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# taz.de -- Asylpolitik in den Sondierungsgesprächen: Grundsätzlich uneins
> Die Jamaika-Parteien finden beim Thema Flüchtlinge nicht zueinander.
> Einen Kompromiss der Union beim Familiennachzug lehnen die Grünen ab.
Bild: Sie werden die Resultate der Sondierungsgespräche zu spüren bekommen
Berlin taz | Die Flüchtlingspolitik gilt als Knackpunkt für ein
Jamaika-Bündnis – und bisher ist keine echte Annäherung in Sicht. Die
Grünen haben jetzt einen Kompromissvorschlag aus der CDU beim
Familiennachzug für Flüchtlinge abgelehnt. „Der Vorschlag von Jens Spahn
geht an der Realität vorbei, denn die von ihm genannten Voraussetzungen
werden nur die allerwenigsten Menschen erfüllen können“, sagte
Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth der taz am Montag. Roth koordiniert
die Flüchtlings- und Integrationspolitik im grünen Sondierungsteam.
CDU-Unterhändler Jens Spahn hatte zuvor einen Kompromiss beim
Familiennachzug angedeutet. „Wer legal ins Land kommt, sich anpasst,
Deutsch lernt, Arbeit hat und so beweist, dass er Teil dieser Gesellschaft
sein will, soll auch dauerhaft bleiben dürfen und erleichtert die
Möglichkeit zum Familiennachzug erhalten“, sagte der Finanzstaatssekretär
dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Wenig später schrieb er allerdings auf
Twitter: „Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte muss über März
2018 hinaus ausgesetzt bleiben.“
Beim Familiennachzug geht es um Kriegsflüchtlinge, meist Syrer, die nur
einen eingeschränkten Schutz genießen. Für sie ist der Nachzug ihrer
Angehörigen nach Deutschland noch bis März 2018 ausgesetzt. CDU und CSU
möchten den Stopp verlängern. Die Grünen entgegnen, dass eine Integration
hierzulande nur mit Ehefrauen und Kindern gelingen könne. Spahns Vorschlag
hätte den Familiennachzug ans Leistungsprinzip geknüpft.
Für Roth kann die Sprache nur erlernt und gute Arbeit nur getan werden,
„wenn die tagtägliche Sorge um das Überleben der eigenen Familie endlich
der Vergangenheit angehört“. Roth weiter: „Wir stehen den Syrern und
Irakern, die fast zwei Jahre darauf gewartet und vertraut haben, ab März
2018 endlich ihre Lieben nachziehen zu lassen, gegenüber im Wort.“
Wie viele Menschen durch den Familiennachzug neu ins Land kämen, ist schwer
zu beziffern. Das Bundesinnenministerium antwortete zuletzt ausweichend auf
eine Linken-Anfrage: Belegbare Zahlen, wie viele Angehörige im Schnitt zu
einem in Deutschland anerkannten international Schutzberechtigten
nachzögen, gebe es nicht. Das Auswärtige Amt hatte zuvor bekanntgegeben,
dass gerade rund 70.000 Syrer und Iraker versuchten, zu Verwandten in
Deutschland zu ziehen. Das wäre eine überschaubare Zahl. Ein Grund ist,
dass die Verfahren sehr lange dauern, weil deutsche Auslandsvertretungen zu
wenig Personal für eine zügige Bearbeitung haben.
Bei der Flüchtlingspolitik sind in den Jamaika-Sondierungen, die in der
Nacht von Donnerstag auf Freitag enden sollen, weitere Punkte umstritten.
CDU und CSU möchten die Maghreb-Staaten Algerien, Tunesien und Marokko zu
sicheren Herkunftsstaaten erklären. Dann könnten Flüchtlinge
unkomplizierter abgeschoben werden. Die Grünen verweisen darauf, dass dort
Homosexuelle per Gesetz bestraft und schikaniert werden. Die Ökopartei hat
ein Gesetz der Großen Koalition bereits einmal im Bundesrat scheitern
lassen.
CDU und CSU wollen zudem Rückführungszentren für Flüchtlinge einrichten.
Darin sollen Asylbewerber bleiben, bis über ihre Verfahren entschieden
wurde. Die Grünen sind dagegen. Vorbild für einen Kompromiss könnte eine
Einrichtung im grün-schwarz regierten Baden-Württemberg sein. In Heidelberg
werden Flüchtlinge registriert, sie können auch Asylanträge stellen. Sie
halten sich dort laut dem Stuttgarter Innenministerium im Schnitt vier bis
sechs Wochen auf.
13 Nov 2017
## AUTOREN
Ulrich Schulte
## TAGS
Sondierungsgespräche
Jamaika-Koalition
Asylpolitik
Schwerpunkt Flucht
Flüchtlinge
Lesestück Recherche und Reportage
Jamaika-Koalition
nurtest
Grüne
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