# taz.de -- Kommentar Brüssels Euro-Visionen: Mehr Merkel als Macron | |
> Die Eurokrise ist ausgestanden, nun geht es darum, Europa für künftige | |
> Krisen zu wappnen. Macrons Vorschlag wäre eine Chance gewesen. | |
Bild: Hat zwar eine Mütze, aber nicht den Hut auf: Emmanuel Macron neben Jean-… | |
Brexit, Ungarn, Polen, Katalonien, Jugendarbeitslosigkeit, Flüchtlinge, | |
Trump. Und. Und. Und. Braucht es mehr Argumente für Europa, näher | |
zusammenzurücken? Beim Thema Finanzen ist der Bedarf besonders hoch: Jeder | |
vierte Euro in Europa wird derzeit von den Nationalstaaten ausgegeben, das | |
EU-Budget beträgt dagegen nur ein mickriges Prozent der | |
Wirtschaftsleistung. | |
Das Dilemma: Ein großer Teil von Europas ökonomischer Kraft hängt von | |
nationalstaatlichen Entscheidungen ab, die souveräne Regierungen völlig | |
unkoordiniert fällen. Welches Chaos das verursacht, hat die Eurokrise | |
gezeigt. | |
Auch deshalb hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einen | |
Eurofinanzminister mit eigenem Budget und eigenem Parlament vorgeschlagen. | |
Das sogenannte [1][Nikolauspaket von Jean-Claude Juncker] zeigt jedoch, | |
dass der EU-Kommissionspräsident ein Schoßhündchen an der langen Leine aus | |
Berlin ist. Sein Plan enthält mehr Merkel (war die nicht eigentlich gerade | |
außenpolitisch handlungsunfähig?) als Macron. Dessen Finanzminister kommt | |
– aber ohne eigenes Budget. Und also auch ohne Macht, um in Europa gleiche | |
Bedingungen für alle – also Wachstum – zu schaffen. | |
Diese liegt weiter zum Beispiel beim EU-Haushaltskommissar: Günther | |
Oettinger, CDU. Oettinger und Juncker [2][beten unisono die alte Litanei] | |
namens „keine Transferunion“, „mehr Haushaltsdisziplin“ und „keine | |
Aufweichung der Defizit- und Verschuldungsvorgaben“ herunter. Also „Sparen | |
statt Investieren“ – der Claim, unter dem vor allem die Südländer seit | |
Jahren leiden. | |
Macrons Vorschlag, den EU-Etat weg von Uraltaufgaben wie der Förderung der | |
Agrarindustrie hin zu gemeinsamen Ausgaben für Verteidigung, Migration, | |
Forschung oder Klima zu verschieben, wäre eine Chance gewesen. | |
Aber noch gibt es zwei – gar nicht so kleine – Hoffnungen. Erstens: Die | |
EU-Staaten machen beim Nikolausplan nicht mit. Zweitens: Die mögliche | |
CDU-Koalitionärin SPD macht bestimmt nicht mit. Oder? | |
7 Dec 2017 | |
## LINKS | |
[1] /Reform-der-europaeischen-Waehrungsunion/!5464933 | |
[2] /Reform-der-europaeischen-Waehrungsunion/!5464933 | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
## TAGS | |
ESM | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
Jean-Claude Juncker | |
Eurokrise | |
Emmanuel Macron | |
Deutschland | |
Lesestück Meinung und Analyse | |
Währungsunion | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
55 Jahre nach dem Élysée-Vertrag: „Wir fühlen uns alle als Europäer“ | |
Wie steht es um die deutsch-französische Freundschaft? Drei junge | |
Französ*innen, die es nach Berlin verschlagen hat, erzählen. | |
Was bleibt vom Jahr 2017?: Ein Land auf der Suche | |
Geeinte Mittelschicht, Volksparteien: Alles Vergangenheit. Frankreich hat | |
jetzt Macron, Deutschland ringt noch nach politischem Ausdruck der Lage. | |
Reform der europäischen Währungsunion: Deutschland regiert durch | |
EU-Kommissionspräsident Juncker hat Pläne für eine demokratischere | |
Währungsunion angekündigt. Sie tragen eine deutsche Handschrift. |