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# taz.de -- Testspiel Deutschland gegen Frankreich: Jubel für einen Papierflie…
> Es war eine gute Partie, die die beiden Fußballteams in Köln boten. Nur
> das Stadionpublikum verhielt sich zickig. Der DFB macht einen auf dicke
> Hose.
Bild: DFB-Spieler Lars Stindl (M.) erzielt gegen Raphael Varane (l.) und Steven…
Köln taz | Es ging um viel, auch wenn sich Deutschland und Frankreich nur
zu einem Testspiel getroffen haben. Und nach dem 2:2 von Köln bleibt es
dabei: Die beiden Auswahlteams gehen wohl als Favoriten auf den Titel ins
WM-Jahr 2018. Die Trainer können beinahe aufstellen, wen sie wollen – es
kommt etwas Ansehnliches heraus. Und weil beiden Mannschaften vorne mit
erstaunlicher Regelmäßigkeit irgendwann irgendetwas Schönes einfällt, kann
Bundestrainer Joachim Löw bis zum Juni in aller Ruhe darüber nachdenken,
woran noch gearbeitet werden muss.
Der allgemeinen Testspielskepsis, die dazu geführt hat, dass die
Europäische Fußball-Union Uefa mit einer Nationenliga einen Wettbewerb
erfunden hat, den nun wirklich niemand braucht, haben die Teams aus
Frankreich und Deutschland etwas unerwartet Sportives entgegengesetzt. Man
kann also durchaus zwei Mannschaften gegeneinander spielen lassen, ohne
dass es gleich um einen Titel geht. Die zahlreichen torlosen Spiele in den
Playoffs zur WM in diesen Tagen mögen ja spannend gewesen seien, schöner
war es, dem Treiben der Deutschen und der Franzosen in Köln zuzusehen.
Solche Tests seien genau richtig, meinte ein gelöster Joachim Löw nach dem
Spiel.
Auch der Bundestrainer wird gestaunt haben über den irrsten Teenager der
Fußballszene, Kylian Mbappé, der zwar nur angedeutet hat, was in ihm
steckt, und dennoch ein Hingucker war. Auch dieser unfassbar merkwürdige
Antoinine Griezmann war nur ein paar Minuten auf dem Feld und schon konnte
man sehen, dass er nur Aktionen ausführt, die zu etwas führen. Und schön
anzuschauen war auch, wie ein Alexandre Lacazette Spielwitz in Torgefahr
münden ließ. Zwei Mal hat er getroffen.
Die knapp 40.000 Menschen, die sich im Stadion eingefunden hatten, waren
nicht ganz glücklich damit, dass den Franzosen so viel gelungen ist. Auch
das passte zum Ende dieses Nationalmannschaftsjahres, in dem die
DFB-Auswahl nicht verloren, die WM-Quali überlegen abgeschlossen und zu
allem Überfliuss mit einer C-Elf den Confed Cup in Russland gewonnen hat.
Ausverkauft sind solche Spiele nicht mehr in Deutschland. Und wenn es
einmal einem Gegner gelingt, eine deutsche Abwehr, die wohl so
(Plattenhardt, Süle, Hummels, Can) nie wieder zusammenspielen wird, an die
Wand zu nageln, dann wird schon mal gepfiffen.
## DFB ohne jeden Sexappeal
Und wenn es den Deutschen mal ein paar Minuten nicht gelingt, sich durch
die perfekt aufgestellten Verteidigungsreihen der Franzosen bis zur
Grundlinie durchzuspielen, dann wenden sich viele Blicke ab, verfolgen
einen Papierflieger und Jubel brandet auf, wenn dieser vom obersten Rang
mitten auf das Spielfeld segelt. Ein schwieriges Publikum, das sich der DFB
da herangezogen hat. Bis weit in die erste Halbzeit hinein konnte man sich
getrost fragen, ob die Gedenkminute für den jüngst verstorbenen
54er-Weltmeister Hans Schäfer, die vor dem Anpfiff aufgerufen wurde, immer
noch andauert.
Die Stimmung war mies, obwohl Ilkay Gündogan immer wieder demonstrierte,
warum er eine Mannschft stark machen kann. Obwohl Toni Kroos immer wieder
zeigte, dass es derzeit vielleicht keinen sichereren Achter im Weltfußball
gibt. Obwohl Mesut Özil, der sich zwar nicht immer man Spiel beteiligte,
auch diesmal wieder Ideen hatte, auf die kein anderer kommen würde. Obwohl
Julian Draxler bewies, dass er ein Rastelli sein kann, wenn man ihn nur
lässt. Obwohl Timo Werner nicht nur bei seinem Treffer zum 1:1 so schnell
war, dass man mit dem Schauen kaum hinterherkam. Und obwohl die Mannschaft
bis zum Ende einen Testspielfight lieferte, der in den späten Ausgleich
durch Lars Stindl mündete. Der DFB, der Weltmeisterverband, hat jeden
Sexappeal verloren – trotz alledem.
Für den Verband, der sich um die Ausrichtung der EM 2024 bemüht, kommt das
zur Unzeit. „United by Football“ – mit diesem Slogan geht der DFB ins
Rennen gegen den Mitbewerber Türkei. Friedrich Curtius, der
DFB-Generalskretär, machte aus dem Werbesprüchlein das ganz große Ding,
indem er vor dem Spiel sagte, es gehe angesichts der Tatsache, dass in
immer mehr Staaten der Nationalismus gepredigt werde, um ein Zeichen für
ein geeinigtes Europa.
Nicht nur eine Nummer kleiner täte einem Verband gewiss gut, der nichts
dagegen hat, wenn die Uefa in ihren Bewerbungskriterien vorschreibt, dass
rund um die Stadien keine Demonstrationen stattfinden sollen. Und Curtius
wird auch nicht rot, wenn er den Fans ein neues „Sommermärchen“ verspricht,
obwohl immer noch nicht restlos geklärt ist, wie die Deutschen jene ach so
märchenhafte WM 2006 an Land gezogen haben. So geht es einfach nicht.
Joachim Löw meinte über das abgelaufene Jahr ein wenig arg zurückhaltend,
man könne schon ganz zufrieden sein. Kann er. Der DFB aber hat ein Problem.
Der Verband ist zu einem notwendigen Übel im deutschen Fußball verkommen.
Dass das ausgerechnet der Teil des Verbands zu spüren bekommt, der einfach
guten Fußball liefert, Joachim Löw und sein Team, das ist fast schon
gemein.
15 Nov 2017
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Fußball
Deutscher Fußballbund (DFB)
Deutsche Fußball-Nationalmannschaft
Joachim Löw
Reform
Fußball
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