| # taz.de -- LehrerInnenausbildung in Hamburg: Gymnasial-Lehrer für alle | |
| > Hamburg will künftig auch für Stadtteilschulen nur noch Gymnasiallehrer | |
| > ausbilden. Grundschullehrer müssen Deutsch und Mathe studieren. | |
| Bild: Gleichgestellt: In Hamburg gibt es in Zukunft keine gesonderte Ausbildung… | |
| Hamburg taz | Hamburg traut sich in der Schulpolitik einen Weg zu gehen, | |
| den Berlin, Bremen und Schleswig-Holstein bereits beschritten haben. Die | |
| Lehrerbildung wird neu geordnet. Das alte Studium zum „Grund-, Haupt- und | |
| Realschullehrer“ (GHR) wird abgeschafft. Stattdessen gibt es ein eigenes | |
| Grundschulstudium. Und für Schüler ab Klasse fünf bis Oberstufe wird der | |
| Einsatz von Gymnasiallehrkräften auch an Stadtteilschulen zum | |
| „Regelmodell“. | |
| So lautet jedenfalls der „Regierungsvorschlag“, den Schulsenator Ties Rabe | |
| (SPD) und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) am Freitag | |
| vorstellten. Er ist eine kleine Sensation. Nur wenige Stunden später | |
| warnten CDU, FDP und der immer noch im Hintergrund agierende | |
| Schulreform-Gegener Walter Scheuerl reflexartig vor der „Einheitsschule“ | |
| durch die Hintertür. | |
| Doch Rabe legte eine Latte sachlicher Argumente vor. Die Reform ist nötig, | |
| weil der alte GHR-Studiengang nach Beschluss der Kultusministerkonferenz | |
| seine Anerkennung verlieren wird und nicht mehr zur Hamburger Schulstruktur | |
| passt. Es gibt keine Haupt- und Realschulen mehr, stattdessen seit 2009 die | |
| „Stadtteilschule“, die Schüler sowohl zum ersten und mittleren Abschluss | |
| als auch zum Abitur bringt. Stadtteilschullehrer müssen also auch in der | |
| Oberstufe lehren können. | |
| Wohl in Sorge vor dem Gegenwind aus Richtung Scheuerl, der es 2010 per | |
| Volksentscheid schaffte, die Primarschule zu kippen, ging Rabe noch vor | |
| zwei Jahren ganz anders vor. Er berief zwar eine Expertenkommission zur | |
| Lehrerbildung ein, legte aber von Vornherein fest, dass es ein separates | |
| „Stadtteilschullehramt“ geben soll. | |
| Das Ergebnis war ein Modell, das etwas verkrampft den Unterschied | |
| beschrieb. Gymnasiallehrer sollten zwei Fächer mit Lehrbefähigung in der | |
| Oberstufe studieren, Stadtteilschullehrer sollten nur ein Fach genauso | |
| intensiv studieren, das zweite etwas kürzer – und dafür zwei, drei Seminare | |
| mehr Pädagogik belegen. | |
| Der Grüne Koalitionspartner war mit diesem Modell nicht glücklich, das | |
| wurde im Schulausschuss nochmal deutlich. Es widersprach auch einer | |
| Empfehlung für ein gemeinsames Lehramt, die PISA-Forscher Jürgen Baumert | |
| 2012 für Berlin abgab. Und auch die über 80 Stellungnahmen von Hochschulen, | |
| Kammern und Verbänden übten Kritik daran. Sogar die Vereinigung der | |
| Gymnasialschulleiter war gegen ein eigenes Stadtteilschullehramt. Sie | |
| fanden eine Hierarchisierung der Lehrämter kontraproduktiv. | |
| Schulsenator Ties Rabe hat sich offenbar überzeugen lassen. Zumal es | |
| ohnehin mehr Bewerber für das später besoldete Gymnasial-Studium gibt. „Wir | |
| glauben, dass Gymnasiallehrer auch für Schüler mit Perspektive Haupt- oder | |
| Realschulabschluss gut geeignet sind“, sagt er. Den Beweis habe die Praxis | |
| erbracht. Stadtteilschulleiter, die selber das Personal einstellen, hätten | |
| von sich aus zuletzt so viele Gymnasiallehrer eingestellt, dass das | |
| Verhältnis zum GHR-Lehrer jetzt schon bei 40 zu 42 Prozent liegt. Die | |
| übrigen sind Berufsschullehrer, Sonder- und Sozialpädagogen. | |
| Die neuen Lehrer werden frühestens im Wintersemester 2019 ihr Studium | |
| beginnen. Auch das Pädagogikstudium soll neu konzipiert werden, wie | |
| Senatorin Fegebank sagte. „Die Lehrer müssen stärker auf Themen wie | |
| Inklusion, Integration, Begabtenförderung oder individuelles Lernen | |
| vorbereitet werden.“ Die Universität sei in die Planung eng eingebunden. | |
| Ganz neu konzipiert wird auch das Studium für Grundschullehrer. Hier setzte | |
| sich Rabe durch. Künftig sollen diese Lehrer drei statt zwei Fächer | |
| studieren, Mathematik und Deutsch werden Pflicht. Diese Fächer haben | |
| „allgemeine Erschließungsfunktion für jedes andere Schulfach“, sagte Rabe. | |
| Auch hätten Studien nachgewiesen, dass Schüler erfolgreicher sind, wenn | |
| Lehrkräfte das Fach umfassend studierten. | |
| „Man kann das auch kritisch sehen“, räumte Fegebank ein. Der | |
| Grundschulverband etwa erklärt, es sei nicht nötig, dass jede Lehrkraft | |
| Deutsch und Mathematik als Fach mitbringt. Der Bund deutscher Kunsterzieher | |
| etwa befürchtet die „Marginalisierung der ,3. Fächer’“ wie Kunst und Mu… | |
| „Ich höre von vielen, denen diese Regelung zu autoritär ist“, sagt die | |
| Linken-Politikerin Sabine Boeddinghaus. Das werde gewiss am 30. Januar zur | |
| Sprache kommen, wenn es zum Regierungsvorschlag im Parlament eine | |
| Expertenanhörung gibt. | |
| Rabe hält entgegen, dass es in anderen Ländern wie Bremen, die Mathe | |
| verpflichtend machten, bereits positive Erfahrungen gebe, und „keine | |
| Einbrüche bei den Bewerberzahlen“. Das Fach werde neu konzipiert. Es gehe | |
| nicht um ein wissenschaftliches Mathestudium auf dem Niveau eines | |
| Mathe-Doktoren, sondern darum, wie Mathe in der Grundschule unterrichtet | |
| wird, sagte Rabe. | |
| 26 Nov 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
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