# taz.de -- Jerusalem als Israels Hauptstadt: Der US-Präsident ist disqualifiz… | |
> Was verspricht sich Trump von der Anerkennung Jerusalems? Seine | |
> Entscheidung hat Einfluss auf ein mögliches Nahostabkommen. | |
Bild: Viele Palästinenser sind wütend über Trumps Entscheidung – Gaza-Stad… | |
Jerusalem taz | Auf dem Platz vor der Geburtskirche in Bethlehem brannten | |
in der Nacht Plakate mit dem Foto des US-Präsidenten Donald Trump. Dafür | |
gibt es einen Grund: Noch Mittwochabend will er eine Erklärung abgeben und | |
dann vermutlich Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen. In einem | |
Telefonat mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas kündigte [1][er | |
Dienstagabend den Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem an], | |
was dieselbe symbolträchtige Bedeutung hat. | |
Trump ignorierte Abbas' Warnung, dass ein solcher Schritt „gefährliche | |
Konsequenzen“ nach sich ziehen werde. „Drei Tage des Zorns“ rief die Fata… | |
eine politische Kraft in den palästinensischen Autonomiegebieten, ab | |
Mittwoch aus. Die islamistische Hamas im Gazastreifen kündigte ein | |
Wiederaufleben der Intifada an, des Aufstands gegen Israel. Israels | |
Sicherheitsapparat bereitet sich auf eine Eskalation vor. Schon in der | |
Nacht kam es zu mehreren Verhaftungen im Westjordanland. | |
Konkret würde sich mit der veränderten Sichtweise der USA auf Jerusalem | |
zunächst nicht viel ändern. Ostjerusalem könnte und soll sogar, wenn man | |
die Diplomaten des Weißen Hauses hört, künftige Hauptstadt eines möglichen | |
palästinensischen Staats sein. Selbst wenn die US-Botschaft verlegt wird, | |
sei ein politisches Abkommen zwischen den Palästinensern und Israelis | |
möglich. Dennoch jubelte Bildungsminister Naftali Bennett, Chef der | |
Siedlerpartei Das jüdische Heim, über ein „vereintes Jerusalem“. | |
Völlig unklar bleibt vorerst, welchen Nutzen sich Trump von einer | |
veränderten Sicht auf Jerusalem verspricht, ausgerechnet jetzt, wo er | |
glaubt, ein Nahostabkommen vor Augen zu haben, und sich selbst als | |
Friedensbringer sieht. Der Plan für erneute direkte Friedensverhandlungen | |
zwischen Israel und den Palästinenserorganisationen steht angeblich | |
unmittelbar vor einer Veröffentlichung. | |
## Mögliche Folgen auf diplomatischer Ebene | |
Seit Monaten arbeitet der US-Sondergesandte Jason Greenblatt gemeinsam mit | |
Trumps Schwiegersohn Jared Kushner an der Vorbereitung für neue | |
Friedensverhandlungen, bei denen sunnitische Staaten, allen voran | |
Saudi-Arabien und Jordanien, Pate stehen sollten. Eine Anerkennung | |
Jerusalems als israelische Hauptstadt würde nicht nur die arabischen | |
Partner vor den Kopf stoßen, sondern die Palästinenser gar nicht erst zu | |
Verhandlungen erscheinen lassen. Trump sei als Vermittler bei künftigen | |
Verhandlungen disqualifizert, wütete Nabil Schaat, enger Berater von Abbas, | |
und fügte auf Englisch hinzu: „He's out.“ | |
Gänzlich unwillkommen sind die Entwicklungen der palästinensischen Führung | |
trotzdem nicht. Der Aufruhr um Trump lenkt die Aufmerksamkeit weg von dem | |
stockenden Versöhnungsprozess zwischen der Fatah und der Hamas. Vor einer | |
Woche hätten die Beamten der Palästinensischen Autonomiebehörde nach | |
zehnjähriger Abwesenheit in die Ämter im Gazastreifen zurückkehren sollen, | |
doch dort versperrten ihnen die Kollegen von der Hamas den Weg. Es geht um | |
Arbeitsplätze und um ein Abspecken des hoffnungslos aufgedunsenen | |
Verwaltungsapparats in Gaza und ums Geld. Die Versöhnung entpuppt sich für | |
die beiden großen palästinensischen Parteien zunehmend als „mission | |
impossible“, als unlösbares Problem. Wie gerufen kommt deshalb der neue | |
Sündenbock Trump, der den Unmut der enttäuschten Palästinenser schlucken | |
soll. | |
Auch Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu kommt die Ablenkung nicht | |
ungelegen, denn ihm droht eine Anzeige wegen Korruption. Eine Anerkennung | |
Jerusalems als Hauptstadt zu seiner Amtszeit würde sich in seiner Bilanz | |
gut machen, und sie würde außerdem Israel einen Vorsprung vor den | |
Palästinensern verschaffen, sollte es jemals zu neuen Verhandlungen kommen. | |
Schlimmer noch könnten die Folgen von Trumps Schritt auf diplomatischer | |
Ebene sein. Nicht nur, dass die Türkei die eben erneuerten Beziehungen zu | |
Israel sofort wieder einfrieren würde, sondern auch Saudi-Arabien könnte | |
auf die Bremse treten. Die Regierungen in Riad und Jerusalem näherten sich | |
jüngst an, denn beide Staaten verfolgen gemeinsame Interessen, wenn es | |
darum geht, dem Iran die Stirn zu bieten. | |
Iran gilt als Israels Staatsfeind Nummer eins, und Saudi-Arabien schlägt | |
dem Iran und seinen Handlangern gegenüber einen zunehmend unfreundlichen | |
Ton an. Vor allem hinsichtlich einer nuklearen Aufrüstung des Iran ziehen | |
Israel, Saudi-Arabien und die USA am gleichen Strang. Ein Bündnis der drei | |
wird auf lange Sicht jedoch nur funktionieren, wenn sich Israel und die | |
Palästinenser einigen. | |
6 Dec 2017 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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