# taz.de -- Abschiebungen nach Afghanistan: Flug ins Kriegsgebiet | |
> Das Innenministerium zwingt erneut Asylbewerber zur Ausreise nach Kabul. | |
> Manche stammen aus dem Iran und waren noch nie in Afghanistan. | |
Bild: Am 12. September startete ein Flugzeug mit abgeschobenen Flüchtlingen an… | |
Leipzig taz | Einen Tag vor der Innenministerkonferenz in Leipzig lässt das | |
Bundesinnenministerium (BMI) erneut Flüchtlinge nach Afghanistan | |
abschieben. Die abgelehnten Asylbewerber sollen nach Informationen des | |
Bayerischen Flüchtlingsrates am Mittwoch vom Frankfurter Flughafen nach | |
Kabul geflogen werden. Das BMI wollte die Abschiebung nicht bestätigen. | |
Beim Besuch des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) am | |
Mittwochmorgen bekräftigte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), an | |
der Abschiebepraxis festzuhalten. Demnach sollen trotz der schlechten | |
Sicherheitslage in Afghanistan Gefährder, schwere Straftäter und | |
hartnäckige Identitätsverweigerer abgeschoben werden. | |
Die Kategorien treffen jedoch offenbar nicht auf alle Abschiebekandidaten | |
zu: Einer der Männer gehört der bedrohten Minderheit der Hazara an. Laut | |
seiner Berliner Anwältin Myrsini Laaser ist seine Familie vor vierzig | |
Jahren in den Iran geflohen, wo er geboren wurde. In Afghanistan war er | |
noch nie. „Er hat sich mehrmals um einen Pass beim afghanischen Konsulat | |
bemüht, bekam aber keinen, da er keine Tazkira hat“, sagt Laaser. Die | |
Tazkira ist ein afghanischer Identitätsnachweis, der ohne Familie in | |
Afghanistan kaum zu beschaffen ist. Darauf habe ihr Mandant die | |
Ausländerbehörde auch hingewiesen. | |
Dennoch wurde er am Dienstag in Abschiebehaft genommen, ihm wird | |
hartnäckige Identitätsverweigerung vorgeworfen. Laaser will mit einem | |
Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht dagegen vorgehen. In einem ähnlich | |
gelagerten Fall hatte Laaser im Oktober die Abschiebung eines Mandanten | |
vorerst [1][verhindern] können. Auch er war Hazara und wurde im Iran | |
geboren. Sein Fall wird derzeit noch von den Gerichten geprüft. | |
Der bayerische Flüchtlingsrat sieht bei zwei weiteren Fällen ebenfalls | |
keine Identitätsverweigerung vorliegen. Bei einem verhafteten Afghanen | |
liegt eine gültige Tazkira vor, das Amtsgericht in Bayreuth hatte daher | |
einer Verhaftung nicht zugestimmt, dafür aber das Bayreuther Landgericht. | |
Bei einem zweiten Abschiebekandidaten liege ebenfalls eine Tazkira vor, | |
sagte Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat der taz. Nach seinen | |
Informationen sollen aus Bayern acht weitere Personen abgeschoben werden. | |
Dünnwald hält die weitgefasste Auslegung der Kategorie „hartnäckige | |
Identitätsverweigerer“ für unverhältnismäßig, da viele im Iran geborene | |
Afghanen keine Identitätsnachweise haben: „Die Politik muss klarstellen, | |
was genau damit gemeint ist, damit nicht doch wieder jeder Afghane | |
abgeschoben werden kann.“ | |
Nach einem schweren Anschlag auf die deutsche Botschaft in Kabul im Mai | |
dieses Jahres waren die Abschiebungen nach Afghanistan zunächst | |
[2][ausgesetzt] worden. Im Oktober startete dann trotz Landewarnungen für | |
den Kabuler Flughafen eine Sammelabschiebung vom Leipziger Flughafen. Laut | |
Medieninformationen behandelt das Bundesinnenministerium Abschiebungen nach | |
Afghanistan mit politischer Priorität. Am Donnerstag und Freitag findet in | |
Leipzig die Innenministerkonferenz statt. Dort soll auch darüber diskutiert | |
werden, ob ab 2018 nach Syrien abgeschoben werden kann. | |
6 Dec 2017 | |
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## AUTOREN | |
Helke Ellersiek | |
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