| # taz.de -- Kolumne Jung und dumm: Blühende Landschaften | |
| > Helmut Kohl ist wie Zugfahren: Beides hört niemals auf. Den Rest erklärt | |
| > der Paulus-Brief an die Römer, beziehungsweise die Lyrik. | |
| Bild: Nicht umsonst gehört Dr. Kohl nach Adorno und Luther zu den meistzitiert… | |
| Menschen sind bei schönem Wetter meist eine Zumutung. Eigentlich auch, wenn | |
| es regnet. Besonders schlimm spitzt sich die Lage beim Zugfahren zu. | |
| Gelegenheitsreisende nerven. Pendler genauso. Nur man selbst ist okay. Die | |
| Bahn ist kein Ort für das Streben nach Glück. Am Fenster der Raps – oder | |
| ist es Urin? | |
| *** | |
| „Wenn er durch die Diele stapft, sehr aufrecht und immer so, als hätte er | |
| ein festes Ziel, geraten die Holzbohlen in dumpfe Vibration“, schrieb der | |
| Arzt Hans Halter im Spiegel schon zu Lebzeiten andächtig. Gebannt im Sog | |
| von Kohl ist auch die Junge Union, die alle Karl-Marx-Straßen im | |
| Rhein-Main-Gebiet nach Helmut Kohl umzubenennen fordert, in einem Manifest | |
| namens „Ehre, wem Ehre gebührt“. | |
| Das ist recht hübsch und stammt aus dem Brief von Paulus an die Römer. | |
| Nicht umsonst gehört ein viel zu lang belächelter Dr. Kohl nach Adorno und | |
| Luther zu den meistzitierten deutschen Geistlichen (Quelle: | |
| Fleischerei-Magazin). Er hat uns alle erlöst. Soll aber nun ganz Frankfurt | |
| geflutet werden, damit die fünf Millionen Arbeitslosen reinspringen können? | |
| Und wäre es nicht praktischer, einfach gleich Marx in Kohl umzutaufen? | |
| Namenswechsel ist doch eine deutsche Spezialität – von „Antisemit“ zu | |
| „Israelkritiker“, von „Hitler“ zu „Rommel“, von „Wehrmacht“ zu … | |
| Die Fusion von CDU und Kommunismus bietet nicht zuletzt ungeahnte | |
| Möglichkeiten für die Blumenindustrie. „Und du musst mich begraben / Unter | |
| dem Schatten einer schönen Blume“, heißt es im Arbeiterlied „Bella Ciao�… | |
| Alle Menschen sind Sünder, schreibt Paulus dann übrigens auch noch. | |
| *** | |
| Absurde Koffertetris-, Gangvorrang-Ausweichlogik- und Verständnisrochaden, | |
| über Stunden geht das so. Entkommen unmöglich – wer einmal aufsteht, ist | |
| verloren, verirrt sich fortan zwischen Wagen und Welten, verfängt sich in | |
| Schleifen. Mit der Wucht von zwanzigtausend Jahren sauerländischer | |
| Erdgeschichte bringen beleidigte Rentner gebutterte Brote in Stellung zum | |
| Wurf. | |
| *** | |
| Vergessen Sie alles, was Sie wissen. Dann können Sie immer so tun, als | |
| hätten Sie alles schon gewusst, aber nur vergessen. | |
| *** | |
| Gnade der späten Geburt | |
| Ich bin so jung, die Landschaft blüht, der Walter klingelt – Wut! | |
| Kai Diekmann lacht, der Orbán weint, ach, Deutschland find ich gut | |
| Ich bin so jung, dass deine Mutter meine Mutter schlägt | |
| Weil die ihr Hundescheiße in den Kinderwagen legt | |
| Ich bin so jung, ich darf noch nicht mal Kinderpornos schauen | |
| Wenn ich groß bin, werde ich dich ganz, ganz dolle hauen | |
| Ich bin so jung, dass Helmut Kohl mein Adolf Hitler ist | |
| Rein altersmäßig – Doktor Kohl: natürlich kein Faschist | |
| 28 Jun 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Adrian Schulz | |
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