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# taz.de -- Skurrile TV-Doku über linke Gewalt: Mit dem Zweiten basht es sich …
> Passend zu de Maizières Offensive gegen Links strahlt ZDFinfo „Radikale
> von Links – Die unterschätzte Gefahr“ aus. Es ist eine Relativierung
> rechter Gewalt.
Bild: Der Bildbeweis: ein mutmaßlich Linksextremer bedroht einen Wasserstrahl
Knapp einen Monat sind der G20-Gipfel und die Proteste dagegen in Hamburg
nun vorbei. Seitdem überbieten sich einige Stimmen öffentlich mit Warnungen
vor Linksextremismus. Nun bedient auch ZDFinfo dieses Bashing mit einem
Beitrag. Autor Rainer Fromm ist für kenntnisreiche Filme zum
Rechtsextremismus bekannt. Am Mittwochabend um 20.15 zeigt ZDFinfo
allerdings seine neue Dokumentation mit dem reißerischen Titel „Radikale
von Links – Die unterschätzte Gefahr“, die das Szenario eines vom
Linksextremismus bedrohten Deutschlands kreiert.
Im Pressetext zur Dokumentation wird behauptet, linksextremer Terror sei im
Jahr 2015 brutaler gewesen als der von RechtsextremistInnen. Dass in dem
Jahr allein 924 Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte vom
Bundeskriminalamt gezählt wurden, wird nicht erwähnt. Der Text hebt hervor,
linke Gewalt richte sich vor allem gegen „Polizeibeamte, Unternehmer,
Rechtsextremisten und alle anderen, die in der Szene mit dem verhassten
‚Kapital‘ verknüpft werden“.
Unabhängig davon, dass Rechtsextreme wie selbstverständlich in einem
Atemzug mit PolizistInnen und UnternehmerInnen genannt werden, unterschlägt
diese Darstellung eins: Unter linker Gewalt gegenüber PolizistInnen zählen
auch Bagatellen wie etwa ein [1][Angriff mit einem Blumenstrauß] oder auch
verbale Gewalt und Widerstand gegen Beamte. Differenzierung und Kontext?
Fehlanzeige.
Vielmehr wird nahegelegt, linksextreme Gewalt sei eine große Gefahr für die
Demokratie. Mehr noch, im Pressetext wird angedeutet, Linksextremismus
werde von Parlamentariern gefördert. Was an eine von Rechtsextremen
[2][vielzitierte Satire der taz] erinnert, nach der es eine Antifa e.V. und
eine bezahlte Teilnahme an Demonstrationen gebe, meint der Autor der Doku
offensichtlich ernst.
## Immer wieder die RAF
Gleich zu Beginn der Doku wird – unterlegt mit dramatischer Musik – eine
Statistik gezeigt, die linksextreme Gewalttaten darstellt. Diese hätten
sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Wie der Autor auf die Zahl für
2016 kommt, ist unklar. Der Bundesverfassungsschutzbericht gab für
vergangenes Jahr 1.201 linksextreme Gewalttaten an – die Doku nennt
allerdings 1.702 solcher Taten.
Unterlegt wird die Statistik mit dem Logo der RAF. Was diese mit heutigen
Linksradikalen gemeinsam haben soll, wird nicht erklärt. Lediglich einige
provokante T-Shirts, die der RAF huldigen, werden erwähnt. Trotzdem kommt
die RAF immer wieder in der Doku vor – wohl um auf die angebliche Brisanz
des Themas hinzuweisen.
Unabhängig von den Zahlen politisch motivierter Gewalttaten wird in der
Dokumentation nicht berücksichtigt, dass zahlreiche rechtsextreme
Straftaten gar nicht in den offiziellen Statistiken auftauchen. Nicht jede
Straftat muss auf gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit geprüft werden.
Gewalttaten, die erst während der Gerichtsverhandlung als solche anerkannt
werden, können nicht mehr in die Statistik aufgenommen werden.
Auch eine bundesweit einheitliche Definition, wann eine Straftat
rechtsextrem motiviert ist, gibt es bislang nicht. So kommt eine hohe
Dunkelziffer rechtsextremer Gewalttaten zustande. Die
Amadeu-Antonio-Stiftung veröffentlicht deshalb regelmäßig eigene Zahlen zu
rechtsextremen Gewalttaten.
## Stalin und die französische Revolution
Die Dokumentation erweckt insgesamt den Eindruck einer homogenen linken
Bewegung, die sich nicht selbst reflektiert, Gewalt befürwortet oder
zumindest relativiert. Sie ist unausgewogen und unterschlägt Fakten.
AktivistInnen der Roten Flora in Hamburg etwa distanzierten sich von Gewalt
während der G20-Demonstrationen.
Trotzdem wird in der Dokumentation im Zusammenhang mit den Protesten
kritisiert, dass Bands wie Fettes Brot oder Wir sind Helden in der Roten
Flora auftreten. Als weiteres Beispiel linksextremer Gewalt wird eine
Demonstration in Leipzig-Connewitz Anfang des Jahres genannt. Diese war
eine Reaktion auf die rechtsextreme Partei Die Rechte, die durch den
Stadtteil Connewitz marschierte. Dies wird in der Dokumentation auch so
erklärt. Aber statt sich über die Zivilcourage der GegendemonstrantInnen zu
freuen, werden diese als gewaltbereite ExtremistInnen abgestempelt.
Richtig absurd wird es dann gegen Ende der Dokumentation. Der Off-Sprecher
bemängelt eine fehlende Reflexion von LinksextremistInnen in Bezug auf
Stalin – aber auch bezogen auf die französische Revolution. Eine
Thematisierung der Schattenseiten der Revolution fände nicht statt. Warum
der Autor diese im linksextremen Spektrum erwartet und was die französische
Revolution konkret mit dem linksextremen Spektrum im 21. Jahrhundert zu tun
hat, wird nicht erläutert.
Dazu passt dann auch die Abschlussfrage der Doku. Wie weit ist es noch zum
neuen linken Terrorismus? Die Antwort des Off-Sprechers lautet: „Die
militante Szene ist zurück. Laut, brutal, eindeutig.“ Endlich braucht man
sich nicht mehr mit dem leidigen Thema rechtsextremer Morde und
Terrorgruppen oder dem institutionellen Rassismus beschäftigen. Den
gefährlicheren Terrorismus findet man, folgt man der Doku, links außen.
6 Sep 2017
## LINKS
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## AUTOREN
Lisa Ecke
## TAGS
TV-Dokumentation
Linksextremismus
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
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Indymedia
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