# taz.de -- Vortrag von Bill Drummond: Sinnloses ist unsterblich | |
> Dem Prankster Bill Drummond wird im Buch „Turn up the Strobe“ ein Denkmal | |
> gesetzt. Nun kommt er für einen Vortrag nach Berlin. | |
Bild: Die Schotten sind geizig? Bill Drummond ist es nicht | |
„KLF verlangen Ihre persönliche Anwesenheit. Begeben Sie sich bitte zum | |
untergegangenen Kontinent Mu und bringen Ihre Reisedokumente mit.“ 1991 | |
kannte die Welt sicher schon einige schattige Tricks des britischen Popduos | |
KLF. Jim Cauty und Bill Drummond, die beiden Künstler, hatten im Fahrwasser | |
von House, Samplekultur und elektronischer Tanzmusik Instanthit um | |
Instanthit gelandet. Fast alle diese Songs, wie „What Time is Love“ und | |
„It’s Grim up North“, waren generalstabsmäßig von Stunts und aufwändig… | |
Kunstaktionen eingeleitet und kommerziell nicht immer einträglich. Dies war | |
dem Ruhm von KLF nie abträglich, im Gegenteil. | |
Für die Promotion ihres Songs „Justified and Ancient“ setzten die Briten | |
aber am 21. Juni 1991 noch eins drauf. Bill Drummond schickte ausgewählte | |
PressevertreterInnen auf eine Reise nach „Mu“. Als Handlungsort für „Mu�… | |
wählte der Schotte die zu den inneren Hebriden gehörende Insel Jura. | |
Drummond fungierte als Zöllner, der die Pässe auf der Fähre vom | |
schottischen Festland mit dem Freimaurer-artigen Pyramidenlogo der Band | |
stempelte. | |
Angelandet auf Jura, schickte er die TeilnehmerInnen auf eine Wanderung, in | |
deren Verlauf immer wieder Schafsknochen – wie zufällig – in den Blick | |
gerieten. Auch das war Teil der KLF-Mythologie, in der Schafe mal als | |
Werbeflächen, mal als Opfertiere eingesetzt wurden, sehr zum Missfallen | |
großer britischer Medien wie der BBC. | |
Diese und andere Zusammenhänge werden in dem Band „Turn up the Strobe. The | |
KLF, the JAMS, the Timelords. A History“ des britischen Autors Ian Shirley | |
anschaulich erläutert. Seine Wühlarbeit ist umso verdienstvoller, weil | |
Cauty und Drummond selbst bis heute jede Auskunft über Selbstverständnis, | |
Strategien und Lebensgefühl verweigern. Omerta sagt der Fachmann dazu. | |
Shirley hat genügend Gewährsleute aufgetrieben und zudem in diversen | |
Archiven geforscht, so dass einer vergnüglichen Lektüre dennoch nichts im | |
Wege steht. | |
So lässt sich auch verschmerzen, dass Cauty und Drummond in persona schwer | |
zu fassen bleiben. Es sei denn, eine Inszenierung steht an, wie am morgigen | |
Samstag, wenn Bill Drummond beim Festival „No! Music“ im Berliner Haus der | |
Kulturen der Welt in Aktion tritt. Diesmal hält er einen Vortrag mit dem | |
Titel „Why Bill Drummond must die“. Andere Künstler wäre der Themenkomplex | |
Tod ein Tabu, Drummond und Cauty sind zumindest medial unsterblich, seit | |
sie am 23. August 1994 eine Million britische Pfund öffentlich verbrannt | |
haben. | |
## Die Geldbörse sitzt locker | |
Ihr lockerer Umgang mit dem Pekuniären, das zeigt Ian Shirley auch in „Turn | |
up the Strobe“, geht zurück auf eine steinige Karriere im britischen | |
Musikbusiness. Drummond ist im Liverpool der späten Siebziger an die | |
Oberfläche gespült geworden. Bevor er selbst zum Künstler wurde, arbeitete | |
er als A&R-Manager und betrieb das Indie-Label Zoo Records. Liverpool stand | |
damals im Schatten der Metropolen Manchester und London. | |
Dennoch ermöglichte Drummond den beiden Liverpooler Bands Teardrop Explodes | |
und Echo & the Bunnymen erfolgreiche Karrieren. „Die Regel ist, dass Leute | |
im Pub sitzen und sinnloses Zeug palavern. Drummond sitzt im Pub, palavert | |
Sinnloses und setzt genau das in die Tat um“, sagt ein Musiker in „Turn up | |
the Strobe“. | |
10 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Julian Weber | |
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