# taz.de -- Urteil im Schlecker-Prozess: Der Haft entkommen | |
> Der ehemalige Drogerie-König Anton Schlecker muss nicht ins Gefängnis. | |
> Seine Kinder wurden wegen Untreue zu knapp drei Jahren Haft verurteilt. | |
Bild: Lange Zeit Deutschlands Marktführer: Die bankrott gegangene Drogeriekett… | |
Stuttgart taz | Der ehemalige Drogerie-König Anton Schlecker muss doch | |
nicht ins Gefängnis. Das Landgericht Stuttgart verurteilte ihn am Montag | |
wegen strafbaren Bankrotts nur [1][zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren | |
auf Bewährung]. Keine Bewährung gab es dagegen für seine Kinder Lars und | |
Meike Schlecker, die wegen Untreue zu knapp drei Jahren Haft verurteilt | |
wurden. | |
Anton Schlecker war Alleineigentümer der Schlecker-Drogeriekette, die lange | |
Zeit in Deutschland Marktführer war. Seit 2004 gab es aber fast nur noch | |
Verluste. Schlecker verlor sein gesamtes Vermögen. Im Januar 2012 musste er | |
einen Insolvenzantrag stellen, im Juni 2012 machten alle Filialen dicht. | |
„Wir bestrafen keine falschen unternehmerischen Entscheidungen“, stellte | |
Richter Roderich Martis zu Beginn der fast dreistündigen Urteilsbegründung | |
klar. Verurteilt wurde Schlecker, weil er trotz drohender | |
Zahlungsunfähigkeit Geld an seine Kinder Lars und Meike verschoben hat. | |
Strafrechtlich nennt sich das Bankrott. | |
Den Kindern gehörte die Logistikfirma LDG, die für Schlecker die Waren in | |
die Filialen lieferte. Die Vatergesellschaft zahlte LDG einen Stundensatz | |
von 28,50 Euro, obwohl nach Ansicht des Gerichts höchsten 18,87 Euro | |
angebracht waren. Statt in der Krise die Vermögensverschiebung zu beenden, | |
erhöhte Schlecker senior den Stundensatz für LDG sogar auf 30 Euro. | |
Vier Weichenstellungen ermöglichten das relativ milde Urteil für Anton | |
Schlecker. So war – erstens – der vom Gericht angenommene Gesamtschaden in | |
Höhe von 3,6 Millionen Euro deutlich niedriger als in der Anklage | |
angenommen. Grund: Während die Ankläger davon ausgingen, dass Schlecker | |
schon Ende 2009 erkannte, dass es mit seiner Firma zu Ende geht, war dies | |
nach Sicht des Gerichts erst im Februar 2011 der Fall. | |
## 360 Tagessätze Geldstrafe | |
Zweitens verneinte das Gericht einen „besonders schweren Fall“ des | |
Bankrotts. Im Vergleich zu Gläubigerforderungen in Höhe von rund einer | |
Milliarde Euro seien die rechtswidrig verschobenen 3,6 Millionen Euro doch | |
eher gering. | |
Drittens wurde der Strafrahmen reduziert, weil Anton Schlecker den Schaden | |
mehr als wiedergutgemacht hatte. Zunächst zahlte er 2013 drei Millionen | |
Euro an den Insolvenzverwalter. Kurz vor Prozessende spendierte ihm seine | |
Frau Christa weitere zwei Millionen Euro. Damit die Freiheitsstrafe bei | |
zwei Jahren bleibt – die Obergrenze für eine Strafaussetzung zur Bewährung | |
–, griff das Gericht zudem zu einem ungewöhnlichen Kniff. Es ließ mehrere | |
Geldstrafen bestehen und fügte sie nicht in die Gesamtfreiheitsstrafe ein. | |
So muss Schlecker zusätzlich 360 Tagessätze Geldstrafe bezahlen (54.000 | |
Euro), was einem Jahr Haft entspricht. Die Richter begründeten den Kniff | |
damit, dass Schlecker schon 72 Jahre alt ist, sein ganzes Leben lang hart | |
arbeitete und keine Steuern hinterzogen hatte. | |
Lars Schlecker wurde dagegen zu zwei Jahren und neun Monaten Haft | |
verurteilt, Meike Schlecker zu zwei Jahren und acht Monaten. Sie hatten | |
kurz vor der Insolvenz von ihrem Unternehmen LDG sieben Millionen Euro auf | |
ihre Privatkonten transferiert. Laut Rechnung des Gerichts entstand dabei | |
ein Schaden von 6,2 Millionen Euro. | |
„Da ist beim besten Willen keine Bewährung mehr möglich“, sagte Richter | |
Maris in bedauerndem Ton. Dass die Geschwister neun Millionen Euro an den | |
Insolvenzverwalter zahlten, half ihnen auch nur begrenzt. Das Urteil ist | |
noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft und die Unternehmer können | |
noch Revision einlegen. | |
27 Nov 2017 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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