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# taz.de -- Kinofilm „Suburbicon“: Ein Häkchen auf der Checkliste
> George Clooneys „Suburbicon“ ist eine Abrechnung mit einem übertrieben
> bösen Trump-Amerika. Trotz Drehbuch der Coen-Brüder ist das nicht lustig.
Bild: Juliane Moore und Matt Damon im Film „Suburicon“
„Daß die Welt im Argen liege: ist eine Klage, die so alt ist, als die
Geschichte, selbst als die noch ältere Dichtkunst, ja gleich alt mit der
ältesten unter allen Dichtungen, der Priesterreligion.“ Aus Kants
Eingangssatz seiner Abhandlung „Die Religion innerhalb der Grenzen der
bloßen Vernunft“, in der der Philosoph seine Theorie des „radikalen Bösen…
entwickelt, kann man entnehmen: Über die Schlechtigkeit der Welt klagen die
Menschen schon recht lang.
Der Schauspieler und Regisseur George Clooney moniert ebenfalls die
Missstände auf Erden, genauer in den USA unter Trump. Sein Film
„Suburbicon“ kommt als Abrechnung mit den vom amtierenden Präsidenten der
Vereinigten Staaten so gern glorifizierten fünfziger Jahren daher.
Grundlage war ein Drehbuch der Coen-Brüder, das in Clooneys Bearbeitung
deutlich verändert wurde.
Die Geschichte um den amerikanischen Biedermann Gardner Lodge, mit der
gebotenen Biederkeit gegeben von Matt Damon, verlegte Clooney, seinen
Bedürfnissen entsprechend, von den Achtzigern in besagte Fünfziger. Ort der
Handlung ist die fiktive Vorortsiedlung „Suburbicon“, in der man Diversität
feiert: Die Bewohner stammen aus verschiedenen Ecken der USA. Wen stört es
da, dass sie alle weiß sind?
Die Idylle bekommt deutlich Schlagseite, als eines Tages die
afroamerikanische Familie Myers neben das Haus der Familie Lodge zieht –
eine weitere Erweiterung des Plots durch Clooney. Damit hat er zwar die
nötigen Elemente, um einen Kommentar zum erstarkenden Rassismus unter Trump
zu liefern. Das ist dann aber auch schon alles.
## Kein scharfer Blick auf Rassismus
Zu nutzen weiß Clooney diesen Strang der Erzählung nämlich nicht. Denn
während praktisch das ganze Städtchen sich als tobender Mob um das Haus der
unbescholtenen Myers schart, geht Gardner Lodge davon unbeirrt seinen
eigenen Machenschaften nach. Um diese geht es in „Suburbicon“ auch
vornehmlich. Um eine abgründige Bosheit, ganz im Sinne Kants, die hinter
der grellbunten Fassade rasenkurzscherender Bürgerlichkeit lauert.
Das Üble daran: Für den kriminellen Irrsinn, den Damon und Moore im Lauf
des Films entfachen, bilden die Myers lediglich eine opportune
Hintergrundkulisse. Um einen scharfen Blick auf den Rassismus geht es
Clooney kaum, eher um ein Häkchen, das er auf seiner zeitgeistkritischen
Checkliste setzen kann.
Auch ansonsten bietet „Suburbicon“ selten wirklich Komisches, wie man es
von den Coens gewohnt ist. Stattdessen überwiegt ein überzeichneter
Zynismus, der sich gut in die bunten Interieurs der Musterhäuser einfügt,
dessen Plattheit allerdings lediglich abstößt. Wie es scheint, hat sich
Clooney diesmal ganz auf Augenhöhe seines Gegners begeben.
8 Nov 2017
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
## TAGS
Kinofilm
George Clooney
Hollywood
Film
Oscarverleihung
Schwerpunkt Rassismus
Kino
Krieg
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