| # taz.de -- Online-Magazin „Addendum“: Nichts als die Wahrheit | |
| > Die österreichische Plattform soll die „Lücken“ des Journalismus füllen | |
| > und gibt sich politisch neutral. Oder ist sie nur ein Alpen-Breitbart? | |
| Bild: Red Bull-Boss Mateschitz will jetzt neben Sport- und Stuntevents auch Jou… | |
| Dietrich Mateschitz, 73, der eine Zuckerwassermischung zum Welterfolg | |
| gemacht hat, hält sich nicht mit Kleinigkeiten auf. Der Mann, der sich zwei | |
| Formel-1-Rennställe, zwei Fußballteams und Extremsportler sonder Zahl hält, | |
| kleckert nicht. Er klotzt. Und obwohl er sich bisher nicht als | |
| Bildungsbürger hervorgetan hat, liebt er es neuerdings Latein. | |
| „Addendum“ ist das, was hinzuzufügen ist. Der vom Gründungsteam erfundene | |
| Name ist wohl eine Anspielung auf die „Lückenpresse“, die mit gezielten | |
| Auslassungen operiere. Man will uns also die volle Wahrheit sagen. Dazu | |
| passt auch die gemeinnützige Stiftung Quo vadis veritas?, die als Träger | |
| fungiert. „Wahrheit, wohin gehst du?“ Mateschitz lancierte das Projekt im | |
| September als „multimediale Antwort auf die viel zitierte Krise des | |
| Journalismus“. | |
| Der Dosenmilliardär hat zu Recht erkannt, dass guter Journalismus heute | |
| unterfinanziert ist. Bei „Addendum“ klemmt sich ein Team von erfahrenen | |
| Journalistinnen und Journalisten sechs Wochen lang hinter ein einziges | |
| Thema und stellt dann die Beiträge, die alle Aspekte möglichst erschöpfend | |
| ausleuchten, nach und nach ins Netz. Zuletzt 14 Artikel zum Thema | |
| Terrorismus – bisher ohne Bezahlschranke. „Dieser rekonstruktive | |
| Journalismus stellt nicht den Anspruch, die Wahrheit gefunden zu haben, wir | |
| bemühen uns aber, ihr mithilfe von Recherche und Datenanalyse so nahe wie | |
| möglich zu kommen“, heißt es in der Selbstdarstellung. | |
| Da wird zunächst durch eine Erstreckung auf die vergangenen 46 Jahre der | |
| Terrorismus in Europa in den historischen Kontext gestellt. 61 Prozent | |
| aller Opfer sind in den drei Ländern Großbritannien, Spanien und Frankreich | |
| getötet oder verletzt worden. Auf einer Grafik wird farblich sichtbar | |
| gemacht, ob ethnisch-nationalistische, religiöse, linke oder rechte | |
| politische Motive nachgewiesen werden konnten. | |
| Seit der Jahrtausendwende hat religiöser den ethnisch-nationalistisch | |
| motivierten Terrorismus als Hauptursache abgelöst. Man begibt sich auch | |
| auf Ursachenforschung und stellt die zehn folgenschwersten Interventionen | |
| in muslimischen Ländern vor. | |
| ## Angestellte von konservativen Blättern | |
| Von den etwa 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind die meisten mit | |
| Recherche beschäftigt. Gelegentlich werden externe Experten beigezogen. Die | |
| meisten haben ein Vorleben bei konservativen Publikationen wie Die Presse | |
| oder Kurier. Einige wurden frisch von der Uni geholt, viele sind völlig | |
| unbeschriebene Blätter. Die einzigen bekannten Namen sind die beiden | |
| Geschäftsführer: Michael Fleischhacker, ehemals Chefredakteur der | |
| konservativen Tageszeitung Die Presse, sowie der Religionskritiker Niko | |
| Alm, Anhänger des Quatschglaubens an das Fliegende Spaghettimonster, | |
| zuletzt Abgeordneter der liberalen Neos. | |
| Mitarbeiter sind angewiesen, über ihre Arbeit nicht mit der Presse zu | |
| sprechen. Die relevante Information gehe ja aus dem Impressum und den | |
| Artikeln hervor. Tatsächlich werden bei jedem Text die an der Recherche | |
| Beteiligten samt Porträtfoto ausgewiesen und alle Quellen offengelegt. | |
| Bei der Präsentation der Plattform am 25. September hat Fleischhacker noch | |
| Stellung genommen: „Die Bürger haben den Eindruck, dass sie manipuliert | |
| werden.“ Traditionelle Medien würden nicht unbedingt absichtlich die | |
| Unwahrheit verbreiten, allerdings würden die Informationen immer mehr und | |
| gleichzeitig immer unvollständiger. „Das, was da nicht stimmt, ist, dass | |
| etwas fehlt.“ | |
| Geldgeber Dietrich Mateschitz hält wenig von Politikern und hat wiederholt | |
| seinen Zorn über die sogenannte Willkommenskultur kundgetan. Kein Zufall, | |
| dass gleich der erste Schwerpunkt dem Thema Asyl gewidmet war. Aber | |
| Mateschitz ist zu schlau, als dass man den Beiträgen eine eindeutige | |
| Tendenz nachweisen könnte. „Addendum“ ist weder links noch klar rechts, | |
| weder Boulevard noch für die Intellektuellen gemacht. Die Süddeutsche | |
| Zeitung machte sich lächerlich mit der Vermutung, dass da ein | |
| „Alpen-Breitbart“ Falschnachrichten in die Welt setzen würde. | |
| Wenn „Addendum“ nachhaltig zur Hebung der journalistischen Qualität in | |
| Österreich beiträgt, sei es willkommen. Allerdings sollten die Mitarbeiter | |
| nicht auf die Idee kommen, einen Betriebsrat zu gründen. Bei Mateschitz’ | |
| Servus TV hat dieses Vorhaben fast zur Einstellung des Senders geführt. | |
| 11 Oct 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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