# taz.de -- „Anne Will“ zu Koalitionsbildung: Jamaika ist nicht sexy | |
> Politiker aus der zweiten Reihe diskutieren, was eine Koalition aus | |
> Union, FDP und Grünen bedeuten könnte. Doch niemand wagt den großen Wurf. | |
Bild: Was tun, wenn die Menschen unzufrieden mit ihren Renten sind? „Zuwander… | |
„Wir müssen mal in die Gänge kommen“, sagt der Grünen-Politiker Robert | |
Habeck kurz vor Ende der Sendung. Er meint die großen Verhandlungen über | |
die Koalition aus Union, FDP und Grünen, aber es könnte auch im Kleinen für | |
diese Sendung gelten. Fast eine Stunde ist in der [1][ARD-Talksendung „Anne | |
Will“] vergangen, aber was ein künftiges Jamaika-Bündnis bedeuten könnte, | |
ist nicht wirklich deutlich geworden. Vielleicht irgendetwas mit Heimat, | |
was auf Vorschlag des Süddeutsche-Politikchefs Heribert Prantl | |
„Wiederbeheimatung“ heißen könnte. | |
Was wäre toll an einer Jamaika-Koalition?, fragt Anne Will Bayerns | |
Heimatminister Markus Söder (CSU) und der antwortet „Puhhh“. Die FDPlerin | |
Marie-Agnes Strack-Zimmermann möchte lieber von „Schwampel“ (Kurz für: | |
„Schwarze Ampel“) sprechen, weil das „weniger sexy“ klinge, denn die | |
angedachte Koalition sei auch gar nicht so sexy. Und auch Robert Habeck | |
glaubt, dass Jamaika „grob gesprochen“ nicht zum Wahlergebnis passe. Die | |
Grünen und die FDP seien zu dynamisch und die Menschen wollten doch | |
„weniger Aufbruch“. | |
Man merkt, dass niemand so richtig über Jamaika sprechen möchte. Schon die | |
Auswahl der Partei-Delegierten macht das deutlich: Es sind Politiker der | |
zweiten, vielleicht sogar dritten Reihe, die dort über die kommende | |
Regierung sprechen sollen. Und viel haben sie nicht zu sagen. Vielleicht | |
weil sie wissen, wie schwer die echten Verhandlungen sein werden. Aber es | |
gibt auch niemanden, der Jamaika ausdrücklich ablehnt: Irgendwie wird es | |
Pflicht sein, irgendwie werden sich die Parteien – sehr schwierig – einig | |
werden müssen. Nein, niemand will die Koalition aus „Kleinstegoismen“ | |
platzen lassen. | |
Die Debatte ist zäh und sie kommt immer wieder ab vom eigentlichen Thema. | |
Am schlimmsten treibt es Söder, der bei jeder Frage auf Einwanderung und | |
Abschiebung zu sprechen kommt. Die Leute seien wütend, weil ein paar Euro | |
Rentenerhöhung große Debatten auslösen würden, aber für Flüchtlinge gleich | |
Milliarden mobilisiert würden, sagt er. Die Lösung: „Zuwanderung effektiv | |
begrenzen“. Wirklich? Nicht etwa Renten erhöhen? Das fragt leider niemand. | |
## Kurz wird es leidenschaftlich | |
Ebenso monothematisch ist die sächsische Staatsministerin für Integration, | |
die SPDlerin Petra Köpping, die zwar zugibt, dass es in Sachsen ein Problem | |
mit Rechtsradikalismus gibt, aber immer wieder um Verständnis für die | |
Menschen im Osten wirbt: „Alles was die Menschen gemacht haben, wurde [bei | |
der Wiedervereinigung, Anm. d. Autors] über den Haufen geworfen“. Man müsse | |
den Menschen jetzt zuhören, das habe sie selbst getan. Nur leider berichtet | |
sie nicht, was sie gehört hat und was getan werden müsse. | |
Kurz wird es mal leidenschaftlich, aber wieder geht es nicht um Jamaika. | |
„Wie Sie nach Afghanistan abschieben lassen, ist eine Sauerei und | |
menschrechtswidrig“, fährt Heribert Prantl den CSU-Mann Söder an. Der | |
verbittet sich den Tonfall. Prantl wird leiser, dann schwampelt es weiter. | |
In die Gänge kommt an diesem Abend niemand. | |
2 Oct 2017 | |
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[1] http://daserste.ndr.de/annewill/archiv/Die-Gaeste-im-Studio,gaesteliste1030… | |
## AUTOREN | |
Lalon Sander | |
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