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# taz.de -- Die Wahrheit: Humorkonferenz
> Gelegentlich werde ich zur interdisziplinären Humorkonferenz einberufen.
> Nur so als assoziiertes Mitglied.
Neulich kreuzten sich die Wege. Mein Weg und der eines alten Kumpels, den
ich in den letzten Jahren nur selten und im Vorbeigehen gesehen hatte. Wir
trafen uns zufällig, einigten uns auf ein Schneider Weizen im Café Mezzo.
Behäbig plaudernd schien er herumzudrucksen. Irgendwann streute er einen
sperrigen Begriff ein, erwähnte eine sogenannte interdisziplinäre
Tumorkonferenz. Fragezeichen meinerseits. Er: Das heiße so. Die Fachärzte
hätten dort ihn, nein, nicht ihn, sondern seinen Fall diskutiert: „Was
Konferenzen so zu tun pflegen: diskutieren und beschließen“, sagte er. „Die
gucken sich Befunde an und so, aber nicht dich.“
Ich war baff. Dann hatte ich das Gefühl, es sei besser, nicht näher darauf
einzugehen, sondern ihn abzulenken. Ob er, fragte ich ihn, nicht von der
interdisziplinären Humorkonferenz gehört habe, zu der ich gelegentlich
einberufen werde. Nur so als assoziiertes Mitglied, weil mein Humor als
etwas einfältig gilt, kalauermäßig, flach. Oder zu kompliziert, zu
verwinkelt. Jedenfalls selten so recht zündend.
„Kann ich mir vorstellen“, sagte er und bestellte ein Glas Weißwein mit
zwei, drei Eiswürfeln. „Das bestellen sonst nur Frauen“, sagte die
Bedienung nebenher, aber nicht unfreundlich. Er wiederum zu mir: „Soweit
ich mich erinnere, haben mich deine Witze selten zum Lachen gebracht. Aber
ich gebe zu, Humorkonferenz gefällt mir.“
Diese großzügige Geste erleichterte mich ein wenig. Und ich suchte
geschwind in meinem Notizbuch nach dem jüngsten Favoriten für eine
Humorkonferenz-Debatte. „Was hältst du davon? Stammt aus Wikipedia unter
dem Begriff ‚Einfalt‘: ‚Die Artikel Naivität und Einfalt überschneiden …
thematisch. Hilf mit, die Artikel besser voneinander abzugrenzen oder
zusammenzuführen. Beteilige dich dazu an der betreffenden
Redundanzdiskussion.‘ Ist nicht Redundanzdiskussion mindestens so lustig
wie … wie … äh …?“
„Ja, der Fund gibt zu denken“, meinte er. „Zum einen, weil ich Naivität …
Einfalt gleichgesetzt hätte. Zum anderen, weil man eine Redundanzdiskussion
auf viele Branchen, Genres und Themen erweitern könnte.“
Ich war einigermaßen zufrieden. „Du hast vollkommen recht. Übrigens
schließt den Text der folgende Satz ab: ‚Bitte entferne diesen Baustein
erst nach vollständiger Abarbeitung der Redundanz und vergiss nicht, den
betreffenden Eintrag auf der Redundanzdiskussionsseite mit {Erledigt} zu
markieren.‘ Hab ich aber natürlich nicht gemacht. Wie denn auch? Ein
Einfaltspinsel arbeitet die Überschneidung der Artikel Einfalt und Naivität
ab?“
„Stimmt“, sagte er bündig, „das sehe ich auch so.“ Anschließend kam e…
mal auf die Tumorkonferenz zu sprechen, nachdem ich ein zweites Schneider
Weizen bestellt hatte. Ich revanchierte mich mit meinem nächsten Beitrag
für die Humorkonferenz, die sich ebenfalls als strittiger Baustein einfügen
ließe. Ohne Redundanz.
18 Oct 2017
## AUTOREN
Dietrich zur Nedden
## TAGS
Humor
Weizen
NS-Forschung
Realität
Lego
Nordsee
Unesco-Kulturerbe
Erinnerung
Unisex
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