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# taz.de -- Die Wahrheit: Gruseln auf einer Insel
> Aus „Nordsee ist Mordsee“ ist ein Subgenre gediehen, in Buchform und im
> Fernsehen, mit eigenen Krimi-Reihen und gewaltsamem Tod.
Bild: Baufällig oder nicht? Lange gab es nicht einmal ein Gutachten zum Zustan…
Auf dem Weg vom Fährhafen in Wittdün, „maritimes Tor der Insel Amrum“, zur
Wohnung fällt mir ein Plakat auf. Unter dem Titel „Nordsee – Mordsee“
annonciert es einen Lichtbildervortrag. Der Abend dreht sich um die
Schrecken der Sturmfluten, der tobenden See, der Naturgewalten. Eine DVD
gleichen Namens wird so beworben: „Geben Sie es zu: Sie gruseln sich doch
alle gern!“
Nordsee/Mordsee – Der Reim wird gern verwendet, warum auch nicht, liegt
nahe, ist nicht neu. Hark Bohms Filmdrama „Nordsee ist Mordsee“ von 1976
habe ich damals gesehen. Inzwischen ist gleichsam ein Subgenre gediehen,
in Buchform und im Fernsehen, eigene Krimi-Reihen, die auf Nordseeinseln
spielen, selten inklusive Naturgewalten, sondern gewaltsamer Tod unter
Menschen. „Nord Nord Mord“ scheint eine erfolgreiche Reihe im ZDF zu sein.
Besonders gelungen ist der TV-Film „Mörder auf Amrum“, der von den
Coen-Brüdern stammen könnte.
Am nächsten Tag spaziere ich den Bohlenweg durch die Dünen entlang, biege
ab zum weiten Strand. Ich komme einem rotweißen Flatterband entgegen, davor
steht eine junge Polizistin, dahinter in den Dünen halten sich Kollegen von
ihr auf. Ein Radlader rollt herum.
Vollkommen zu Recht gilt Paragraph 7 in der norddeutschen Verfassung: Der
Wind kommt immer laut von vorn. Deshalb habe ich mich bestimmt verhört, als
ich aus einem Dialog der Polizistin mit einer Spaziergängerin die
Satzbrocken aufschnappe … „Tod“, „Mord“, „Leiche“ …? Irritiert …
mich um, gehe südwärts auf der unteren Wandelbahn zur Strandbar: Endloser
Blick, Meeresrauschen.
Abends, zurück in der Wohnung, stoße ich mit den wohlgezielten Stichwörtern
auf einen Artikel des Insel-Boten. Der irakische Flüchtling Ceetin K. (27)
war seit Ende April vermisst worden. „Da die Leiche allerdings sehr stark
verwest ist, konnte noch keine Todesursache festgestellt werden.“
Das „Wie“ blieb noch ungelöst; dass Ceetin K. einem Verbrechen zum Opfer
gefallen war, von wem getötet, war geklärt. Ein Jugendlicher aus Amrum und
ein junger Mann, der in Wittdün bei „Edeka“ arbeitete, hatten gestanden.
„Täter und Opfer waren befreundet. Auf der Insel heißt es, Streit um ein
Mädchen könnte bei dem Verbrechen eine Rolle gespielt haben.“ Die Eltern
von Ceetin K. starben im Irakkrieg. Ceetins Chef wird zitiert: „Das macht
die Tat so unfassbar. Du fliehst vor dem Krieg, bist auf Amrum und doch
eigentlich sicher.“
Tage später stapfen wir zur Nordspitze. Für mich eine Premiere: Etwas
entfernt, im abgesperrten Gebiet, faulenzen acht niedliche junge
Kegelrobben, flankiert von mancherlei Vögeln. Einer meiner Gefährten
enthüllt, gebildeter als ich, ausgewachsene Kegelrobben seien die größten
freilebenden Raubtiere in Deutschland. Die Erwachsenen benötigten etwa zehn
Kilo Fisch pro Tag.
Ein Bestseller von Johannes Mario Simmel heißt „Niemand ist eine Insel“.
Oder ist jeder eine? Immerhin ist eine Insel keine, natürlich.
1 Nov 2017
## AUTOREN
Dietrich zur Nedden
## TAGS
Nordsee
Mord
Krimi
Krimis
Nordfriesland
Humor
Unesco-Kulturerbe
Erinnerung
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