | |
Beginn, als die Kundgebung noch kaum von Polizei umstellt war, die | |
Aufmerksamkeit vieler PassantInnen auf sich zog. Menschen, die aus | |
Polizeisicht wie potenzielle GegendemonstrantInnen aussahen, wurden nicht | |
in die Nähe der Kundgebung gelassen. | |
Schon zu Ende gegangen war zu diesem Zeitpunkt eine antirassistische | |
Kundgebung auf der anderen Seite des Breitscheidplatzes, zu der unter | |
anderem die Interventionistische Linke und das Berliner Bündnis gegen | |
Abschiebungen nach Afghanistan aufgerufen hatten. „Solidarität statt Hass“, | |
lautete dort das Motto, rund 150 Menschen nahmen daran teil. | |
* Nachtrag zur Präzisierung: Einige RednerInnen sprachen sich in ihren | |
Beiträgen gegen rechte Strömungen aus. Von den anwesenden | |
AfD-PolitikerInnen wurde sich nicht distanziert. | |
20 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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