# taz.de -- Kommentar Lederer und das Babylon: Illegitimer Maulkorb | |
> Der Kultursenator darf zwar kritisieren, aber Druck gegen eine unliebsame | |
> Veranstaltung ausüben darf er nicht. So klar ist der Fall Jebsen auch | |
> nicht. | |
Bild: Ist er zu weit gegangen? | |
Was genau ist ein Verschwörungstheoretiker? Jemand, der denkt, dass | |
Reptiloide uns regieren? Jemand, der [1][Zweifel an der offiziellen Version | |
von 9/11 äußert]? Jemand, der behauptet, der NSU habe mit dem | |
Verfassungsschutz unter einer Decke gesteckt? Das Feld der politischen | |
Spekulation reicht von kompletten Fantastereien bis hin zu durchaus | |
realistischen Neuinterpretationen vermeintlich offenkundiger Zusammenhänge. | |
Menschen pauschal zu etikettieren kann im Zweifel ein kommodes Mittel sein, | |
Meinungen außerhalb des Mainstreams zu unterdrücken. Darunter können | |
absurde und politisch gefährliche sein, aber auch solche, die nur eingeübte | |
Erklärungsmuster gefährden. | |
Was Ken Jebsen für den linken Mainstream zum Verschwörungstheoretiker | |
macht, ist unter anderem sein notorischer Antiamerikanismus: Er spinnt die | |
Erzählung von den USA als skrupellosem imperialem Hegemon weiter, während | |
sich Dutschkes Erben längst auf das gegenläufige Narrativ des | |
großrussischen Aggressors eingegroovt haben. Gerade in Lederers Partei gibt | |
es allerdings noch beträchtliche Sympathiereserven für Jebsens Thesen und | |
die seiner Kronzeugen. | |
Allein das muss dem Senator suspekt sein. [2][Allerdings hat er Jebsen und | |
andere Teilnehmer der geplanten Veranstaltung des Antisemitismus | |
bezichtigt] – was selbstverständlich ein Dealbreaker wäre. So klar ist die | |
Sachlage aber nicht. Zumindest hat bislang kein Gericht Jebsens ätzende | |
Israelkritik als antisemitisch bewertet. | |
## Druck ausgeübt? | |
Wie auch immer: Sollte es stimmen, dass der Kultursenator die | |
Senatsförderung des Babylon-Filmprogramms als Druckmittel eingesetzt hat, | |
um Betreiber Grossman zur Absage zu bewegen, wäre das ein starkes Stück, | |
unabhängig davon, wie man zu Jebsen steht. Missliebige Meinungsäußerungen | |
zu kritisieren steht dem Senat allemal zu, sie zu verhindern nicht – es sei | |
denn, auf rechtlichem Wege. Ob BerlinerInnen einem Ken Jebsen applaudieren | |
oder gegen ihn demonstrieren, sollen sie gefälligst selbst entscheiden | |
können. | |
Wohlgemerkt: Lederer hat kein Hausrecht ausgeübt – was legitim gewesen | |
wäre. Er hat (wenn die kolportierte Verschwörungstheorie zutrifft) einen | |
Veranstalter über Umwege dazu gebracht, einen privaten Mietvertrag zu | |
kündigen. | |
Und wo hört man eigentlich auf, wenn man einmal angefangen hat? [3][Beim | |
Jebsen-Liebling Daniele Ganser] oder beim taz-Mitarbeiter Mathias Bröckers, | |
der bekanntlich „verschwörungstheoretische“ Bücher schreibt und bei der | |
Jebsen-Preisverleihung die Laudatio halten sollte. Noch mal: Gut finden | |
muss das alles niemand. Aber ein Maulkorb vom Senat ist kein probates | |
Mittel. | |
[4][Warum Klaus Lederer richtig gehandelt hat, kommentiert Erik Peter] | |
20 Nov 2017 | |
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## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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