# taz.de -- Irland und der Brexit: Kein Deal in der Grenzfrage | |
> Am Montag sprach die irische mit der britischen Regierung. Im Zentrum | |
> stand das Thema Grenzen. Ein Durchbruch blieb aus. | |
Bild: Die Frage, ob Nordirland und Irland eine offene Grenze behalten, ist ents… | |
Dublin taz | Ein Deal oder kein Deal? Es kommt darauf an, wen man fragt. Am | |
Montag erklärte die irische Regierung nach den Gesprächen mit der | |
britischen Regierung am Vormittag, man habe sich darauf geeinigt, dass es | |
keine harte Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland geben werde. | |
Der irische Außenminister Simon Coveney sagte, die Grenze werde nach dem | |
Brexit genau so aussehen wie heute – also unsichtbar sein. | |
Gar nicht wahr, entgegnete die britische Premierministerin Theresa May, es | |
habe noch keine Einigung gegeben. Der Präsident der EU-Kommission, | |
Jean-Claude Juncker, stimmte ihr zu: „Es hat keinen Deal gegeben“, sagte er | |
am Montagabend nach seinem Gespräch mit May. Die hatte das Treffen | |
zwischendurch verlassen, um Arlene Foster, die Chefin der nordirischen | |
Democratic Unionist Party (DUP), anzurufen, um sie zu beruhigen. | |
Foster hatte nämlich in einer erbosten Presseerklärung bereits mittags | |
verkündet, dass eine Regelung, wodurch die Einheit des Vereinigten | |
Königreichs infrage gestellt würde, für die DUP nicht infrage komme. Einem | |
Plan, die Grenze in die Irische See zu verlegen und Nordirland de facto vom | |
Großbritannien abzukoppeln, werde sie niemals zustimmen. „Nordirland wird | |
die EU gemeinsam mit den anderen Teilen des Vereinigten Königreichs | |
verlassen“, sagte sie. | |
May, die eigentlich ebenfalls keine harte Grenze in Irland will, kann es | |
sich nicht erlauben, Foster zu verärgern, denn die DUP stützt die | |
Tory-Minderheitsregierung im Unterhaus. Nach ihrem Telefonat mit May sagte | |
Foster, dass die Nachricht von einer Einigung über die irische Grenzfrage | |
offenbar von der Dubliner Regierung lanciert worden sei, um Druck auf | |
London auszuüben. | |
## Zollunion und Binnenmarkt: ja oder nein? | |
Wie so oft in nordirischen Angelegenheiten, so ist auch diesmal eine | |
semantische Meisterleistung vonnöten, damit sich alle Seiten als Gewinner | |
fühlen dürfen. Die hat man am Montag aber noch nicht gefunden. Coveney | |
sagte, man habe sich geeinigt, dass es „kein regulatorisches | |
Auseinanderdriften“ in Zollfragen zwischen Irland und Nordirland geben | |
werde. Keineswegs, widersprach die britische Seite: Man habe lediglich | |
einem Text zugestimmt, der „regulatorische Anpassung“ zusichert. | |
Das ist ein Riesenunterschied, denn nach Covenys Lesart würde das bedeuten, | |
dass Nordirland in der Zollunion und im Binnenmarkt bliebe. Das ist | |
Wunschdenken, denn nicht nur für Foster, sondern auch für May und ihre | |
vielen EU-feindlichen Hinterbänkler wäre das unannehmbar. | |
Wie aber kann man sonst eine harte Grenze zwischen den beiden Teilen | |
Irlands vermeiden? Darauf gibt es bisher keine Antwort. Die sollte aber | |
zumindest ansatzweise gefunden werden, damit die Brexit-Verhandlungen beim | |
EU-Gipfel Ende kommender Woche in die nächste Phase eintreten können, in | |
der es um ein Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU gehen | |
soll. | |
Bei den beiden anderen Vorbedingungen – Großbritanniens | |
Zahlungsverpflichtungen nach der Scheidung sowie die Sicherung der Rechte | |
von EU-Bürgern in Großbritannien und von Briten in EU-Ländern – hat man | |
sich angenähert. | |
## Warenverkehr bleibt große Hürde | |
Bleibt die Irland-Frage. Allerdings ist eine vollständige Lösung vorerst | |
nicht unbedingt erforderlich, es reichen „genügend Fortschritte“, damit | |
Dublin kein Veto gegen die nächste Phase der Verhandlungen einlegt. Diese | |
Fortschritte hat es noch nicht gegeben. Die irische Regierung verlangt | |
einige verbindliche Zusagen: Der nordirische Friedensprozess dürfe nicht | |
durch Maßnahmen gefährdet werden, die die Teilung verstärken. | |
So soll auch die weitere Zusammenarbeit und gemeinsame Finanzierung auf | |
vielen Gebieten, zum Beispiel der Energieversorgung, dem Tourismus und der | |
Wasserwirtschaft, gewährleistet sein; und die uneingeschränkte | |
Reisefreiheit zwischen Großbritannien und Irland, die schon seit 1923 | |
besteht, müsse bestehen bleiben. Die große Hürde bleibt der Warenverkehr, | |
und dafür zeichnet sich bisher keine Lösung ab. | |
Die Nachricht von der angeblichen Sonderbehandlung Nordirlands ist in | |
Schottland, Wales und London mit großem Interesse aufgenommen worden. | |
Londons Bürgermeister Sadiq Khan sowie die Regierungschefs in Edinburgh und | |
Cardiff verlangten, dass ihren Regionen die gleiche Behandlung wie | |
Nordirland zuteil werden müsse. | |
Schottland und London hatten beim Referendum im vorigen Jahr deutlich für | |
den Verbleib in der EU gestimmt, Wales war knapp für den Brexit. Der damals | |
nicht ganz ernst gemeinte Vorschlag, Nordirland, Schottland, Wales und | |
London in der EU zu belassen, während der Rest Englands austritt, hat nun | |
wieder Auftrieb bekommen. | |
5 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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