| # taz.de -- Entscheidung des EuGH: Quote für Umsiedlung bleibt rechtens | |
| > Ungarn und die Slowakei müssen Flüchtlinge aufnehmen. Der Europäische | |
| > Gerichtshof weist die Klagen der Länder gegen die vorläufige Regelung ab. | |
| Bild: Klage abgewiesen: der EuGH in Luxemburg | |
| Freiburg taz | Auch Ungarn und die Slowakei müssen Flüchtlinge aus Italien | |
| und Griechenland aufnehmen. Der Umverteilungsbeschluss der EU aus dem | |
| September 2015 ist rechtmäßig. Zu diesem Schluss [1][kam jetzt der | |
| Europäische Gerichtshof (EuGH)] in Luxemburg und lehnte die Klagen Ungarns | |
| und der Slowakei ab. | |
| Die Umverteilung wurde auf dem Höhepunkt des Flüchtlingszustroms im Jahr | |
| 2015 beschlossen. Vor allem die Länder an den EU-Außengrenzen waren | |
| überlastet. Nach den Dublin-Regeln hätten sie den größten Anteil der | |
| Asylverfahren durchführen müssen. Dennoch fand ein Vorstoß der | |
| EU-Kommission für einen dauerhaften Krisenmechanismus mit abweichender | |
| Verteilung keine Mehrheit, Stattdessen herrschte das Chaos. Griechenland | |
| und Italien winkten die Flüchtlinge, die ohnehin überwiegend nach | |
| Deutschland und Skandinavien wollten, einfach durch. | |
| In dieser Situation versuchten die Umverteilungsbeschlüsse im September | |
| 2014, zumindest etwas Solidarität und Ordnung herzustellen. Am 14. | |
| September beschlossen die EU-Minister, 40.000 bereits angekommene | |
| Flüchtlinge umzuverteilen. Eine Woche später, am 22. September, beschlossen | |
| die Minister, 120.000 noch kommende Flüchtlinge weiterzuverteilen. Der | |
| Rechtsstreit bezog sich auf den zweiten Beschluss. | |
| Für eine Umverteilung sollten danach Flüchtlinge in Frage kommmen, die drei | |
| Bedingungen erfüllen. Erstens: Sie kommen zwischen dem 25. September 2015 | |
| und dem 26. September 2017 in Italien oder Griechenland an. Zweitens: Sie | |
| stellen dort einen Antrag auf internationalen Schutz. Drittens: Sie kommen | |
| aus einem Land mit Anerkennungsquoten über 75 Prozent, zum Beispiel Syrien. | |
| Deutschland sollte danach 27.536 Flüchtlinge übernehmen, die Slowakei 902 | |
| und Ungarn 1.294. Ursprünglich war vorgesehen, dass Ungarn sogar um 54.000 | |
| Flüchtlinge, die dort ankamen, entlastet wird. Aber Ungarn lehnte das ab, | |
| weil es damit anerkannt hätte, für diese Flüchtlinge zuständig zu sein. | |
| Tatsächlich blieben ohnehin kaum Flüchtlinge in Ungarn. | |
| Die Slowakei und Ungarn klagten gegen den Umverteilungsbeschluss mit eher | |
| formalen Argumenten. So hätte die Abweichung von der Dublin-Verordnung als | |
| Gesetz beschlossen werden müssen. Es hätte auch mildere Mittel gegeben, | |
| etwa eine finanzielle Unterstützung von Italien und Griechenland. | |
| Der EuGH lehnte die Klagen nun rundweg ab. Ein Gesetz sei nicht | |
| erforderlich gewesen, denn es gebe für den Umverteilungsbeschluss eine | |
| spezielle Rechtsgrundlage in den EU-Verträgen: „Befinden sich ein oder | |
| mehrere Mitgliedstaaten aufgrund eines plötzlichen Zustroms von | |
| Drittstaatsangehörigen in einer Notlage, so kann der Rat auf Vorschlag der | |
| Kommission vorläufige Maßnahmen zugunsten der betreffenden Mitgliedstaaten | |
| erlassen“, heißt es in Artikel 78 AEUV. Damit könne der Rat zeitlich | |
| befristete Maßnahmen beschließen, die er für erforderlich hält, um eine | |
| Flüchtlingskrise zu bewältigen, bloße Finanzhilfen für Italien und Ungarn | |
| wären weniger geeignet als eine Umverteilung von Flüchtlingen. | |
| Bislang wurden von den geplanten 160.000 Flüchtlingen erst 27.645 | |
| umverteilt. Deutschland hat in diesem Kontext knapp achttausend Menschen | |
| aufgenommen, die Slowakei 16 und Ungarn niemanden. Dass der Prozess | |
| schleppend verläuft, hängt aber nicht nur an zögerlichen EU-Staaten. | |
| Anfangs hatten auch die Flüchtlinge kein Interesse an einer förmlichen | |
| Umverteilung und schlugen sich einfach in das Land ihrer Wahl durch. Seit | |
| die Grenzen auf dem Balkan und am Brenner dicht sind, scheitert eine | |
| Umverteilung auch oft daran, dass nur aussichtsreiche Antragsteller | |
| verteilt werden. | |
| 6 Sep 2017 | |
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| [1] https://curia.europa.eu/jcms/jcms/Jo2_16799 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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