| # taz.de -- Streit um Legislatur-Dauer: Volksentscheid völlig vergessen | |
| > Keine Partei außer der Linken behandelte im Wahlkampf die Abstimmung zur | |
| > Verlängerung der Legislaturperiode der Bürgerschaft. | |
| Bild: Vier oder fünf Jahre für ein Parlament, das Thema hat Bremen verschlafen | |
| Überraschung! Am Sonntag ist Volksentscheid. Nur zur Erinnerung: Neben der | |
| omnipräsenten Bundestagswahl dürfen die BremerInnen am Sonntag darüber | |
| abstimmen, ob die Legislaturperiode der Bürgerschaft von vier auf fünf | |
| Jahre verlängert wird. Bremen ist das letzte Bundesland mit einer | |
| vierjährigen Regierungszeit, deswegen hat die Bürgerschaft im Mai einen | |
| fraktionsübergreifenden Antrag zum Volksentscheid gestellt und einstimmig | |
| angenommen. | |
| Volksentscheid heißt normalerweise: Nach einer Debatte um Mehrheiten in | |
| einem relevanten und wichtigen Thema entscheiden die WählerInnen. In diesem | |
| Fall dürfen BremerInnen direktdemokratisch entscheiden, für wie lange ihr | |
| Regionalparlament konstituiert wird. Eine Entscheidung zwischen mehr | |
| Handlungsfreiheit für Senat und Parlament auf der einen Seite und mehr | |
| demokratischer Kontrolle bei häufigeren politischen Auseinandersetzungen | |
| auf der anderen Seite. | |
| Eine Debatte darüber hat allerdings im Vorfeld der Wahlen gar nicht bis | |
| kaum stattgefunden, öffentliche Veranstaltungen dazu suchte man vergeblich. | |
| Ein Wahlkampfthema war der Volksentscheid in Bremen schon gar nicht. Die | |
| taz.bremen hat ein [1][Pro & Contra] gemacht, [2][Butenunbinnen auch]. | |
| Interessieren tut’s trotzdem niemanden: Eine Umfrage auf [3][der Website | |
| des Weser Kuriers] (WK) ergab, dass knapp über die Hälfte der WK-Leser | |
| überhaupt nicht wussten, dass es am Sonntag einen Volksentscheid gibt. | |
| Auf der Schlussgeraden meckerte Matthias Güldner (Grüne) dann noch über den | |
| „[4][Volksentscheid ohne Orientierung“]. Die politische Klasse Bremens | |
| verpasse eine Chance, eine Position zu entwickeln, sie glaubwürdig zu | |
| präsentieren und die Bevölkerung damit zu überzeugen. Kurz: Das Thema | |
| gehöre in den Wahlkampf! | |
| Seine Partei hat dafür allerdings nichts getan: Lediglich die Linken haben | |
| Plakate zum Thema in der Stadt verteilt. Abgesehen davon haben sämtliche | |
| Parteien das Thema ausgeblendet: Roland Pahl (SPD), der für den | |
| Landesverband der Sozialdemokraten den Wahlkampf organisiert hat, erklärt | |
| die Absenz des Themas mit wichtigeren Dingen. Er sagt: „Bei der | |
| Bundestagswahl haben wir uns mit der Zukunft Deutschlands beschäftigt.“ | |
| Immerhin habe man an den Wahlkampfständen Info-Material zum Volksentscheid | |
| gehabt. Was denn nun die Position der SPD dazu sei? Pahl sagt: „Wir setzen | |
| uns klar für die Verlängerung auf fünf Jahre ein. Wenn man | |
| Bürgerschaftswahl mit der Europawahl zusammenlegt, kommt es hoffentlich zu | |
| einer höheren Wahlbeteiligung.“ Und außerdem spare man ja Kosten, wenn man | |
| seltener wähle. | |
| Laut Tim Ruland, Sprecher der Linken, ist Geld kein demokratisches | |
| Argument. Die Linke lehnt eine Verlängerung ab: „Es ist eine Einschränkung | |
| der Wahlmöglichkeiten und der Demokratie, seltener zu wählen“, sagt Ruland. | |
| Zudem sei es problematisch, wenn andere Parteien das Thema nicht | |
| adressierten: „Die Parteien müssen bei der Meinungsbildung einen Beitrag | |
| leisten, deswegen haben wir es zum Thema gemacht.“ | |
| Bei den Grünen sieht man das, abgesehen von Güldner, anders: Dort hat man | |
| sich per Entscheid bei der Landesmitgliederversammlung gegen die | |
| Thematisierung im Wahlkampf entschieden: „Wir wollen die Frage dem Volk | |
| vorlegen. Das ist Sache des Souveräns“, sagt Ralph Saxe. Zudem gebe es bei | |
| den Grünen unterschiedliche Positionen zu dem Thema. | |
| Die CDU hat in dem Punkt eine ähnliche Haltung: „Diese Frage sollte nur vom | |
| Bürger direkt entschieden werden“, sagt Sprecherin Rebeka Grupe. | |
| Die FDP befürwortet eine Verlängerung. Vorsitzender Hauke Hilz sagt: Neue | |
| „Beteiligungsmöglichkeiten zwischen den Wahlen wiegen Einschränkungen der | |
| demokratischen Teilnahme auf“. | |
| 22 Sep 2017 | |
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| [2] https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/politik/pro-contra-volksentscheid1… | |
| [3] https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-volksentscheid-ohn… | |
| [4] http://www.matthiasgueldner.de/tor-der-woche/items/volksentscheid-ohne-orie… | |
| ## AUTOREN | |
| Gareth Joswig | |
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