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# taz.de -- Kolumne Jung und dumm: Mit Totschlägern reden
> Selbst Rechte mögen uns Schwule neuerdings, sie wollen uns vor dem Islam
> beschützen. Und deshalb müssen wir mit ihnen reden, reden, reden.
Bild: Hat den Rechten sicher auch viel zu sagen: ein Fisch
Es geht auch um Flirting dieser Tage. Anders als bei Heteros ist kein
Stigma damit verbunden, als Schwuler dafür das Internet zu gebrauchen.
Neben allerlei tollen Abkürzungen – FF, BB, BBC, NS – und einer ganz
eigenen Fragesyntax („Bock auf Fun?“) begegnet dem neugierigen Nutzer dabei
jedoch eine eigentümliche Kategorisierungswut: Es gibt Bären, Daddys,
Wölfe, Jocks, Cubs, Chubs, Pups, Twinks, Geeks, Queens, Eichhörnchen sowie,
mein liebstes Wort – Otter.
Man merkt, wie John Berger auf die Idee kam, am Ursprung der Metapher stehe
das Tier. Weitere Kriterien für attraktive Profile sind, außer der Angabe
des gay tribes, die der bevorzugten Sexposition und der Penisgröße: S, M, L
und so weiter. Fast wie im Möbelhaus.
Michael Hobbes hat vor einigen Monaten einen sehr einfühlsamen Text
geschrieben mit dem Titel „The Epidemic of Gay Loneliness“. Ihre jahrelange
Diskriminierung erkläre die körperlichen und seelischen Belastungen nur
unzureichend, denen sich junge schwule Männer auch nach ihrem Coming-out
ausgesetzt sehen, meint er; vielmehr erlebten sie in ihrer Community eine
Retraumatisierung, da der äußere Stress sich innerhalb dieser
vervielfältige.
In der Tat: Der Ton ist rau, besonders bei den Gay-Apps, die die
Partnersuche zwar entgrenzt und aus festgelegten Räumen gelöst haben, sie
damit aber ins Selbst verlegen und sexuelle Attraktivität zu einer je nach
Akkustand nahezu permanenten Aufgabe machen. Die Rollenverteilung ist klar:
Die großen Starken ficken die kleinen Devoten mit ihren riesigen Schwänzen,
und das ständig, immer, überall.
So gibt es also auch bei Schwulen Männer und Frauen, Patriarchat und
Misogynie. Zuerst hasst man Frauen, weil sie Männer begehren dürfen, dann
Männer, die wie Frauen aussehen. „Heterolike“ ist eine der wohl häufigsten
Beschreibungen für den Wunschpartner auf diesen Portalen.
Seit einem Jahr bin ich jetzt offiziell schwul und kann das trotz allem nur
weiterempfehlen. Man darf bunte Pullover tragen, immer lustig tanzen und
die Haut wird so rein.
Auch gesellschaftlich gesehen geht es ab. Nach Nicht-mehr-Umgebrachtwerden,
Nicht-mehr-Eingesperrtwerden und Ehe für alle kämpft die Minderheitenlobby,
so hört man, nun auch noch dafür, dass den Homosexuellen der
Rundfunkbeitrag erlassen wird. Und das Beste an der Sache: Alle sind dafür.
Ja, selbst die Rechten mögen uns neuerdings. Zumindest, solange wir ihre
Kinder nicht mit Dildos füttern oder bei türkischen Vornamen rufen, um ihr
white privilege auszugleichen. Schließlich bedroht der Muselmann nicht nur
sie, sondern auch uns. Und dann sterben ja auch noch die Bienen.
Deshalb müssen wir mit ihnen reden, sagt sich der masochistische
Diskursethiker, und das ständig, immer, überall (und man hört dabei
förmlich das Peitschenknallen, gefolgt von Gemurmel: „Muss … mehr mit
Rechten reden … mehr mit Rechten …“). Dabei wusste schon Stalin, dass geg…
Nazis nur die Rote Armee hilft. Für alle anderen: „Aspekte“ – zur
Gehirnabtötung.
1 Nov 2017
## AUTOREN
Adrian Schulz
## TAGS
Jung und dumm
Homosexualität
Rechte Szene
Demokratie
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Helmut Kohl
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